Bürokratismus von A bis Z
Was das Gastgewerbe belastet: Forderungen und Tipps zur Bewältigung wachsender Vorschriften
von Wolfgang BubliesErkundigt man sich unter Deutschlands Gastronomen, ist der Tenor eindeutig: Der bürokratische Aufwand wächst ins Unerträgliche, man kann ihn durchaus als Bürokratismus bezeichnen, also als Übersteigerung der Bürokratie, zu deren Synonymen Begriffe wie Kleinkrämerei und Erbsenzählerei gehören.
Immer wieder neue Vorschriften werden beklagt bis hin zum aktuellen Whistleblower-Schutz oder, wie es auf Amtsdeutsch formuliert wird, Hinweisgeber-Schutzgesetz, das seit wenigen
Monaten für Betriebe ab einer Zahl von 50 Beschäftigten gilt. Dort muss es jetzt eine interne Meldestelle geben, an die man als Mitarbeiter anonym Verstöße in der Firma melden kann. Man setze auf Misstrauen statt auf Vertrauen, sagen Kritiker. Sinngemäß gelte dies für viele Vorschriften in der Gastronomie und Hotellerie.
Gastronom und Politiker
So beklagt etwa Leo Dietz aus Augsburg die unsäglichen Dokumentationspflichten. Der 57-Jährige ist Chef von zwei Nachtlokalen. Er zählt aber auch zu den wenigen Gastronomen, die sich politisch engagieren: Dietz ist Stadtrat und CSU-Fraktionschef sowie Landtagsabgeordneter. Grundsätzlich müsse es schon Regeln geben, „damit nicht jeder macht, was er will“, sagt er. Andererseits lasse sich nun mal nicht alles haarklein kontrollieren, weil es – egal wie weit die Reglementierung geht – „überall auch Stinker gibt“, die Gesetze und Vorschriften überschreiten.
DIE BEARBEITUNGSZEIT VON BEHÖRDEN BEI GENEHMIGUNGEN IST EINE DER GRöSSTEN
HERAUSFORDERUNGEN.
Als „abartig“ wertet Gastronom Dietz vor allem die unzähligen Dokumentationsvorschriften. Alles muss täglich schriftlich festgehalten werden: Das reicht von Angaben zum eingesetzten Personal (selbst, wenn nur zur Probe) sowie zu den Arbeitszeiten über die Kassenbeträge am Feierabend mit exakten Detailangaben, etwa über die Zahl der Hunderter, Fünfziger usw., bis hin zu den Temperaturen in Kühlhäusern, wobei hier mögliche elektronische Messberichte in gedruckter Form nicht anerkannt werden.
Jedes Jahr aufs Neue ...
In dasselbe Horn stößt auch Kemal Üres, der in Hamburg mit bis zu 25 Beschäftigten die Tapas- und Weinbar La Paz mit 80 Sitzplätzen im Restaurant und zusätzlich 120 Plätzen auf einer Sommerterrasse betreibt. Gerade die Terrassen-Genehmigung sieht er als enormes Ärgernis – „jedes Jahr aufs Neue.“ Eine Konzession aus dem Vorjahr bedeute nicht zwangsläufig, dass sie wieder gewährt wird. „Da kann es schon mal vorkommen, dass es um einige Zentimeter geht“, sagt er und spricht dabei von „absurder Bürokratie“ und einem „Mangel an Flexibilität“. Zudem sei die Bearbeitungszeit in den Behörden eine große Herausforderung. „Es kann passieren, dass ein Amt sechs bis acht Wochen nicht erreichbar ist. Andere wiederum sind sehr eifrig und schnell, kommen persönlich vorbei und messen nach, um dann festzustellen, dass deine Bänke zwei Zentimeter zu lang sind.“ Und es heißt dann, so Üres: „Kürze deine Bänke, sonst gibt es keine Konzession.“