Der Knödel im Exklusiv- Interview
Jetzt rede ich!
von Sebastian BütowVerehrt werden Sie in vielen Regionen, aber in der bayerischen Donau-Stadt Deggendorf genießen Sie einen Legenden-Status wie Frank Sinatra in Las Vegas. Wie haben Sie das geschafft?
Jip, dieses stylische Städtchen trägt offiziell den ehrenwerten Titel Knödelstadt, und »Deggendorfer Knödel« zählen zu den besten Kreationen meiner Wenigkeit, ganz klar. Wissen Sie, ohne eine Heldentat von mir wäre dieser Ort einst brutal ausgelöscht worden.
Wie bitte?!
Da brauchen Sie gar nicht so blöd zu gucken. Laut einer Sage habe ich Deggendorf schlicht gerettet! Böhmische Krieger belagerten die Stadt, wetzten schon die Messer. Spione, die über die Stadtmauern lugten, bewarf dann aber die Frau des Bürgermeisters mit Knödeln. Die Spione stürzten von der Mauer und berichteten ihren Mitstreitern panisch, dass man sich besser zurückziehen solle. Denn wer noch über so viel Essen verfügt, dass man damit werfen kann, ist zu gefährlich! Der geplante Sieg durch Aushungern hatte sich damit erledigt, die Truppen zogen ab.
Krasse Story. Jetzt leuchtet mir auch ein, warum das Stadtmuseum Ihnen eine eigene Ausstellung widmete.
Ach, ich wurde und werde da immer wieder irgendwie abgefeiert. In der Altstadt gibt es übrigens auch eine Brunnenfigur aus Bronze, die »Knödelwerferin«, sodass diese Heldentat nie vergessen wird.
Als Heldentat empfinden es sicherlich auch viele Fans von Ihnen, wenn Sie perfekt zubereitet werden. Welche Ihrer vielen Variationen gilt eigentlich als der Ur-Knödel?
Logisch, dass in vielen Regionen behauptet wird, dass ich hier oder dort erfunden wurde. Thüringer Klöße gibt es nachweislich seit mehr als 200 Jahren, das erste Knödelrezept aus Franken stammt aus dem Jahr 1850. Und die Österreicher berufen sich auf ein Tiroler Fastenknödel-Rezept aus dem 16. Jahrhundert. Keiner kann eindeutig belegen, wer nun wirklich das Genie war, das mich zuallererst kreierte.
Apropos Genie, sogar Goethe schrieb über Sie.
Ja, und seine Worte über »Grüne Klöße« passen ganz gut in diesen Kontext: »Die Weimarer behaupten, ihre Klöße hätten überhaupt vor allen anderen etwas voraus! Wir sehen hier in Weimar ja nur ein Minimum der Klöße des Landes, und wahrscheinlich gar nicht die besten.«
Welche Knödel oder Klöße sind denn aktuell aus Ihrer Sicht die allerbesten?
Ach, wissen Sie, ich habe eine schier unendliche Vielfalt zu bieten, von Kartoffel-, Semmel- bis Topfenknödel, und, und, und! In Böhmen werde ich bekanntlich in Scheiben serviert. Es gibt auch immer mehr herrliche Variationen im süßen Bereich. Die Klassiker wie etwa Marillen- oder Zwetschgenknödel sind eh unsterblich. Haben Sie schon mal süße Quarkknödel mit Nougat-Füllung probiert? Ein Gedicht! Wenn Sie möchten, verrate ich Ihnen noch eine echte Sensation unter den süßen Knödeln…
Okay, schießen Sie los!
Der letzte Schrei sind Knödel aus japanischem Mochi-Teig mit cremiger Eis-Füllung. Der Teig wird aus Klebreis-Mehl hergestellt. Wie Sie sehen, bin ich viel breiter aufgestellt, als so mancher vermutet. Es gibt ja immer noch Banausen, die meinen, ich wäre so ein zurückgebliebener Wirtshaus-Hansl, der gerne in fetten Soßen badet und sich mit Bier abduscht. Von wegen! Zumal ich auch eine eigene Industie erschaffen habe.
Wie meinen Sie das?
Ein Koch, der etwas auf sich hält, besitzt Knödeltöpfe, Schneidemaschinen für Knödelbrot, Knödelschüsseln und so weiter. Sie glauben gar nicht, wie viele Arbeitsplätze ich damit erschaffen habe!
Knödel, wir danken Ihnen für das Gespräch.