Mann erstellt einen Cocktail an der Bar
Foto: Upstalsboom/Melina Mörsdorf Photography/ Yvonne Schmedemann

Dem Nachwuchs etwas zutrauen

Einen besonders intensiven Draht zu seinen Auszubildenden pflegt Bodo Janssen, Inhaber von rund 70 Hotels und Ferienwohnanlagen der Upstalboom-Gruppe. Rund 90 Nachwuchskräfte zählen aktuell zu den 650 Beschäftigten an Nord- und Ostsee. ­

Ausbildungsbeauftragte der Zukunft bedürfen heute neben fachlicher Kompetenz vor allem sozialer Qualifikationen 

Bodo Janssen, Upstalsboom

„Junge Menschen haben heute ganz klar ein anderes Mindset, welches insbesondere von den Eltern geprägt wird“, merkt der 50-Jährige mit Überzeugung an. Er selbst sehe in seiner Branche gerade bei den jungen Mitarbeitern nur selten selbstbewusste Menschen. „Der Schatten der Eltern nimmt den Kindern den Raum zum Wachsen. Eltern bläuen ihrem Nachwuchs bis zum 18. Lebensjahr tagtäglich ein, wozu er alles nicht imstande wäre. Sie geben ihm nicht die Möglichkeit, herauszufinden, was er denn eigentlich gut kann.“ Ferner trage auch die Öffentlichkeit dazu bei, sowohl den Eltern als auch den Berufseinsteigern ein falsches Bild vom Berufsleben zu vermitteln. „Der Begriff ‚New Work‘ wird heute fälschlicher­weise häufig mit einem bequemen und möglichst einfachen Job in Verbindung gebracht. Dementsprechend hoch ist dann eben auch manchmal die Anspruchshaltung der Berufseinsteiger an ihre Beschäftigung.

Eine Trendwende liege laut Janssen vor allem darin, dass junge Berufseinsteiger heute oftmals die Sinnhaftigkeit in einem Arbeitsverhältnis hinterfragen. Und was bedeutet das für Arbeitgeber? „Als Arbeitgeber verstehe ich Ausbildung inzwischen weniger als etwas, das Menschen fachlich weiterbildet, sondern vielmehr als psychische, physische und soziale Weiterentwicklung. Wir wollen den Nachwuchs also nicht mehr ausbilden, um ihn danach an unseren Betrieb zu binden, sondern die Jungen vielmehr dazu bringen, dass sie nach Abschluss ihrer Lehre Erkenntnis drin gewonnen haben, was sie tatsächlich in Zukunft beruflich machen möchten.“

Bodo Janssen
Foto: Upstalsboom / Melina Mörsdorf Photography / Yvonne Schmedemann

Raum zur Entfaltung bieten

Schon bevor ein Schulabgänger in ­einem der Upstalsboom-Betriebe eine Ausbildung überhaupt beginnt, möchte Bodo Janssen daher im Rahmen eines Workshops feststellen, welche indivi­duellen Ausgangsvoraussetzungen ­derjenige mitbringt. „Es soll sich keiner als Bittsteller fühlen, im Gegenteil: ­Jeder soll von Beginn an verstehen, dass seine Fähigkeiten zum Erfolg unserer Gruppe beitragen, also wirklich gebraucht werden“, betont Janssen.

Damit einhergehend ändern sich auch die Aufgaben von Ausbildungsbeauftragten. Waren diese früher vor allem Ansprechpartner für fachliches Knowhow, sei heute und wohl auch künftig eine Art „Streetworker-Mentalität“ vonnöten. „Menschliche Aspekte ergänzen heute dieses Berufsbild und dieser Verantwortung dürfen wir uns als Arbeitgeber nicht mehr entziehen“, betont Janssen. 

Selbst während der Ausbildung bietet Upstalsboom seinen Azubis die Möglichkeit, zu sich selbst zu finden. Als ­beispielsweise eine Auszubildende da­rüber nachdachte, die Lehre im Hotelwesen abzubrechen und ins Bestattungsgewerbe zu wechseln, riet man ihr, es auszuprobieren. „Wenn sie das braucht, um herauszufinden, was ihr liegt ... – Nach zwei Monaten kam sie zurück und hat ihre Ausbildung fertiggemacht“, erinnert sich Janssen.

Gruppenbild vom Azubiball
Foto: Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München /Stefan KAMMERL

Wichtiger Bildungsauftrag

Einen sicheren Arbeitsplatz und die Möglichkeit, sich in der ganzen Welt weiterzuentwickeln – mit diesem Angebot tritt Jürgen Hennig an den Generation-Z-Nachwuchs heran. Er kümmert sich seit Mai 2023 als Ausbildungsbeauftragter im Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München um rund 65 Schützlinge und wurde gerade erst vom Dehoga zum offiziellen Ausbildungsbotschafter von Bayern ernannt.

Es macht viel Spaß, vom Nachwuchs zu lernen, 
und ganz offen gesagt: Ohne Azubis wäre unsere Branche verloren

Jürgen Hennig, Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München

Viele Jahre als Concierge im operativen Geschäft des Hauses tätig, vertritt er nun als Mittelsmann zwischen Geschäftsführung und dem Nachwuchs in sechs verschiedenen Ausbildungsberufen die Ansicht, jede Generation habe ihre ganz eigenen, domestizierten Eigenheiten. „Die aktuellen Berufseinsteiger sind zum Teil gewiss wesentlich behüteter aufgewachsen als wir – ich sehe es aber als unsere Aufgabe als Ausbilder, diese Generation zu formen“, so Hennig. Fördern und Fordern gehe daher auch mit sanftem Nachdruck einher. „Hat man bei jungen Kollegen auch gelegentlich den Eindruck, man pralle an ihnen wie an einer Wand ab, muss man ihnen manchmal nur schlichtweg verdeutlichen, dass das Berufsleben einfach gewisse Grundpflichten mit sich bringt“, erzählt Hennig.

Ausbildungsbeauftragter Hotel Kempinski München
Foto: Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München /
Stefan KAMMERL

Sich als Arbeitgeber sichtbar machen

Das oft pauschal geschürte Vorurteil, die junge Generation wolle nicht arbeiten, sei laut Hennig ungerechtfertigt. „Der Großteil möchte sehr wohl arbeiten und etwas lernen.“ Bedenklich findet der Ausbildungsbeauftragte hingegen den häufig mangelnden Teamgeist der Gen Z. „Ich erlebe es oft, dass die jungen Kollegen nach dem Motto ‚me, myself and I‘ agieren.“ Hier stünden in Sachen Charakterbildung nach Hennings Meinung auch die Eltern in der Verantwortung.

Seine Strategie, um den Nachwuchs für die Branche zu begeistern, ist folgende: Er zeigt ihm in den Berufsschulen und auf Jobmessen auf, was man in dieser Branche alles erreichen kann. „Ein Blick auf die Laufbahn unseres geschäftsführenden Direktors Holger Schroth verdeutlicht, was ich meine: Der fing beispielsweise als Azubi bei Kempinski an, bereiste im Lauf der Jahre bis zu 20 verschiedene Länder und ist heute ganz oben angekommen“, untermauert Jürgen Hennig seine Offensive bei der Nachwuchswerbung. 

Die Zeiten haben sich klar geändert: Die Generation Z will nicht nur dort erreicht werden, wo sie tagtäglich unterwegs ist, sie scheint auch die Arbeitswelt neu zu denken. Arbeitgeber müssen sich umstellen. Die Frage ist nur, wer hier gefördert und wer gefordert wird.   

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