Mission Mitarbeiterbindung ist geglückt
Foto: L´Osteria

Mission Mitarbeiterbindung ist geglückt

Die Systemgastronomie hat in der Corona-Krise weniger Personal verloren als andere Branchen-Bereiche.

von Daniela Müller
Dienstag, 29.06.2021
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Ein guter Krisenmanager verliert nie den Weitblick. Diese Weisheit bewahrheitet sich nun, in der Endphase der Pandemie, mehr denn je. Und so ist es kein Zufall, dass die BdS-Mitgliedsunternehmen zum Re-Start weniger Personalsorgen plagen als andere Betriebe in der Branche. Denn von Beginn der Krise an, wurde viel unternommen, um den Schaden so gering wie möglich zu halten.

Familie sitzt gemeinsam am Tisch und isst
Foto: L´Osteria

Win-win für Unternehmer und Mitarbeiter

Schnell und pragmatisch handelte etwa die Tarifkommission des BdS mit ihrem Sozialpartner NGG (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten) Anfang März 2020, in den ersten Tagen der Pandemie, eine tarifliche Zusatzvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit sowie zur Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf 90 Prozent aus. Dadurch wurde den Unternehmen ermöglicht, vom Instrument der Kurzarbeit branchenweit Gebrauch zu machen und damit ihre Mitarbeiter zu halten – ohne mit jedem einzelnen Angestellten eine entsprechende individuelle Vereinbarung zu treffen. Für die über 120.000 Beschäftigten der Branche war die gefundene Regelung ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung und ein positives Signal, dass ihre Arbeitsplätze gesichert werden. »Heute, 15 Monate später, können wir nur bekräftigen: Die Entscheidung war absolut richtig! Während andere Branchenbereiche gerade händeringend Personal suchen müssen, kann die Systemgastronomie auf langjährige Mitarbeiter sowie eingespielte und routinierte Teams zurückgreifen«, resümiert die BdS-Hauptgeschäftsführerin Andrea Belegante die vorausschauende Krisenstrategie der Tarifpartner.

Clive Scheibe
Clive Scheibe ist Chief
Operating Officer bei L’Osteria.
Das System bewies in der
Krise viel Innovationsgeist
und Zusammenhalt.
Foto: L´Osteria

Nicht nur in puncto Kurzarbeit, auch in vielen anderen Bereichen, bewies der BdS im vergangenen Jahr, dass ihm neben dem Erfolg seiner Mitglieder gleichermaßen das Wohl der Mitarbeiter in der Branche sehr am Herzen liegt. Praktisch rund um die Uhr beantwortete das BdS-Team in der Geschäftsstelle Fragen, informierte im Minutentakt im Mitgliederbereich der Webseite über neue Entwicklungen, verschickte rund 100 Rundschreiben – und hatte für Sorgen und Nöte stets ein offenes Ohr. Fast FaSy, der erfolgreiche BdS-Lehrgang als Vorbereitung für die externe IHK-Prüfung und ein Online-Seminar für alle Azubis im 3. Lehrjahr zur Vorbereitung der Abschlussprüfung wurden in Windeseile in virtuelle Formale umgewandelt. »Dadurch waren wir in der Lage, auch die Auszubildenden in der Krise bei der Vorbereitung auf die Prüfungen zu unterstützen«, so Andrea Belegante.

Wertegemeinschaft – nicht nur auf dem Papier

Der BdS ist eine Wertegemeinschaft, die nicht nur auf dem Papier besteht, das bewiesen auch die Mitgliedsunternehmen einmal mehr in diesen besonders schweren Zeiten. Mit viel Engagement wurde sichergestellt, dass der Teamgeist in Zeiten der Kurzarbeit am Leben gehalten wurde. Denn die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes war für viele Beschäftigte sicherlich überlebenswichtig – doch auch der Kontakt zum Unternehmen und zu den Kollegen erwiesen sich als extrem wichtig in dieser Zeit der Ungewissheit und Unsicherheit.

»Dass wir mit unseren Mitarbeitern regelmäßig in Kontakt treten müssen, wurde uns sehr schnell klar. Denn es gab ja vom ersten Tag der Pandemie an viel mehr Fragen als Antworten. Erschwerend kam hinzu, dass wir ja alle über die Medien die gleichen Informationen erhalten haben. Wir konnten also nicht im Management erst alles sammeln und dann vernünftig und gebündelt an unsere Teams weitergeben, wie wir das in anderen Krisen gemacht hätten«, so Nicolai Scheugenpflug, Systemmanager bei [m]eatery bar + restaurant. Das Restaurantkonzept verspricht Steakgenuss auf höchstem Niveau in insgesamt drei Betrieben in Hamburg und Stuttgart. Für die knapp 100 Mitarbeiter wurden deshalb regelmäßige offene Fragerunden eingeführt. »Immer mittwochs haben wir in Zoom-Konferenzen über ihre Sorgen gesprochen, über Einzelschicksale und Stimmungen – und natürlich über Möglichkeiten, wie wir trotz der ganzen Einschränkungen irgendwie beieinander sein können«.

Rosa gebratenes Fleisch
Foto: Yvonne Schmedemann

Der Invest in die Mitarbeiter hat sich gelohnt

Zusammen mit den Teams der drei [m]eatery-Restaurants wurden kreative Lösungen geschaffen, die den Systemmanager heute sehr stolz auf die Gemeinschaft machen. Als Beispiel nennt er die Anstrengungen, die alle Mitarbeiter gemeinsam unternommen haben, um den Azubis des Systems trotz Corona eine gute Ausbildung zu gewährleisten. Ein Digital-Konzept wurde in kürzester Zeit aufgestellt. »Toll war, dass sich so viele Mitarbeiter daran beteiligt haben, auch wenn sie normalerweise gar nichts mit der Ausbildung zu tun haben«, berichtet Nicolai Scheugenpflug. »Eine Mitarbeiterin, die besonders gut Servietten brechen kann, hat ein Video gemacht – am Ende hatten wir ein ganzes Videoportal mit Lerninhalten, die von den verschiedensten Teammitgliedern kamen.« Der praktische Unterricht wurde zu zweit in den Küchen der Betriebe weitergeführt. So sieht gelebte Wertschätzung aus.


Nicht nur die Azubis, auch alle anderen Mitarbeiter kamen in den Genuss von freiwilligen Weiterbildungsangeboten. Dazu gehörte z.B. eine Weinschulung mit einem externen Sommelier. Führungskräfte erhielten das Angebot, die Zwangspause zu nutzen, um einen Ausbilderschein zu machen. Gemeinschaftlich wurde zudem eine neue Barkarte entwickelt, die Speisekarte neugestaltet, ein Kräutergarten aufgebaut – alle Maßnahmen verfolgten ein Ziel: Den Zusammenhalt stärken.

Nicolai Scheugenpflug
Foto: [m]eatery bar +
restaurant

Dass wir mit unseren Mitarbeitern regelmäßig in Kontakt treten müssen, wurde uns sehr schnell klar

Nicolai Scheugenpflug, System-manager bei
[m]eatery bar + restaurant

Aktionen wie diese sind selbstverständlich nicht umsonst – dafür umso wertvoller. Denn sie waren ein Invest in die eigenen Mitarbeiter, die für Scheugenpflug das wahrscheinlich wichtigste Kapital des Systems sind. Abschiede habe es trotzdem gegeben, aber keine Kündigungen durch den Arbeitgeber, betont der Systemmanager. Und ein Großteil der Belegschaft ist noch da. Der gemeinsame Weg durch Dick und Dünn in der Krise habe alle nur noch mehr zusammengeschweißt, ist er sich sicher. Nun gelte es, die Mitarbeiter wieder an den stressigen Alltag in der Gastronomie zu gewöhnen – und das, so ist er sich sicher, ist die nächste Herausforderung, die das System erfolgreich meistern wird.

Gruppe von Köchen am Herd
Für die Teams der [m]eatery-Restaurants änderte sich die Welt mit
den Corona-Einschränkungen aus der Politik quasi über Nacht.
Foto: Thomas Ruppel 

Mitarbeiter werden zu Marken-Botschaftern

Auch in den Restaurants der Systemgastronomie-Kette L’Osteria war mit Beginn der Corona-Krise nichts mehr, wie es vorher war. Doch wer die Mannschaft der »La Famiglia« kennt, weiß, dass auch einem Lockdown hier mit Erfindungsreichtum und viel Engagement begegnet wird. Bereits Anfang April 2020 wurde in Zusammenarbeit mit dem Mobilitätsdienstleister Sixt ein Lieferdienst implementiert. Arbeitskräfte, die sonst im Service tätig waren, lieferten die Speisen zu den Kunden. »Wer hätte das besser machen können, als unsere eigenen Mitarbeiter, die unsere Produkte kennen und an der Haustüre als echte Markenbotschafter auftraten. Dafür mussten wir sie natürlich entsprechend schulen«, betont Clive Scheibe, Chief Operating Officer bei L’Osteria. »Uns war klar, dass wir das Delivery-Geschäft auch langfristig selbst umsetzen wollen. Das bedeutete jedoch auch, dass wir schnellstmöglich Equipment anschaffen und unseren Mitarbeitern den Umgang mit Navigation, Apps sowie den zusätzlichen Standards beim Lieferprozess vermitteln mussten.« Mittlerweile gehört das Liefergeschäft zum festen Geschäftsbereich des Systems und statt auf eine externe Lieferflotte wird auf eigene Fahrzeuge gesetzt.

Gerade erst konnte L´Osteria den nächsten innovativen Coup vermelden: In ausgesuchten Edeka Märkten und allen Käfer Feinkostmärkten in München und Umgebung kann man nun ausgewählte Fertiggerichte der Markengastronomie erwerben. Ist der Test erfolgreich, soll bald der Roll-out auf das gesamte Bundesgebiet folgen.

BdS auf der Bühne
Während viele Mitarbeiter der Mitgliedsysteme in Kurzarbeit
verweilten, war der BdS rund um die Uhr im Einsatz für die
Branche. Foto: BdS / Stefan Obermeier;

Die Famiglia steht zusammen

So erfreulich die positive Entwicklung des Delivery-Geschäfts war – selbstverständlich litt auch die L’Osteria Famiglia hart unter den Folgen der Pandemie. Management und Belegschaft standen, wie so viele Menschen in der Branche, gleichermaßen unter Schock. Clive Scheibe: »Wir konnten die Nachrichten erst gar nicht glauben. Wir haben dann sehr schnell regelmäßige Video-Calls eingeführt, in kleineren und in größeren Runden. Mein Vorstandskollege, unser CEO Mirco Silz und ich haben immer wieder kleine Videobotschaften aufgenommen, die wir dann in unserer Mitarbeiter-App per Push-Nachricht an unsere Team-Mitglieder geschickt haben.« Auch mit den Franchise-Partnern habe, so Clive Scheibe, je nach Entwicklung der Pandemie-Lage und abgestimmt auf die politischen Ereignisse selbstverständlich reger Austausch stattgefunden.

BdS beim Onlineseminar
Foto: BdS

Um den Kontakt zu den Mitarbeitern in der Krise zu halten, wurden eine Vielzahl von Aktionen initiiert: Vom virtuellen Feierabendbier bis hin zur digitalen Weihnachtsfeier mit Paketen, die mit Glühwein und Leckereien gefüllt waren, reichte das Repertoire. »Die Kommunikation mit unseren Mitarbeitern, die in Kurzarbeit waren, gehörte wohl zu den größten Herausforderungen in der Pandemie«, resümiert der L’Osteria COO. »Wir sind ja eigentlich ein People-Business und haben in normalen Zeiten sehr gute Möglichkeiten mit unseren Teams zu kommunizieren. In den langen Monaten des Lockdowns war eine gute Mischung an Kommunikationsmaßnahmen besonders wichtig: Eine regelmäßige, ehrliche, offene Kommunikation über alle verfügbaren Kanäle, wie Video-Calls, persönliche Briefe, Video-Botschaften oder unsere App, war für uns essenziell.  Teamwork ist fest in unseren Unternehmenswerten verankert, deshalb haben wir der Mitarbeiterkommunikation, neben dem Kostenmanagement, einen sehr hohen Stellenwert zugeschrieben.«

Andrea Belegante
Foto: BdS

Obwohl die vergangenen Monate gezeigt haben, dass Kontakte virtuell möglich sind, freut sich Clive Scheibe nun vor allem wieder darüber, dass die Teams mit großer Freude zurück in die Betriebe kommen. Auch bei L’Osteria ist die Mission Mitarbeiterbindung geglückt. Ja, vielleicht hat Corona die Teams der Systeme sogar noch enger zusammengeschweißt. Denn bekanntlich zeigt sich in der Krise der wahre Charakter – und hier können die BdS-Mitglieder und der Verband überzeugend punkten.

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