Ascona, Lugano, Locarno ... und Bellinzona
Die ersten drei Städtchen am Wasser kennt die ganze Welt. Ob am Luganer See oder am Lago Maggiore gelegen, hier geht ein Postkartenidyll nahtlos ins andere über. Das könnte ewig so bleiben, tut es auch, aber die Neugier auf Neues ist da. Natürlich liegt hier das schönste Dorf der Schweiz (Morcote). Man kann den Lago Maggiore befahren. Inselchen bestaunen, alte Gemäuer und Burgen.
Man kann sich, mit dem niedlichen Hafen von Ascona im Rücken, an den bunten Hausfassaden des Lungolago kaum sattsehen. Man kann aber auch im Ristorante Blù in Locarno einen Traumblick auf die südalpine Pracht genießen und Pizza ebenso hervorragend zubereitet wie Merlot-Risotto mit Luganighetta oder Tuna Tataki genießen. Noch feucht zwischen den Zehen. Denn vorher war man nebenan im Termali Salini und Spa. Und die Küche bedient nicht nur das Restaurant, sondern auch den Spa- und Lidobereich.
In Lugano bespielt das Restaurant Flamel sehr erfolgreich „Bites & Barklassiker“. Zu 98 Prozent schweizerisch ist der Anspruch – und das ist keine leere Phrase. Spirituosen werden im hauseigenen Labor mit einem Rotavapor vor den Augen der Gäste destilliert, weniger Zucker und ein niedrigerer Alkoholgehalt sind das Ziel. Die Bar ist bereits zum Frühstück geöffnet und geht nahtlos ins Sexy Afterwork über: Am Morgen gibt es heiße Schokoladen und Kräutertees aus dem Garten, am Nachmittag werden Drinks und ein Mixology-Tasting von bis zu fünf Gängen angeboten. Auch die klassische Abendkarte dieses mit einem Bib Gourmand ausgezeichneten Restaurants ist inspirierend, ohne überkandidelt zu sein.
Alte Gemäuer, modernes Ambiente
Die Kantonshauptstadt Bellinzona im Landesinneren ist anders. Ausgrabungen gehen bis in die Jungsteinzeit zurück, in der Römerzeit war bereits richtig was los. Drei mittelalterliche Burgen wachen über das entzückende Städtchen, das Touristen erst langsam für sich entdecken – zwei Drittel des Tourismus im Tessin ist inländisch.
Nicht nur die Renaissancefassaden der Altstadt sind schön, auch das riesige Angebot an Käse und Wurst aus heimischer Produktion auf dem samstäglichen Wochenmarkt. Es gibt ein spezielles Marktbrot (pane mercato, bei der Bäckerei/Konditorei Peverelli an der Piazza Collegiata) und einen Marktmittagstisch (piatto del mercato, etwa 20 Franken), den viele kleine Restaurants in der Altstadt offerieren. Im Grotto San Michele, gelegen über Weinbergen in der Burg Castelgrande, kostet der erstaunliche Blick ins weite Tal nix und ein Humpen Weißwein sechs Franken.
IM GARTEN DER GROTTI FINDET MAN GEMÜTLICHKEIT UND GESELLIGKEIT. ABER AUCH RUHE UND ERFRISCHUNG – DANK IHRER OFT VERSTECKT IDYLLISCHEN LAGE AM FLUSSUFER, AUF EINEM BERG ODER IM WALD.
Genuss with a view
Wer nicht in tiefen Tälern wandern möchte, sondern mit Blick auf die Seen und Italien, wählt beispielsweise den Parco San Grato oberhalb von Lugano. Mit dem Postbus vom Hotel Bigatt, einem Refugium oberhalb des Sees, ist das ein altmodisches Vergnügen. Die Wanderungen sind easy, wenn man denn erst einmal oben ist, der Abstieg über etwa tausend Stufen in Richtung des Dörfchens Morcote dann nicht ganz so leicht. Erst recht nicht, wenn vorher eine Verkostung im biozertifizierten Weingut Tenuta Castello di Morcote anstand.
Die Tenuta liegt auf einem Vorgebirge und ist zur Gänze umzogen vom Luganer See (ja, sieht so schön aus wie es klingt). Wie meist im Tessin ist Merlot die wichtigste Traube, vinifiziert wurde schon zu Römerzeiten. Angeschlossen ist ein atemberaubendes Hotel, wie die Tenuta auch in einem gekonnten Mix aus altem Holz und modernem Look gestaltet. Wer nicht wandern mag und Kleingeld hat, nimmt den Helikopter.
Der passende Landeplatz liegt am wunderbaren Ristorante Vicania, ebenfalls mit einem Weitblick, der einen schwindeln lässt, und mit ländlich-eleganter Küche zwischen Käse, Zander, Ravioli und Zabaione. Auch hier ist es erschwinglich: drei Gänge zu 68 Franken. Wenn’s kalt wird, wärmt ein offenes Feuer. Kein Wunder, dass Hochzeiten en masse gefeiert werden, aber mittags kehren vorrangig Radler und Wanderer ein. Die Gästeklientel ist also klug durchmischt. Und passt zur Hospitality im Tessin: Hier macht es Spaß, es ist durchaus erschwinglich und inspirierend. Und landschaftlich schlichtweg atemberaubend.