Matthias Diether bringt Estland auf Weltkarte der Spitzengastronomie
Lange war Estland ein nahezu weißer Fleck auf der Weltkarte der Spitzengastronomie. Doch nun haben Restaurantexperten der französischen Gourmetbibel Michelin erstmals Topköche in dem baltischen EU-Land ausgezeichnet – und auf Anhieb zwei Restaurants in der Hauptstadt Tallinn mit einem ihrer Sterne geehrt. Einer davon ging an das nach einem deutschen Chefkoch benannte Lokal „180° by Matthias Diether“.
Der in Berlin geborene und in Schwaben aufgewachsene Koch Matthias Diether serviert dort ambitionierte und saisonal inspirierte europäische Gourmetküche. „Der Stern ist etwas ganz Besonderes und ich freue mich, der Erste in Estland und im Baltikum überhaupt zu sein, der einen erhält. Das ist natürlich etwas für die Geschichtsbücher und macht stolz“, sagte Diether der Deutschen Presse-Agentur.
Sein Restaurant hatte er 2018 in einem hippen, neu renovierten Tallinner Hafenviertel eröffnet. „Ich verwende nur authentische, frische Produkte von höchster Qualität“, betont der Deutsche, der für ein Sechs-Gänge-Menü etwa 160 Euro berechnet. „Für mich ist das Produkt der wahre Star auf dem Teller.“
Der Umzug nach Tallinn war eine Art Flucht
Diether war zuvor bereits der erste Spitzenkoch, der in Estland auf Sterneniveau kochte. Der 47-jährige hatte 2016 den Schritt in das kleine Land im Nordosten Europa gewagt, um als Küchenchef eines Gourmet-Restaurants in einem alten Gutshaus auf einer kleinen Ostsee-Insel zu arbeiten.
Es war eine Art Flucht: „Ich war ein bisschen ausgebrannt. Acht Jahre Berlin haben ganz schön geschlaucht“, gestand er. In der deutschen Hauptstadt stand der „Berliner Meisterkoch 2013“ im inzwischen geschlossenen Restaurant First Floor am Herd, nachdem er zuvor bei namhaften Küchenmeistern im In- und Ausland gelernt hatte.
Seine Ausbildung absolvierte Diether Anfang der 1990er Jahre im Hotel Intercontinental in Stuttgart, danach schaute er einige Jahre bei Spitzenköchen der Region in den Topf und über die Schulter: Erst bei Lothar Eiermann im Wald- & Schlosshotel Friedrichsruhe, dann bei Wolfgang Staudenmaier im Da Gianni in Mannheim und last but not least auch bei Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube in Baiersbronn. Bessere Lehrmeister ließen sich damals im Land kaum finden.