Politik

EU soll einen Tourismuskommissar bekommen

Apostolos Tzitzikostas
Apostolos Tzitzikostas soll EU-Tourismuskommissar werden. (Foto: © picture alliance/dpa/MAXPPP | Nicolas Landemard / Le Pictorium)
Ursula von der Leyen hat eine Vorschlagsliste für die künftigen EU-Kommissare vorgelegt. Diese sieht auch die Ernennung eines EU-Tourismuskommissars vor. Branchenverbände begrüßen die Entscheidung als einen bedeutenden Schritt zur politischen Stärkung des gesamten Tourismussektors.
Freitag, 20.09.2024, 10:35 Uhr, Autor: Sarah Kleinen
FacebookWhatsappXLinkedInEmail

Wenn es nach den Vorschlägen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geht, soll Apostolos Tzitzikostas Kommissar für nachhaltigen Verkehr und Tourismus werden. Erstmals seit den 90er Jahren soll damit wieder ein EU-Kommissar Tourismus in seiner Funktionsbeschreibung tragen.

Die Mobilität von Gütern und Personen seien wesentliche Sektoren für die Wettbewerbsfähigkeit, für die Verbindungen zwischen Menschen in Europa sowie eine Grundbedingung für erfolgreiches regionales Wirtschaften, heißt es in der Erklärung von der Leyens.

Diese hatte am 17. September 2024 ihre Vorschlagsliste für die künftigen EU-Kommissare vorgelegt. Das Europäische Parlament muss den Vorschlägen noch zustimmen.

„Gute Nachrichten für die Tourismusbranche in Europa“

Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) begrüßt die Pläne von Ursula von der Leyen, einen Kommissar speziell für Verkehr und Tourismus einzusetzen. „Das sind gute Nachrichten für die Tourismusbranche in Europa. Die strukturelle Neuausrichtung entspricht ganz klar unserer Forderung, die Bedeutung der Tourismuswirtschaft auch politisch zu unterstreichen“, sagt BTW-Generalsekretär Sven Liebert.

Er ergänzt: „Tourismus ist einer der größten Arbeitgeber und eine starke Wirtschaftskraft sowohl in Deutschland als auch der gesamten EU. Dies gilt es, weiter zu stärken, aktuelle Hürden für die Tourismusbranche in Europa zu reduzieren und drohende Belastungen zu verhindern. Wichtig ist auch, dass die verschiedenen Mobilitätsträger sowie die Tourismuswirtschaft allgemein die nötige Unterstützung bei der nachhaltigen Transformation erfahren. Genau hierzu könnte ein Kommissar für nachhaltigen Verkehr und Tourismus beitragen.“ 

Mehr Beachtung für die Reisewirtschaft

Weltweit ist der Tourismus für über zehn Prozent der Wirtschaftsleistung verantwortlich und schafft rund um den Globus circa 330 Millionen Arbeitsplätze. Daher begrüßt auch der Deutsche Reiseverband (DRV) die Pläne von Ursula von der Leyen. 

„Damit wird aus Sicht des Branchenverbandes deutlich, welche besondere Rolle die Reisewirtschaft in Europa einnimmt“, heißt es in einer Medienmitteilung des Verbandes. „Eine Vielzahl an EU-Bürgern arbeitet für Unternehmen und Organisationen in diesem Dienstleistungssektor. Sie leisten einen enormen Beitrag, um Urlaubern besondere Erlebnisse und eine erholsame Zeit zu verschaffen.“

Damit die Branche auch zukünftig auf Wachstumskurs bleibe, müssten die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass die Unternehmen der Reisewirtschaft ihr Geschäft langfristig erfolgreich und zukunftssicher ausrichten können.

Durch die Schaffung eines expliziten Kommissionspostens für den Bereich Tourismus rücke dieses Thema stärker in den Fokus. „Die Reisewirtschaft kann nun zuversichtlich hoffen, dass die Anliegen der Branche auf Kommissionsebene künftig noch mehr Beachtung finden werden“, betont der DRV.

„Deutschland ist reif für ein eigenes Tourismusministerium“

Auch die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) sieht in der Ernennung eines EU-Tourismuskommissars einen wichtigen Schritt zur politischen Stärkung der gesamten touristischen Wertschöpfungskette in Europa. Nun müsse das Amt in Brüssel auch mit konkreten Inhalten und politischem Leben gefüllt werden, um den Tourismussektor – den die DZG auch als Gastwelt bezeichnet – auch tatsächlich zu unterstützen. 

„Die Europäische Union gibt die Richtung vor: Für uns ist nun auch Deutschland reif für ein eigenes Tourismusministerium. Auf jeden Fall muss der Bund seine Kompetenzen nach der nächsten Wahl – aktuell haben 12 Berliner Ministerien Teilzuständigkeiten – zentral und schlagkräftig in einem neuen Bundesministerium für Wirtschaft und Tourismus bündeln“, erklärt DZG-Vorstandssprecher Dr. Marcel Klinge.

Deutschland könne aus dem europäischen Beispiel lernen. Wirtschaftlicher Erfolg im Tourismus erfordere eine starke politische Verankerung und eine koordinierte Strategie für Förderpolitik und Entwicklung des gesamten Sektors.

„Wenn die Benennung von Apostolos Tzitzikostas zum Tourismuskommissar kein Lippenbekenntnis ist, wäre das ein bedeutender Schritt nach vorn,“ unterstreicht der ehemalige Bundestagsabgeordnete.

„Tourismuswirtschaft benötigt eine institutionelle Verankerung auf höchster ministerieller Ebene“

Für die Wahlperiode 2025 bis 2029 fordert die Denkfabrik im Bund schon länger eine effektivere Bündelung und die Schaffung einer starken Koordinationsrolle auf höchster politischer Ebene. Erst im Juli 2024 hat die DZG in einer neuen Studie, die die tourismuspolitischen Verantwortlichkeiten im europäischen Ausland detailliert untersuchte, herausgearbeitet, dass Deutschland in vielen Aspekten noch Nachholbedarf habe.

„Auch wenn der aktuelle Tourismuskoordinator Dieter Janecek (Grüne) einen sehr engagierten und kompetenten Job macht, reicht dies dauerhaft einfach nicht“, meint Dr. Marcel Klinge. „Mit Blick auf die enormen Markt-Herausforderungen wie den existenzbedrohenden Mitarbeitermangel, steigende Kosten und sinkende Wettbewerbsfähigkeit benötigt die Tourismuswirtschaft zwingend eine institutionelle Verankerung auf höchster ministerieller Ebene – am besten direkt am Kabinettstisch. Mit einem BIP-Anteil von fast neun Prozent spielen wir bereits im oberen europäischen Mittelfeld – Italien und Österreich sind in Sichtweite. Der Schritt zu einem ‚eigenen‘ Ministerium ist also realistisch und sollte aus unserer Sicht die zentrale Kernforderung der Branche für die Bundestagswahl 2025 sein.“ 

Die Tourismusministeriumsstudie der DZG aus diesem Jahr kann kostenfrei als PDF heruntergeladen werden: https://bit.ly/dzg-studie-tourismuspolitik 

(BTW/DRV/DZG/SAKL)

FacebookWhatsappXLinkedInEmail
Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Málaga
Karriere
Karriere

Chance für Nachwuchskräfte im Tourismus

Junge Talente aufgepasst: Der Deutsche Reiseverband (DRV) lädt Nachwuchskräfte im Tourismus zur Jahrestagung 2025 nach Málaga ein. Bewerbungen sind ab sofort möglich. 
Norbert Fiebig
Personalie
Personalie

DRV-Präsident strebt keine weitere Amtszeit an

Seit Juni 2014 bekleidet Norbert Fiebig das Präsidenten-Amt im Deutschen Reiseverband (DRV). Bei den Neuwahlen zu Präsidium und Vorstand im Oktober will er nun jedoch nicht mehr antreten.
Málaga
Nachwuchsförderung
Nachwuchsförderung

Elf Young Talents kommen mit zur DRV-Jahrestagung 2025 nach Málaga

Young Talents stehen mit neuen Ideen für die Zukunft der Branche im Mittelpunkt: Der Deutsche Reiseverband (DRV) hatte Nachwuchskräfte im Tourismus zur Jahrestagung 2025 nach Málaga eingeladen. Elf junge Talente sollen nun mit und dabei selbst auf der Bühne stehen.
Sören Hartmann
Zukunftsperspektive
Zukunftsperspektive

Positives Signal für die Tourismuswirtschaft

Sören Hartmann, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft, äußert sich sehr positiv über die Entscheidung der Koalitionsspitze, ein Sondervermögen zu schaffen. Auch die Reisebranche könnte von dieser Maßnahme profitieren und einen Aufschwung erhalten.
Dr. Marcel Klinge, DZG-Vorstandssprecher und Mathias Jakobi, Zentraleuropachef der IATA. Bild: DZG
Handlungsaufforderung
Handlungsaufforderung

Luftverkehr hat enorme Bedeutung für den Standort Deutschland

Momentan findet in der Bundeshauptstadt wieder die ITB, die Internationale Tourismus-Börse Berlin, statt. Im Rahmen der Veranstaltung fordert die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen für den Luftverkehr, wovon schlussendlich auch das Gastgewerbe profitieren würde.
Harry Theoharis
Kandidatur
Kandidatur

Harry Theoharis kandidiert für das Amt des UN-Generalsekretärs für Tourismus

„Reformieren, um zu transformieren, vereinen, um zu wachsen“ – unter diesem Motto hat Harry Theoharis offiziell seine Kandidatur für das Amt des Generalsekretärs von UN Tourism vorgestellt. 
Zwei Urlauber schauen auf Stadtkarte
Prognose
Prognose

Reisewirtschaft erwartet höheres Wachstum für das Reisejahr 2024

Trotz gestiegener Lebenshaltungskosten bleibt die Lust der Deutschen zu verreisen ungebrochen. Der Deutsche Reiseverband (DRV) erwartet für das Reisejahr 2024 sogar ein bemerkenswertes Wachstum im Gesamtreisemarkt. 
Dr. Marcel Klinge
Studie
Studie

„Die Gastwelt gehört an den Kabinettstisch“

Deutschland könnte deutlich stärker als bislang vom Wirtschaftsfaktor Gastwelt profitieren. Wie sich die Strukturen der Tourismuspolitik des Bundes spürbar verbessern lassen, zeigt eine Studie des „Institute of Tourism, Travel & Hospitality“ an der Hochschule Heilbronn im Auftrag der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG).
BTW-Präsident Sören Hartmann im Portrait
Zukunft
Zukunft

Tourismuswirtschaft ruft zur Beteiligung an Europawahl auf

BTW-Präsident Sören Hartmann mahnt dazu, die „EU dialog- und kompromissfähig zu halten!“. Dafür sei es dringend erforderlich, dass sich die gesamte Branche an der am 9. Juni stattfindenden Wahl an den Urnen einfindet.