Vinho Portugal – zwischen Portwein und Vinho Verde
Zweimal in Lissabon, im Szeneviertel Chiado und am Miradouro de São Pedro de Alcântara, befindet sich der Weinladen Garrafeira Imperial. Der Fokus liegt auf Port, der zum portugiesischen Lebensgefühl gehört. Branchenriesen sucht man vergebens. Stattdessen setzt man auf kleine Erzeuger (Tipp: Van Zellers & Co.), dazu gibt es kundige Beratung, Portwein-Tastings, zudem bevorratet sich die gehobene Gastro.
Auch nicht im Sortiment ist Pink Port. Den hat Croft, ein ebensolcher Branchenriese, für die junge Ausgeh-Generation erfunden. Er geht ab wie Schmidts Katze und passt auch in die Sangria, mit Tonic Water, im Gin ... so bringt man Traditionen ins neue Jahrtausend.
Vinho Verde ist eine DOC-zertifizierte Weinregion, nicht nur ein Weinstil
Dem Vinho Verde ist das ebenso gelungen. Er hat sich vom simplen, wortwörtlich grünen, bitzeligen Wein, den die Bauern tranken, enorm weiterentwickelt. „Und er vereint ganz natürlich viele Charakteristika, die gerade angesagt sind“, sagt Paulo de Matos Graça Ramos. Der sollte es wissen, seit 15 Generationen macht seine Familie in der Quinta de Paços Vinho Verde und die 16. Generation steht schon in den Startlöchern. Er betont: „Vinho Verde ist eine DOC-zertifizierte Weinregion, nicht nur ein Weinstil. Er hat weniger Alkohol, eine angenehme Säure, ist Easy Drinking, kann aber vielschichtig sein. Weiße passen gut zu Fisch und Meeresfrüchten, ebenso zu exotischen Länderküchen wie Japan und Indien. Rote sind für die handfeste portugiesische Küche geeignet und für deutsche Räucherwürste. Rosés, die eigentlich keine Tradition haben, sind super zu italienischen Gerichten.“ Engagierte Winzer wie Paulo graben traditionelle Methoden der Weinherstellung wieder aus, er vergleicht das mit einem „archäologischen Prozess“.
Aber warum? „Wir sehen Potenzial für zusätzliche DOCs“, sagt Paulo, der seine Weine auch nach Deutschland exportiert, wo das Thema zu seinem Bedauern in der gehobenen Gastronomie noch nicht wirklich angekommen ist. Mit dem kommerziellen Produkt aus dem deutschen Supermarktregal haben solche Weine nichts mehr zu tun, „es gibt eine riesige Bandbreite, weil sich die Trauben in den Terroirs so unterschiedlich verhalten.“

Porto und WOW
Porto, Hafenstadt und zweitgrößte Stadt des Landes, hat sich vom Insidertipp zu einem echten Touristenliebling entwickelt. Kreuzfahrtschiffe landen, kleine Schiffe fahren von hier aus den Douro entlang, Tagestouristen bestaunen die Azulejos und die Brücken und gucken auf die andere Uferseite nach Vila Nova de Gaia. Dort wurden einst die Weine der Portweingiganten Sandeman, Fonseca, Taylor’s gelöscht und in enorme Lagerhallen verbracht. Die verfielen, bis sie mit einem Eigeninvest von über 100 Millionen Euro zum WOW – kurz für World of Wine – restauriert wurden.
Das in die Tiefe gebaute und deshalb vom anderen Ufer kaum auszumachende Yeatman Hotel gehört dazu. Hier macht es sehr viel Spaß, nicht nur im Zweisterner des Hotels, sondern auch für kleines Geld zu genießen. Vila Nova de Gaia kennt keinen Übertourismus. Dafür kennt man sich hier aus mit Wein. 400 Mitarbeiter hat das WOW, das sich auf 55.000 Quadratmeter und baulich auf mehrere Etagen erstreckt. Der Charakter der Lagerhallen wurde erhalten und das Thema Wein ohne Berührungsängste in das neue Jahrtausend gebracht, beispielsweise mit der Ausstellungshalle Pink Palace zum Thema Roséweine: extravagant, überdreht, eine perfekte Location für den Junggesellenabschied oder die Mädelsparty.
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Im World of Wine geht man einerseits fachlich korrekt, andererseits spielerisch mit dem Thema Wein um. Sogar dem Korken ist ein eigenes Museum gewidmet. Und wer wirklich lernen will, um beispielsweise in der Wine School die WSET-Prüfungen zu absolvieren, der geht vorher noch in The Wine Experience. Auch für Köche und Weininteressierte aus dem Ausland werden Kurse angeboten. Ein Abstecher in die erstaunliche Privatsammlung an Trinkgefäßen, The Art of Drinking, ist ein Muss für alle, die Museen eigentlich richtig langweilig finden. Jede Menge gut gemachte Restaurants sind hier ebenfalls untergebracht. Da existiert handfeste portugiesische Küche Seite an Seite mit feinem Seafood aus der Region, fangfrische Taschenkrebse eingeschlossen.
Der Time Out Mercado –
eine coole Location, die Appetit auf internationales macht.
Nur Brunch und Dinner (auch ein interessantes Konzept) wird im Root & Vine serviert, das 1828 beschreibt sich nicht zu Unrecht als das beste Steakhouse des Landes. Wer es sich leisten kann, der wohnt im The Yeatman, dem einzigen Fünfsternehotel der Stadt, gleichermaßen gemütlich und elegant, genießt das Planschen im Außenpool, der einem Decanter nachempfunden ist, oder fachsimpelt mit Wine Director Elisabete Fernandes, die die weltweit größte und beste Bibliothek an portugiesischen Weinen betreut. Vor Kurzem bekam das Hotel dafür nach diversen anderen internationalen Auszeichnungen vom Wine Spectator auch den Grand Award verliehen. Kleines Land, aber so oho!