Wenn das Bier nach Butter schmeckt
Folgende Situation ist gastronomischer Alltag: Ein Gast kommt in ein Restaurant, bestellt eine Flasche Wein, der Kellner kommt, präsentiert die Flasche, öffnet sie, reicht dem Gast einen Probeschluck und wird eine Reklamation gegebenenfalls selbstverständlich zur Kenntnis nehmen. Denn dass Weine – und besonders die noch immer häufig verwendeten Korken – ein Naturprodukt sind und fehlerhaft sein können, daran hat man sich seit jeher gewöhnt.
Jetzt stelle man sich selbige Situation mit der Bestellung einer Flasche Bier vor. Absurd? Warum eigentlich? Auch Bier ist ein Naturprodukt und die Fehlerquellen beim Bierbrauen sind mindestens so zahlreich wie beim Wein. Nur einer weitgehenden Automatisation und rigiden Qualitätskontrolle ist es zu verdanken, dass fehlerhafte Biere tatsächlich höchst selten ausgeliefert werden. Das heißt allerdings nicht, dass sie nicht vorkommen – oft genug entstehen Fehlaromen nämlich auch durch unsachgemäße Lagerung des Bieres bzw. schmutzige Bierleitungen – und ein Gastronom, der Wert auf ein gepflegtes Bierangebot legt, sollte sich auch mit dem Problem von Bierfehlern auseinandersetzen, damit die Reaktion auf eine eventuelle Reklamation des Gastes nicht achselzuckend „Was soll ich denn machen? Das Fass hab ich heute frisch angeschlossen und bis jetzt hat sich noch keiner beschwert“ lautet, wie das der Autor dieser Zeilen schon einmal erlebt hat. Und auch folgender Dialog in einem Lokal ist leider keine Fiktion:
„Tut mir leid, aber mit dem Bier ist etwas nicht in Ordnung.“
„Ja, wir hatten schon einige Beschwerden und wissen, dass es ein Problem gibt, aber die von der Brauerei waren heute schon da und haben sich alles angeschaut.“
„Und bis das Problem behoben ist schenkt ihr einfach schlechtes Bier aus?“
„Naja, ich dachte, die haben das Problem schon behoben …“
Typisch untypisch
Prinzipiell muss bei Fehlaromen im Bier unterschieden werden zwischen Aromen, die für bestimmte Biersorten untypisch sind und obligat unangenehmen Aromen. So wäre ein Beispiel für ein sortenuntypisches Aroma etwa ein fruchtiger Geschmack nach Apfel und Bananen: bei einem obergärigen Weizenbier durchaus erwünscht, bei einem untergärigen Pils dagegen ein klassischer Fehlgeschmack, verursacht durch zu hohe Temperaturen bei der Gärung.
Unter generell unangenehme Gerüche und Geschmäcker fallen dagegen z.B. Aromen nach Metall (Eisenionen im Bier), Katzenurin oder schwarzer Johannisbeere (beginnende Oxidation), nassem Papier oder Karton (Oxidation), Stinktier (Lichtgeschmack – betrifft nur Flaschenbier) oder Fäkalaromen (Kontamination mit Schwefel-Wasserstoff-Bildnern).
Butter im Bier
Das wahrscheinlich häufigste Fehlaroma ist der Buttergeschmack (nicht zu verwechseln mit ranzig). Die dafür verantwortliche Substanz heißt „Diacetyl“ und Ursache dafür kann etwa eine falsche Würze-Zusammensetzung, eine falsche Gärführung oder das Vorkommen von Milchsäurebakterien (mangelnde Hygiene) sein. Aber auch das Butteraroma zählt zur Gruppe der nur für manche Biersorten untypischen Aromen. Bei manchen Ale- oder Stoutbieren sind sie durchaus erwünscht und selbst beim klassischen Pilsner Urquell war dieser Geschmack früher ein Markenzeichen und ist selbst heute noch bewusst in Ansätzen vorhanden.
Um aber jetzt keine Angst aufkommen zu lassen: Fehlaromen kommen beim Bier tatsächlich deutlich seltener vor als beim Wein und es ist völlig unüblich und auch absolut unnötig, jedes frisch geöffnete Bier vor dem Servieren zu verkosten. Man sollte sich nur dessen bewusst sein, dass diesbezügliche Probleme auch beim Bier prinzipiell möglich sind und dass bei Beschwerden hier durchaus Handlungsbedarf besteht. Im Zweifelsfall sollte man sich bei Geschmacksproblemen an die zuständige Brauerei wenden, die im Falle des Falles gerne mit Rat und Tat zur Verfügung stehen wird.