Kastilien Leon entdecken
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Kastilien-Léon entdecken

Wintertrüffel und Rueda-Weine: Derzeit ist die nordspanische Region eine Offenbarung

von Gabriele Gugetzer
Dienstag, 27.08.2024
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Es ist menschenleer. Den Madri­der Flughafen hat man schon vor geraumer Zeit hinter sich gelassen. Ein Blick aus dem Autofenster eine Stunde später ... und immer noch ­menschenleere Gegend. Auch die Landschaft ist unverändert – kein Wunder, wir befinden uns auf Spaniens Hoch­ebene. Das geht jetzt noch stundenlang so weiter. Flauschig ist hier nix (spätestens jetzt heult jeder Instagrammer), aber genau das macht den Zauber von Kastilien-Léon aus. Hier ist es knorrig. Im Winter echt kalt. Spröde. Dennoch ist diese politisch als autonome Gemeinschaft definierte Region seit Jahrtausenden eine Kulturregion – das wird schon Gründe haben. 

Wird im Rest Spaniens vorrangig Rotwein erzeugt, wächst hier schon seit über tausend Jahren und mit großem Erfolg die autochthone Weißweintraube Verdejo. Schwarze Trüffeln, die einst wild gediehen, werden heute kultiviert und mit einem eigenen Festival geehrt. Herzhafte Küche, deren Pa­lette von einfachem Lammeintopf, Hülsenfrüchten und Schweine­krustenknabbe­reien einerseits bis zu 19 Einsternern andererseits reicht – auch das ist Kastilien-Léon.

Die Region ist flächenmäßig größer als das Nachbarland Portugal und wie gemacht für alle, die Entdeckungen lieben – kleine Warnung an alle, die Geschichte und alte Gemäuer immer sterbenslangweilig fanden ... haha!

Soria ist für den Anbau von schwarzem Trüffel bekannt
Soria ist für den Anbau von schwarzem Trüffel bekannt. Der gilt weltweit als einer der besten und wird in verschiedenen Ortschaften auf Märkten und Festen wie dem Festival Soria y Trufa zum Star. Dann bereiten viele Restaurants der Provinz Spezialmenüs vor, in denen der Trüffel als aromatische Zutat in aller Art von Gerichten im Vordergrund steht. Fotos: Janejira/stock.adobe.com; elfarero/stock.adobe.com; Contributor/stock.adobe.com

Die Astronauten von Salamanca

Essen und Trinken ist den Einheimi­schen genauso wichtig wie besagte alte Gemäuer. Ganz selbstverständlich lebt man in Städten wie Burgos, Àvila, Léon, Salamanca, Segovia, Soria, Palencia und Zamora mit der langen Geschichte. Die Liste staunenswerter Architektur ist entsprechend lang. Ein kleines Listicle: die komplett erhaltene mittelalterliche Stadtmauer von Àvila, die Kathedrale von Burgos, ein UNESCO-Welterbe, und nicht zuletzt das im Jahr 98 n. Chr. erbaute Aquädukt von Segovia, das in den Abendstunden ein bisschen nach KI aussieht, wäre da nicht die enorme ­Atmosphäre, die das illuminierte Bauwerk ausstrahlt.

Dann wären da noch die Klöster Santo Domingo de Silos in Burgos, San Pedro de Dueñas in Léon und Santa Clara in Palencia, außerdem perfekt bewahrtes Renaissance-Fachwerk in Peñaranda de Duero. Alcázar in Segovia und Castillo in Zamora sind nur zwei von etwa 300 Burgen. Des Weiteren nennenswert ist die Plaza Mayor in Salamanca mit gleich zwei Kathedralen. Bei Restaurationen verewigte sich ein Steinmetz am Portal der Catedral Nueva überaus gelungen – und erheiternd – mit einem Eis schleckenden Drachen und zwei Astronauten, die sich als Publikumsmagnet erwiesen haben.

Typische Gerichte, Kichererbseneintopf, Trockenfleisch vom Rind und gefüllte Täubchen.
Die Region Kastilien-León setzt sich aus neun Provinzen zusammen, die ähnliche Vorlieben und Geschmäcker teilen, aber ihren eigenen Charakter haben. Typische Gerichte sind Kichererbseneintopf, Trockenfleisch vom Rind und gefüllte Täubchen. Fotos: Tourespana

Knusprige Torreznos

Das kulinarische Vermächtnis der Region nehmen die Einheimischen einerseits ernst und sind andererseits durch­aus aufgeschlossen, in Sterneläden auch Neues aus­zuprobieren. So hat sich ein völlig aus der Zeit gefallenes Fingerfood zum Renner entwickelt: 2023 wurden in Soria über 2.000 Kilogramm Torreznos produziert. Dahinter verbirgt sich herrlich würzige, getrocknete und kross gebratene Schweinespeck­schwarte, was nicht so fettig ist, wie es klingt. Die Spezialität erlebt eine solche Renaissance, dass im Vergleich zum Vorjahr bereits 30 Prozent mehr produziert wurde. Das Restorante Antonio de San Estaban de Gormez in Soria wurde im vergangenen Jahr zum weltbesten Torreznos-Restaurant ernannt.

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