Karriere mit System
Einstieg und Aufstieg in der Systemgastronomie
von Michael EichhammerDie Systemgastronomie wurde lange Zeit als Randerscheinung unterschätzt. Heute weiß man es besser. Systemgastronomie gilt als ein Wachstumsmotor des Gastgewerbes und als zukunftssichere Branche, die weiter wächst. Es handelt sich um eine eigene Branche zwischen Produktion und Dienstleistung, deren »Darreichung von Speisen und Getränken sich von der herkömmlichen Gastronomie und dem Handel unterscheidet« – so die offizielle Definition des Bundesverbandes der Systemgastronomie. Ein standardisiertes Konzept soll dafür sorgen, dass das Unternehmen sich möglichst großflächig multipliziert. Für diesen Gegenentwurf zum individualgastronomischen Betrieb muss jedes Detail der Markenstrategie und der Prozessabläufe klar festgelegt sein – vom Look des Restaurants und der Arbeitskleidung über die Speisenzusammensetzung und Produktion bis zum Umgang mit Kunden und den Ausbildungsstandards. Der Vorteil für den Betreiber: ein kostenoptimierter, effizienter Betrieb. Der Vorteil für den Gast: gleichbleibende Qualitätsstandards zu günstigen Preisen.
Es kommt nicht auf die Größe an ...
An große, etablierte Namen wie McDonald’s, Burger King oder Nordsee denkt man sofort, doch zeichnet sich der Trend ab, dass auch immer mehr innovative, kleine Konzepte mit Wachstumspotenzial sich auf dem Markt etablieren – vom Anbieter diverser Pommes-Extravaganzen über die gutbürgerliche Küche bis zum veganen Restaurant. Das Streben nach einheitlicher Prozessoptimierung, die zu einem derartigen zentral gesteuerten Gastronomie-Netzwerk gehört, spiegelt sich auch in der klaren Ausbildungsstruktur im jeweiligen Betrieb. »Die Vorteile der Systemgastronomie im Hinblick auf Ausbildung, Weiterbildung und Karrierechancen ergeben sich aus der Grundstruktur des Systems selbst«, sagt Robert Haferkorn, Filialleiter des Nordsee-Restaurants im Bochumer Ruhrpark.
»Die Ausbildung profitiert zum einen von den einheitlichen und effizient gestalteten Arbeitsprozessen, die eine zielgenaue Ausbildung ermöglichen und gute Rahmenbedingungen stellen. Zum anderen hat der Auszubildende vor und nach der Ausbildung ein großes Angebot an Arbeitgebern, da der Markt stetig wächst.« Laut Haferkorn zeigen sich die Vorteile auch nach der Ausbildung, da eine Reihe weiterer Qualifikationen möglich sind, die verschiedene Karriereziele abdecken.
Ausbildungsmöglichkeiten für jeden Schulabschluss
Allein das Burger-Imperium McDonald’s zählt zu den größten Arbeitgebern Deutschlands. Die Systemgastronomie bietet mit jedem Schulabschluss Ausbildungsmöglichkeiten. Die dreijährige kaufmännische Ausbildung zu » Fachmann/-frau im Gastgewerbe in der Systemgastronomie« wendet sich vor allem an Realschulabsolventen und Abiturienten. Die zweijährige gewerbliche Ausbildung zur »Fachkraft im Gastgewerbe in der Systemgastronomie« bietet auch Hauptschulabsolventen die Chance auf eine Ausbildung mit IHK-Abschluss. Der Fachmann oder die Fachfrau für Systemgastronomie organisiert alle Bereiche eines Restaurants nach dem markeneigenen, zentral festgelegten Konzept. Dazu gehören die Arbeitsabläufe im Ein- und Verkauf, der Lagerung, in der Küche und im Service. Auch Personalplanung, Produktqualität, Kalkulation und Marketing werden von den Fachleuten überwacht.
Die Fachkraft im Gastgewerbe in der Systemgastronomie ist ein Allround-Mitarbeiter und hat sich in der Branche längst etabliert. Dazu gehört die Arbeit in der Küche ebenso wie der Restaurantservice sowie die Warenwirtschaft und Bürotätigkeiten. Neben der Fachmann/-frau- und Fachkraft-Ausbildung wird von vielen großen systemgastronomischen Betrieben ein duales Studium in Kooperation mit Hochschulen angeboten. Zudem ist eine Teilzeitausbildung möglich.
»Auszubildende übernehmen schnell Verantwortung und haben damit beste Chancen für einen schnellen beruflichen Aufstieg«, sagt Nikolaj Gegeniger, District Manager Burger King Arnsberg, Soest, Werl und Marsberg. »Sie erwartet ein spannender Berufsalltag mit intensivem praktischem Bezug als Grundlage für eine zukünftige Managementkarriere. In verschiedenen Bereichen, von Service über Betriebsführung und Marketing bis zur Personalführung, übernimmt der Auszubildende verantwortungsvolle Aufgaben.«
Valerie Holsboer, Hauptgeschäftsführerin BdS
»Ein Freigeist ist bei uns frustriert, denn in der Systemgastronomie agiert man innerhalb der Standardisierung. Die durchgetaktete Logistik ist charakteristisch für die Systemgastronomie. Spaß haben bei uns aber Menschen, die Freude daran haben, diese Prozesse weiterzuentwickeln. Bei uns gilt: Egal, woher du kommst und was du bist: Wenn du dich bewährst, kannst du aufsteigen.«
Du bist, was du kannst
Die Systemgastronomie gilt als besonders offen für Quereinsteiger und Nebenjobber. »Wir sind sehr barrierefrei und hängen nicht so sehr an Nachweiszertifikaten«, bestätigt Valerie Holsboer, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Systemgastronomie. »Wer gut ist und etwas draufhat, kann in der Systemgastronomie weit kommen«, ist Valerie Holsboer überzeugt. Wer ohne Vorqualifikation kommt, wird eingelernt und kann sich im Lauf des Berufslebens noch immer überlegen, ob er die Ausbildung noch nachholt, erklärt Holsboer.
Das Pilotprojekt Fast Fasy beispielsweise soll Menschen, die seit mindestens vier Jahren in der Branche arbeiten, ermöglichen, einen Crashkurs zum Fachmann/-frau für Systemgastronomie zu absolvieren, ohne weitere drei Jahre auf Azubi-Lohnniveau zu investieren. »Wir mögen Quereinsteiger, die haben schon mal etwas erlebt – und Systemgastronomie ist das pralle Leben«, so Holsboer. »Jemand, der das Leben kennt, tut sich leichter, in einem menschenorientierten Geschäft mit anderen zurechtzukommen.«
Vom Tellerwäscher zur Führungskraft ...
Vom Tellerwäscher zum Millionär also? Tatsächlich finden sich in der Systemgastronomie auffallend viele individuelle Erfolgsgeschichten von Mitarbeitern, die im alltäglichen Restaurantbetrieb angefangen haben und später in der Führungsebene ankamen. Einer von ihnen ist Frederik Nagel. Mit 27 Jahren ist er heute Geschäftsführer des Aposto in Frankfurt, mit 23 Jahren war er Geschäftsführer des Enchilada in Bruchsal. Eigentlich wollte er ein betriebswirtschaftliches Studium beginnen, doch als er in der Abiturientenzeit als Barkeeper jobbte, verlor er sein Herz an die Gastronomie. »Das lag zum einen an dem Spaßfaktor, zum anderen hatte ich den Wunsch, eine Entwicklung zu machen und in eine Position zu kommen, bei der es um eine andere Art der Aufgabenbewältigung geht«, sagt er heute. Nach und neben der Ausbildung als Fachmann für Systemgastronomie im Lehner’s Wirtshaus in Rastatt nahm er an Weiter-/Fortbildungen teil und absolvierte das Trainee-Programm für Führungskräfte von morgen der Enchilada-Gruppe. Zu dieser gehören neben der mexikanischen Marke auch das Aposto, Lehner’s, Dean & David, Pommesfreunde und diverse andere systemgastronomische Konzepte. Insgesamt steuert die Gruppe 130 Objekte.
Frederik Nagel, Geschäftsführer Aposto, Frankfurt
»Die Basis ist in erster Linie die eigene Motivation. Wer keinen Spaß an der Gastronomie hat, wird mit der teils hohen Belastung nicht zurechtkommen. Wer dagegen Freude am Erfolg des Betriebs und am Feedback der Gäste hat, empfindet die Arbeit nicht so sehr als solche. Eine gewisse Hands-on-Mentalität ist gewünscht, Dinge aktiv anzupacken.«
Einstiegsmöglichkeiten für alle Altersgruppen
Frederik Nagel ist kein Einzelfall. Schnelle Aufstiegschancen für junge Menschen sowie Einstiegsmöglichkeiten für alle Altersgruppen üben auf potenzielle Arbeitnehmer in der Systemgastronomie einen großen Reiz aus. Über 70 Prozent der Mitarbeiter im Management sind unter 41 Jahre alt, gleichzeitig wächst die Zahl der Arbeitnehmer über 60 Jahre – sowohl im Bereich Crewals als auch im Managementbereich.
Heiderose von Malsen, Personalverantwortliche Enchilada-Gruppe
»Im Restaurant sollte man ein guter Gastgeber sein und transportieren, dass wir die Gastronomie mit Freude leben. Als Führungskräfte wünschen wir uns interessierte Menschen, die den Willen haben zu lernen, Mitarbeiter motivieren und das Team zusammenhalten können.«
Die Enchilada-Gruppe hat übrigens schon früh auf die interne Ausbildung und Mitarbeiter-Entwicklung gesetzt. Derzeit werden rund 100 Auszubildende geschult in vier Berufen: Fachmann/-frau für Systemgastronomie, Restaurantfachmann/-frau, Koch/Köchin, Fachkraft im Gastgewerbe. »Wir haben ein Personalentwicklungsprogramm mit fünf Modulen«, verrät die Personalverantwortliche, Heiderose von Malsen. »Damit können wir jeden abholen, egal, wo er gerade steht – ob Quereinsteiger aus beispielsweise Einzelhandel oder Hotelwesen, ob nach der Ausbildung in der Gastronomie oder mit Erfahrungen als Geschäftsführer.«
Robert Haferkorn, Filialleiter Nordsee-Restaurant, Ruhrpark in Bochum
»Grundsätzlich gilt – und das für Azubis wie für Führungskräfte gleichermaßen: Freude als Gastgeber empfinden und Spaß am Umgang mit Menschen haben. Hier liegt der Grundschlüssel des Erfolges. Alles andere kann man sich aneignen.«
Systemgastronomie ist die »Branche der Chancen«
Neben Azubis aus dem dualen Ausbildungssystem und dem klassischen Trainee-Programm ermöglicht beispielsweise die Enchilada-Gruppe auch den betriebswirtschaftlichen B. A. (Bachelor of Arts) in der Fachrichtung Gastronomie-Management – in Kooperation mit der iba (Internationale Berufsakademie). Danach steht ambitionierten Mitarbeitern offen, als angestellter Betriebsleiter ein Restaurant zu führen oder auch als Geschäftsführer mit oder ohne Anteile einen Betrieb zu übernehmen. Geht es um die Übernahme eines Objekts, stehen vier Optionen zur Wahl: Geschäftsführung im Angestelltenverhältnis, Betriebsleiter, anteilige Franchisepartnerschaft oder 100-prozentige Franchisenahme – je nach eigenen Vorlieben und Voraussetzungen. Die Systemgastronomie gilt also nicht umsonst als »Branche der Chancen«.
Daten und Fakten
Geschlechterquote
Etwa die Hälfte der Auszubildenden zu Fachmann/-frau für Systemgastronomie ist weiblich. Im Crew-Bereich sind es rund 60 Prozent, im Management fast 52 Prozent.
Mitarbeiterbindung
Im Management gelingt es den BdS-Mitgliedsunternehmen, deutlich über 50 Prozent der Mitarbeiter langjährig, für mindestens fünf Jahre, zu halten. Mehr als die Hälfte arbeitet seit mehr als zehn Jahren im gleichen Unternehmen. Bei der Crew sind 40 Prozent mindestens drei Jahren im Unternehmen tätig. Mehr als ein Drittel davon ist länger als zehn Jahre dort beschäftigt.
Asylbewerber und Geduldete
Der Bundesverband der Systemgastronomie bezeichnet sich selbst als »Integrationsweltmeister«: Über 120 Nationen arbeiten in systemgastronomischen Betrieben zusammen. Bei der Beschäftigung von Asylbewerbern und Geduldeten stellen sich allerdings Praxisfragen wie: Wer hat Aussicht auf ein Bleiberecht? Wer darf ab wann und unter welchen Voraussetzungen arbeiten?
Tarifbindung
Über 60 Prozent der Mitarbeiter in systemgastronomischen Restaurants bundesweit sind bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt. Bei Mitgliedern des BdS sind es 100 Prozent, da eine Mitgliedschaft nur mit Tarifbindung möglich ist.