Es sind Weingüter darunter, Gastrobars, Räume mit prächtigem Ausblick, perfekte Zweisterner wie The Yeatman, Hausgemachtes. Es gibt die Stichworte kreativ, japanischer Crossover, australisch-modern und ja, auch portugiesisch! Also das, was man aktuell so draufhaben sollte in der Gastro, könnte man meinen.
Und so bietet beispielsweise der Time Out Mercado in perfekter Location ein vergleichbares Angebot. Dieser äußerst trendige Foodcourt mit angeschlossenem Wochenmarkt für Obst, Gemüse, Fisch ist gut gemacht, massenkompatibel und scheint als Vorlage für andere Städte zu dienen, aktuell z. B. Basel.
Aber individueller und unverwechselbar zu sein, das ist eben Lissabon. Beispielsweise José Avillez mit seinem Bairro do Avillez. Avillez ist Zweisterner und betreibt überdies einen Einsterner in Dubai, witzigerweise heißt die Location Tasca. Er hat im Szeneviertel Bairro Alto einen trendigen
Foodcourt auf 1.000 Quadratmetern erdacht, der für jeden Anlass und jede Uhrzeit etwas bietet. Thunfisch-Cornettos und Rindfleischkroketten, Pizza, hervorragendes Fleisch, außergewöhnliches Seafood, Geselligkeit, Einzeltische, Flirtgelegenheiten, drinnen, draußen. An der Decke hängen die omnipräsenten portugiesischen Keramikfiguren in richtig schön, die Bedienung möchte man auf einen Drink einladen. Der Foodcourt ist superprofessionell gemacht und die ultimative Visitenkarte für seine anderen Restaurants. Das macht wirtschaftlich Sinn, denn auch in Lissabon schlägt ein Besuch im Zweisterner – sein Belcanto ist überdies auf Platz 25 der World’s 50 Best – mit gut 250 Euro pro Person zu Buche, was eher für ausländische Genießer machbar ist.
Übertourismus – und was man dagegen tun kann
Im Nachbarland Spanien wurde es Ausländern Anfang des Jahres durch eine Besteuerung wenig schmackhaft gemacht, noch Immobilien zu erwerben und damit ungewollt die Immobilienpreise für Einheimische nach oben zu treiben. Portugal hat ähnliche Probleme. Auf Spaziergängen entlang der wunderschön und historisch korrekt restaurierten Häuser in Bairro Alto, Principe Real und anderen Trendvierteln sieht man, wie die Immobilien ungenutzt stehen oder als Ferienwohnungen dienen. Der Leidensdruck der Locals ist verständlich, die Trauer um das verlorengegangene Lisboa zugunsten des internationalen Lisbon ein stetes Klagelied (nein, ich schreibe jetzt nicht Fado). Natürlich will und braucht man Touristen – aber müssen sie denn immer in den gleichen Vierteln das Gleiche tun?

Bei der Erschließung des Expogeländes Ende der 1990er-Jahre setzte Lissabon bereits auf Entzerrung. Parque das Nações ist ein architektonisch zeitgemäßes belebtes Neubauviertel in- mitten von Hafenanlagen mit tollen Museen, großem Bahnhof, Shopping, Casino und der berühmten Seilbahn. Das Viertel ist äußerst familienfreundlich, gleichzeitig tobt in den Bars am Wasser der Ausgehbär. Kein Wunder also, dass hier eines von vier Hotels der Minigruppe Martinhal steht.
PORTUGALS VIELFÄLTIGE FOODAUSWAHL HÄLT FÜR JEDEN GESCHMACK UND GELDBEUTEL
ETWAS BEREIT.
Roman und Chitra Stern haben ein richtungsweisendes Hotelkonzept entwickelt. Man wendet sich damit an zwei Zielgruppen, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenpassen: junge Familien und Menschen, die auf einer Workation in das Lebensgefühl eines anderen Orts eintauchen. Also gibt es einen Babyconcièrge und einen Kindergarten, Restaurants und eine Bar, Sportmöglichkeiten und Co-Working-Spaces. Wieso klappt das? Die gebürtige Singapurianerin Chitra Stern hat darauf eine lapidare Antwort: „Ich bin selbst berufstätige Mutter von vier Kindern.“ Die Zimmer haben voll eingerichtete Küchen, flächendeckend WLAN und Steckdosen. Sie sind also auf Gäste eingerichtet, die eigentlich die klassische Klientel für Ferienwohnungen sind.