Nachgefragt

So bringen Gastronomen Nachhaltigkeit in ihre Restaurants – Teil 2

Küche mit frischem Gemüse
Um ein Restaurant nachhaltiger zu gestalten, kann es schon hilfreich sein umzudenken und Abläufe zu überdenken. (Foto: © primopiano/stock.adobe.com)
Das Menü reduzieren, durch digitale Prozesse Ressourcen einsparen oder auf vegan umstellen – der erste Teil der HOGAPAGE-Serie zeigte bereits, wie es der Gastro-Branche mit kleinen Schritten gelingt, sich nachhaltig aufzustellen. Im zweiten Teil berichten weitere Gastro-Profis von ihren Nachhaltigkeitsmaßnahmen und welche Erfahrungen sie damit gemacht haben.
Montag, 19.06.2023, 12:42 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Nachhaltigkeit spielt in unserer Gesellschaft eine immer bedeutendere Rolle. Laut Statista ist ein soziales und ökologisches Handeln von Unternehmen für rund die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ein wichtiges Kaufkriterium.

Auch in der Gastronomie wird Nachhaltigkeit immer entscheidender. Denn Gäste erwarten zunehmend ein umweltfreundliches und nachhaltiges Konzept.

Drei vorbildliche Beispiele dafür, wie Gastronomen nachhaltige Maßnahmen in ihren Restaurants umsetzen, präsentierte HOGAPAGE bereits im ersten Part der zweiteiligen Serie "So bringen Gastronomen Nachhaltigkeit in ihre Restaurants". Doch die Gastro-Branche kann noch mehr. 

„Man wächst an seinen Herausforderungen“

Im the Cord auf dem Euref-Campus ist die Karte entsprechend saisonal und man arbeitet mit lokalen Partnern und kleinen Produzenten aus der Region zusammen.

Das Restaurant bietet ein spezielles Vier-Gang-Menü, das den Nachhaltigkeits-Gedanken des Restaurants ausdrücken soll. Darin finden sich viele regionale Produkte von Partnern wie zum Beispiel Burrata von Paolella aus Kremmen, Spargel aus Beelitz, Salatspargel von Fresh-Tasia aus Magdeburg oder Maibock-Rücken und Waldmeister von Richard‘s Wild aus Fürstenberg.

Florian Peters
Als Küchenleiter im the Cord ist für Florian Peters Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema. (Foto: ©the COPRD) 

Man versuche jedoch auch, Müll, Lebensmittelverschwendung, Energieverbrauch und CO2 zu reduzieren. „Die Energieversorgung auf dem Euref Campus ist ja bereits CO2-neutral“, sagt Küchenchef Florian Peters. Beispielsweise setze man im Team darauf, den Backofen nicht vorzuheizen. „Wir stellen die Kochplatten eher aus, haben energieeffiziente Geräte und nutzen Trinkwasser aus der Leitung, das wir mit der ‚Best Water Technologie‘ filtern“, erklärt Florian Peters.

Im Zuge der Müllreduktion erhalten nur die Gäste Brot, die dieses auch wollen. Bio-Dinkel- und Roggenbrot mit Kräuterquark, Olivenöl und Meersalz kosten dementsprechend drei Euro. „Das ist nicht viel, aber genug, dass jeder Gast überlegt, ob er das Brot wirklich möchte“, erläutert Florian Peters.

Brot-Abschnitte, die noch nicht auf dem Tisch waren, würden zudem beispielsweise zu gerösteten Brotkrumen mit Nussbutter, Limonen-Schale und Meersalz verarbeitet, um damit andere Gerichte zu toppen.

Kochen mit 100 Prozent biologisch zertifizierten Zutaten

Das erasmus bio fine dining in Karlsruhe ist ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit in der Gastronomie. Seit der Guide Michelin im Jahr 2020 den Grünen Stern – eine Auszeichnung, die besonderes Engagement für nachhaltiges Arbeiten hervorhebt – ins Leben gerufen hat, wird das Restaurant mit diesem gewürdigt. „Wir versuchen, soziale, kulturelle und ökologische Nachhaltigkeit gastronomisch umzusetzen“, sagt Geschäftsführerin Andrea Gallotti

Andrea Gallotti
Andrea Gallotti, Geschäftsführerin erasmus bio fine dining (Foto: © erasmus bio fine dining)

Dafür kocht man mit 100 Prozent biologisch zertifizierten Zutaten. „Das spart CO₂ und Energie im gesamten Anbau. Außerdem hält es Boden, Luft und Wasser gesund“, erklärt Andrea Gallotti. Die ökologische Tierhaltung ermögliche zudem mehr Tierwohl.

Tiere verarbeitet man im erasmus bio fine dining zudem grundsätzlich ganz, also „nose to tail“. „Das fühlen wir uns dem Tier einfach schuldig“, sagt Andrea Gallotti. „Außerdem nehmen wir damit nicht an einem auf Export basierendem Tierhaltungssystem teil, welches letztendlich dazu führt, dass in manchen Fleisch importierenden Ländern kein Lebensunterhalt durch eigene Tierhaltung erwirtschaftet werden kann“, ergänzt sie. 

Darüber hinaus setzt das erasmus bio fine dining auf alte Sorten und Rassen, um die Landwirtschaft stark und unabhängig von Chemie zu machen und gleichzeitig den Genuss der Gäste zu steigern. Auch achtet man auf eine handwerkliche Herstellung der Zutaten. „Das ist wichtig, um gastronomisches Kulturgut zu erhalten und ländliche Regionen zu stärken“, erklärt Andrea Gallotti.

Das erasmus bio fine dining kocht mit 100 Prozent biologisch zertifizierten Zutaten. (Foto: © www.lichtbildstudio.com)
Das erasmus bio fine dining kocht mit 100 Prozent biologisch zertifizierten Zutaten. (Foto: © www.lichtbildstudio.com)

In Zukunft will sich das Restaurant engagieren, um die politischen Rahmenbedingungen für Gastronomen zu verbessern. „Denn zur Nachhaltigkeit gehört auch die Wirtschaftlichkeit und es gibt momentan kein ‚level playing field‘, keine fairen Bedingungen zwischen denen, die sich mehr für das Wohl aller, für zukünftige Generationen, für Umwelt, Tierwohl und Kulturgut einsetzen, im Vergleich zu denen, die dies nicht als ihren unternehmerischen Auftrag verstehen. Diese Situation muss sich ändern, sie ist nicht mehr zeitgemäß“, findet Andrea Gallotti. „Unsere Erfahrungen und ein selbst zugeschriebenes gewisses kommunikatives Geschick möchten wir hier zukünftig gerne einbringen“, ergänzt die Gastronomin. 

Elias Heintz
Elias Heintz denkt im Bonvivant Cocktailbistro gern mal andersrum. (Foto: ©Sarah Schlopsnies) 

„Wir denken gern andersrum“

Im Bonvivant Cocktailbistro geht man einen etwas ungewöhnlicheren Weg bei der nachhaltigen Speisenkreation: „Wir überlegen uns kein Gericht und bestellen dann die Zutaten, sondern denken gern andersrum: Wir reden mit unseren Bauern und Lieferanten und erfahren, was und wie viel davon vorrätig ist“, erklärt Barchef Elias Heintz. Somit sei das Menü im Einklang mit dem Natur-Zyklus. Aus den Resten, die vom Tagesgeschäft übrigbleiben, wird dann ein Personalessen gekocht, das man zusammen als Team vor der Öffnung im Restaurant genießt.  

Zudem versucht man im Bonvivant Cocktailbistro, alles vom Gemüse zu verwenden. Ein Beispiel: Der derzeitige erste Gang besteht aus einem Kohlrabi-Tatar. Küchenchef Nikodemus Berger wollte die Kohlrabi-Blättern nicht einfach wegschmeißen. Deshalb hat er herumexperimentiert und nun gibt es eine warme Suppe aus den Kohlrabi-Blättern. Die Gäste sind laut Paul Rost begeistert.

Weiterlesen

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Küche mit frischem Gemüse
Nachgefragt
Nachgefragt

So bringen Gastronomen Nachhaltigkeit in ihre Restaurants – Teil 1

Am 18. Juni ist Tag der nachhaltigen Gastronomie. Doch welche Maßnahmen ergreifen Gastronomen, um ihre Restaurants möglichst nachhaltig zu gestalten? HOGAPAGE hat sich umgehört: In einem zweiteiligen Beitrag berichten jeweils drei Gastro-Profis von ihren Erfahrungen aus der Praxis. 
Denis Feix und Kathrin Feix
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit

„Marburger Esszimmer“ mit neuem Konzept

Nach zweijähriger Pause öffnet im Winter das „Marburger Esszimmer“ wieder seine Pforten. Dabei setzt das Fine-Dining-Restaurant auf eine zeitgemäße Spitzenküche mit Schwerpunkt auf Gemüse aus regionalem und nachhaltigen Anbau.
Portraitaufnahme von Matthias Tritsch
Veranstaltungs-Tipp
Veranstaltungs-Tipp

Zweiter Gastro for Future Summit im Juni

Am 18. Juni, passend zum internationalen Tag der nachhaltigen Gastronomie, veranstaltet Greentable wieder ein Online-Event. Im Mittelpunkt steht das Thema: „Fokus Mensch: Erfolgsfaktor soziale Nachhaltigkeit“. Kostenfreie Anmeldungen sind noch möglich.
The Halyard Liverpool, Vignette Collection United Kingdom
Ressourcenschonung
Ressourcenschonung

IHG Hotels: Aufruf zur Zusammenarbeit

Eine nachhaltige Zukunft gemeinsam gestalten. Das will die Hotelgruppe unter dem Slogan: „A Journey to Tomorrow“ erreichen. Der Fokus steht dabei auf dem Engagement für verantwortungsbewusstes Wirtschaften in der Hotellerie. 
Arcadias
Hydrokultur-Farm
Hydrokultur-Farm

Jumeirah Zabeel Saray mit nachhaltigem Gastro-Konzept

Das Mitglied der Jumeirah-Gruppe hat jetzt den Launch von Arcadia angekündigt. Mit diesem ganzheitlichen gastronomischen Konzept will die Jumeirah Zabeel Saray unter anderem Gästen eine verantwortungsvolle Beschaffung von Lebensmitteln näherbringen. 
Rüdiger Mehlgarten
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit

Restaurant Waldwerk setzt auf nachhaltige Produkte aus der Region

Seit Sommer 2021 ist Rüdiger Mehlgarten als Küchenchef für das Restaurant Waldwerk  im Hotel Freigeist Northeim verantwortlich. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Gästen die Vielfalt regionaler Produkte näher zu bringen und sie für die saisonalen Schätze zu sensibilisieren.
Initiative der „Bio-Spitzenköche“
Nachhaltigkeitsinitiative
Nachhaltigkeitsinitiative

Bio-Zertifizierung auf der Speisekarte

In den Küchen der Deutschen ist Nachhaltigkeit eine wichtige Zutat. Doch lassen sich nachhaltige Konzepte auch in der Gastronomie erfolgreich umsetzen? Wie es funktionieren kann, zeigen beispielhaft die „BIO-Spitzenköche,“ eine Initiative im Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN).
Eine Kartenzahlung im Restaurant
Karte statt Kassensturz
Karte statt Kassensturz

Bargeldloses Restaurant spart 18.000 Euro im Jahr

Im Hamburger Restaurant „Heat“ können die Gäste ausschließlich mit Karte oder Smartphone bezahlen. Dies ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern soll dem Lokalinhaber auch jede Menge Ersparnisse bringen…
Günther Jauch
Wechsel
Wechsel

Günther Jauchs Restaurant öffnet wieder

Im Juni schloss das Lokal von Moderator Günther Jauch seine Türen. Seitdem hat sich einiges getan in der schönen Immobilie am Heiligen See. Die Villa Kellermann wird wieder ein Ort für Kulinarik. Allerdings mit neuem Betreiber und Konzept.