Aus dem Wasser, marsch!
Ein Sommer mit Fisch und Meeresfrüchten ...
von Gabriele GugetzerDass Wissen über ein Produkt der ausschlaggebende Faktor für dessen Erfolg sein kann, erlebten vor einem Vierteljahrhundert schon die Norweger. In Japan rührten sie die Werbetrommel für ihren Zuchtlachs als Sushivariante. Die Japaner wollten ihn nicht, denn der bei ihnen heimische Lachs ist Wirt eines Parasiten; wieso sollte der aus Norwegen anders sein? Erst diverse Infokampagnen später wagte man sich in Japan erstmals an Lachssushi, zur Sicherheit noch tiefgekühlt. Heute ist Lachs das beliebteste Sushi-Topping in Japan und auf der ganzen Welt bekannt.
»Süßwasserfische sind unschlagbar in der Frische und regional.«
Information und Transparenz
Eine nette Anekdote ist das, aber sie beweist die Bedeutung von Information und Transparenz. Diese Themen werden, das hält nicht nur die aktuelle Verbraucherstudie des Norwegian Seafood Council fest, zunehmend wichtiger. Es wird natürlich immer Befragte geben, die nur das sagen, was man von ihnen erwartet. Dennoch steckt da mehr dahinter.
Das sieht man am Tilapia. Es gibt Käufer (und Gäste), die wollen auch noch Informationen über die Kartoffelflocken im Zuchtfutter. Andere interessiert nur der Preis. Aber das Interesse ist da. Regal Springs reagierte darauf mit der Entwicklung des weltweit ersten bzw. integrierten Nachhaltigkeitskonzepts namens WE CARE für diese Buntbarschart und suchte sich Mexiko, Honduras und Indonesien als Länder aus. Auf fünf Jahre bis 2023 ausgelegt ist die Umsetzung ihrer Zielvorgaben. In Deutschland hat Lenk Seafood Services GmbH Regal Springs-Produkte, bald kommen sie ins Frischeparadies. Unter der eigenen Marke vertreibt sie die Metro. Außerdem gelangt der Fisch über Partner nicht nur in die Gastro, sondern auch in die GV.
Nachhaltigkeit: Von Tilapia bis Gault-Millau
Petra Weigl, Managing Director von Regal Springs Europe, ist von Berufs wegen an massive Vorurteile gewöhnt, wenn’s um Tilapia geht. »Billiger Fisch aus intensiver Zucht«, so lässt sich die Negativhaltung ebenso griffig wie vernichtend formulieren. Aber was genau macht Regal Springs denn anders? »Die Zuchtbedingungen und das Futter sind entscheidende Faktoren für die Fischqualität, die dabei auch maßgeblich die Kosten der Aquakultur bestimmen«, erklärt sie. Die bestimmenden Faktoren seien »Wasserqualität, Platz zum Schwimmen, die Position der Zuchtkäfige, die Besatzdichte und das Futter.« Antibiotikagaben gibt es bei ihnen nicht, das erübrige sich, denn: »unsere Fische wachsen gesund auf.«
Ihr Nachhaltigkeitsprogramm, kurz WE CARE, genannt, basiert auf drei Säulen: der Umwelt, der Unterstützung der Gemeinden, die in dieses Zuchtprogramm eingebunden sind und der Produktion eines Fisches, der eine so gute Qualität aufweist, dass er dank seines festen, milden weißen Fleisches für so ziemlich jede Küchenzubereitung und Küchenstil passt. Trotz der aufwändigen Aufzucht ist er noch 50 Prozent günstiger »als Fisch gleicher sensorischer Qualität wie Kabeljau oder Lachs.«
Nachhaltigkeit spielt auch in der gehobenen Gastronomie eine wachsende Rolle. Das »Rive«, gelistet mit 13 Punkten im Gault-Millau, ist eines von Hamburgs Lieblingsrestaurants mit Fokus auf Fisch. Küchenchef Felix Dietz erklärt: »Früher gab es bei uns Baby-Steinbutt, das ist nicht mehr vertretbar, aber solche Dinge können ein langsamer Prozess sein.« Er sieht die Vorteile einer artgerechten nachhaltigen Zucht und ist überdies regional unterwegs, so weit es geht, mit Aal, Kabeljau und Schellfisch aus Dänemark. International hingegen ist dann die Speisekarte. Seine Büsumer Krabben mit XO- Sauce aus der Küche Hongkongs sind das gelungene Beispiel dafür, dass regional nicht piefig ist.
Seine drei Ideen für den Sommer: Dorade mit Sauce Barigoule, Gegrillter Pulpo mit vielen Kräutern, Ceviche.
Veganer Fisch & Co.
Wer bei der Erwähnung »vegane Sushi« mit den Augen rollt: Auch Johannes King und seine Brigade haben die Corona-Zeit genutzt, sagte er, um mit Schulungen und Produktkunde das Thema vegan »besonders unter die Lupe« zu nehmen. »Proteinalternativen«, so auch der Befund der Studie des Norwegian Seafood Council, »sind auf dem Vormarsch.« Bei Transgourmet setzt man sich »aktuell auch intensiv mit dem Thema vegan auseinander, da dies immer weiter in den Fokus rückt.«
Süßwasserfische und heimische Zuchten im Kommen
Der Waller war nie weg, sondern bleibt, selbst wenn der Marktanteil gering ist. Sebastian Foßhag von Transgourmet sieht dessen großes Potenzial in der Sommerküche. »In seiner Reinheit (geschlossenes Kreislaufsystem, kein Gründelgeschmack) und seinem weißen Fleisch passt eine Ceviche vom Waller ebenso gut wie ein leicht gegrilltes Filet.« Auch als Sushi hat ihn Transgourmet angedacht.
Das Courtyard by Marriott Oberpfaffenhofen nahe des Ausflugsgebiets Ammersee setzt gerne Fisch aus der regionalen Fischzucht Aumühle bei Wolfratshausen auf die Karte. »Das passt perfekt zu uns«, sagt F&B Managerin Michaela Meyer augenzwinkernd, »denn dort dürfen die Fische während der Aufzucht ja in der Isar schwimmen.« In ihrem Umfeld gilt Renke
immer noch eher als Geheimtipp, während die Lachsforelle »doch noch nicht so verbreitet ist wie Saibling oder die klassische Forelle. Bei unseren Gästen kommt sie sehr gut an.«
Am anderen Ende der Republik liegt die Fischzucht Reese im holsteinischen Naturpark Aukrug. Es sieht idyllisch aus, mit separater Kinderstube im Kossautal. Aber das Unternehmen beschäftigt 15 Mitarbeiter und bewirtschaftet 2.000 Hektar Seen- und Teichfläche. Kein Wunder, dass sie auch den Branchengroßen Frischeparadies mit den besonderen QSFP-Fischen beliefern können. Die Besatzdichte liege in der Regel, sagt Birgit Schmidt-Puckhaber von Fischzucht Reese, bei amtlichen zehn Kilogramm oder weniger Fisch pro Kubikmeter. Die Salmoniden seien die Beliebtesten, im Sommer ist die Goldforelle »stark gefragt, sie ist leicht und bringt Farbe mit sich, kurzgebraten oder auch als Eyecatcher im Ganzen«, weiß sie und gibt als Nebenbei-Tipp mit, dass ein solcher Fisch eigentlich nur noch einen Salat und ein gutes Öl benötige.
Die Frische ist neben dem Sortiment der wichtigste Aspekt. »Wir sind zwar mitten im Busch angesiedelt, haben aber sehr hohe Ansprüche«, sagt sie und meint damit beispielsweise ihre EU-Auszeichnung als Betrieb mit dem höchsten Hygiene- und Verarbeitungszertifkat. »Was für morgen bestellt wird, schwimmt heute noch im Wasser, was manchmal für Verwunderung bei den Köchen sorgt. Dabei sind sie es nur nicht gewöhnt, einen Fisch mit noch bestehender Totenstarre zu verarbeiten. Sie denken, der Fisch käme aus dem Tiefkühler.«
Auch bei Reese wird auf Süßwasserfisch gesetzt. »Das Thema ist wieder da und neu aufgepoppt, der Fisch ist frisch und regional.«
Ihre Lieblinge für die Sommersaison 2021 sind: Purer Fisch, nur mit Butter und Nuss-Topping; leichte Suppen mit krosser Fischeinlage; Pasta mit heiß geräuchertem Lachsforellenstremel, Rucola und einem Hauch von Chili.
Nachgefragt bei Johannes King
Endlich konnte der Söl’ring Hof auf Sylt wieder aufschließen, deshalb hatte Johannes King, Deutschlands nördlichster Zweisterner, auch weniger Zeit für das Exklusivinterview als gewünscht. Aber warum auch lange quatschen ...
Vor Corona hatten Sie im Söl’ring Hof das regionale Thema ausgerufen. Bleibt’s dabei?
Es hat sich weiter verstärkt. Wir haben die Zeit intensiv genutzt, um neue regionale Kontakte zu knüpfen und Produkte zu finden.
Saisonalität bietet sich bei Fisch und Meeresfrüchten an. Was kommt bei Ihnen in diesem Sommer dazu auf die Karte?
Fische haben Jahreszeiten. Wittling, Knurrhahn, Meeräsche sind dann meine Lieblingsfische, kombiniert mit Gartengemüse und Salzwiesenkräutern.
»Fische haben
Jahres-zeiten«
Wie wichtig sind Ihren Gästen Lieblingsgerichte? Oder erwarten sie von Ihnen Innovation?
Beides ist wichtig. Beständigkeit ist ein wertvolles Gut, aber auch neue Kombinationen.
Gibt’s bei Fisch und Meeresfrüchten etwas, das nie von der Karte kann?
Nein, alles hat seine Zeit. Dazu drei Beispiele: Salzwiesenkräuter gibt es nur von Mai bis August, Krustentiere von Oktober bis Juni, Plattfische von September bis April.
Woher kommen Ihre Fische und Meeresfrüchte?
Hauptsächlich aus Dänemark, von Helgoland, vom Plöner See und der Ostsee.
Und wer kommt zu Ihnen?
Genusssüchtige Menschen, viele Paare, die einen besonderen Abend feiern, viele Gastronomen und Hoteliers.