YES WE CAN!
Man hat ihn oder eben nicht – den Willen und Mut, in der Gastronomie etwas Neues zu starten
von Karoline GiokasMan muss einfach das Unternehmer-Gen haben, um voranzukommen«, ein klares Statement, das Georg W. Broich uns da gibt. Dass ihm eben dieses praktisch in die Wiege gelegt wurde, ist mehr als offensichtlich: Schon einer seiner Urgroßväter hatte 1734 einen Gasthof eröffnet, sein Urgroßvater folgte mit einer Feinkostmetzgerei, die von Georg Broichs Vater Karl kurzerhand zum Partyservice umgewandelt wurde. Als Georg W. Broich Mitte der 80er-Jahre ins Geschäft einstieg, wollte der gelernte Koch bald mehr. Er bot seinen Kunden zusätzlich Eventlocations an und belebte 1998 schließlich das Areal Böhler in Düsseldorf – inzwischen sind die ursprünglich zwei Mitarbeiter auf rund 260 Vollzeitangestellte herangewachsen und die Broich Hospitality Group führt 14 Unternehmen an sechs verschiedenen Standorten sowie vier Produktionsküchen.
Wie man mit Misserfolgen umgeht? Kopf hoch und Alternativen eruieren
Trotz seiner Erfolgsgeschichte ist auch Georg W. Broich, der mit seinem Cateringunternehmen zwölf verschiedene Foodkonzepte von Premiumcatering bis zu bezahlbarem »Keep-it-simple-Food« bietet, schon an diversen Ideen gescheitert. »Das Entscheidende ist dann aber, niemals den Kopf in den Sand zu stecken«, betont der Vollblutunternehmer und Vater dreier Söhne und einer Tochter. »Man muss nach vorne schauen und herausfinden, wie man weitermachen kann. Natürlich braucht es Mut, um etwas Neues zu wagen, aber ich bin schließlich Unternehmer, kein Unterlasser.«
Selbst während der Corona-Pandemie konnte sein Innovationsgeist nicht gestoppt werden, so hat er neben drei anderen Unternehmen noch ein viertes internationales gegründet: Gemeinsam mit der holländischen Kollegin Verenice Vandewall hat er im Frühjahr 2020 die Consultingfirma EFP European Foodservice Partners ins Leben gerufen, mit der er europaweit neue Märkte für Großhändler, Restaurants und Caterer erschließen und den Austausch von Trends, Netzwerken und Erfahrungen ankurbeln möchte. »Wir kämpfen noch immer mit den Folgen der Pandemie. Ich hadere aber nicht damit, denn ich weiß, dass ich im Unternehmen selbst nichts falsch gemacht habe. Wir haben mit der Broich Hospitaliy Group in den letzten Jahren sogar sehr viel richtig gemacht.« Dazu gehöre aber eben auch, zu eruieren, wie man sich gerade als Caterer für die Zukunft breiter aufstellen kann, um die Wertschöpfungskette zu vergrößern. »Entscheidungen zu treffen, ist extrem schwierig – oft ist nur eine von dreien die Richtige. Es passiert immer wieder, dass man entweder an einer Idee zu lange festhält oder aber womöglich zu früh aussteigt. Das ist unberechenbar und erfordert Mut!«
Dem Bauchgefühl vertrauen
Nicht immer, aber in vielen Fällen bedeuten Neuanfänge auch, etwas Altes abzuschließen – sei es im Positiven oder Negativen. Nils Henkel gilt als kulinarisches Ausnahmetalent, als einer der besten Köche Deutschlands. Seine Küchenphilosophie à la »Pure Nature« machte ihn zum Pionier der modernen Gemüseküche. Seit 35 Jahren als Koch tätig, war er die letzten 30 Jahre ausschließlich auf die Sterneküche fokussiert – bis der Betreiber der Burg Schwarzenstein in der ersten Corona-Welle entschied, das »Restaurant Schwarzenstein«, für das Henkel bereits kurz nach der Übernahme im November 2017 zwei Sterne im Guide Michelin erhielt, nicht weiter zu betreiben. »Ich musste etwas aufgeben, für das ich hart und leidenschaftlich gearbeitet hatte«, gesteht der Spitzenkoch. »Es war ein persönliches Wagnis, aber letztlich fand ich Gefallen daran, mal ein ganz anderes Konzept unabhängig von Sternen zu verfolgen, bei dem mir nicht jeder sofort auf die Finger schaut.«
Seitdem Nils Henkel als Küchenchef das gastronomische Geschehen im Restaurant Bootshaus im Papa Rhein Hotel Bingen verantwortet, kochen er und sein rund 15-köpfiges Team keine acht Gänge mehr, sondern nur noch drei bis vier und mittags à la carte. Die neue Herausforderung: »Ich muss nun mehrheitsfähiger denken, den Geschmack eines breiteren Publikums ansprechen und dabei trotzdem mit exzellenten Gerichten nachhaltig in Erinnerung bleiben«, so Henkel. Früher verköstigte er pro Service im Gourmetrestaurant nur rund 25 Gäste. »Heute kommen wir abends auf zwei Seatings mit bis zu 150 Gästen, das ist eine ganz andere Hausnummer.« War es ein Opfer, die Sternegastronomie aufzugeben? »Ich habe die Sterneküche jahrelang mit viel Herzblut betrieben, genieße jetzt aber andere Vorzüge, die zum Teil auch meinem Privatleben zugutekommen. Meiner Küche tut das keinen Abbruch, ich koche nach wie vor mit dem gleichen Qualitätsanspruch, nur eben ohne Sterneambitionen.«