Ein gemeinsames Business Ecosystem
Das Forschungsteam kommt in seiner Untersuchung zu dem Schluss, dass das bisherige Konzept der Tourismuswirtschaft keine ganzheitliche Perspektive auf Gastlichkeit einnehme. Die Studie präsentiert vor diesem Hintergrund ein neues, leistungsfähiges Modell, mit dem Ziel, ein gemeinsames Business Ecosystem zu entwickeln.
„Für ein positives Gastlichkeitserlebnis sind unglaublich viele Akteure beteiligt, mehr, als wir im Alltag wahrnehmen. Ohne eine funktionierende Wäscherei oder leistungsstarke Food-Produzenten können Hotels und Restaurants nicht arbeiten. Für Kartenzahlungen sind Finanzdienstleister nötig, für Reisen Mobilätsunternehmen und leistungsstarke IT-Systeme, für die Krankenhausverpflegung regionale Caterer. Schon diese Beispiele zeigen, wie weit verzweigt und komplex die Wertschöpfungsnetzwerke der 360° Gastwelt in der Realität sind. Daher ist eine ganzheitlichere Betrachtung, also ein neues Big Picture, überfällig“, erklärt Denkfabrik-Vorstand Aisenbrey.
Neue Beschäftigungs- und Wertschöpfungszahlen
Neben dieser qualitativen Betrachtung präsentieren die Autoren auch neue Kennziffern zur 360° Gastwelt. Durch den erweiterten Blick auf das System summiert die Studie bei den Beschäftigungszahlen 4,1 Mio. Erwerbstätige (direkt und indirekt), was einem Anteil von neun Prozent aller Beschäftigten entspricht. Die Berechnungen liegen rund 35 Prozent über den bisherigen Zahlen von rund drei Millionen Erwerbstätigen.
„Mit unserer neuen Gastwelt-Perspektive nähern wir uns mehr und mehr einem realistischen Bild an – und das konservativ berechnet. Denn das World Travel and Tourism Council (WTTC), dessen Zahlen ebenfalls in der Studie zu finden sind und deren Daten auch von der Bundesregierung genutzt werden, geht sogar von 5,9 Mio. Beschäftigten aus (direkt und indirekt). So oder so, beim Multi-Akteursnetzwerk 360° Gastwelt handelt es sich um einen Bigplayer der deutschen Wirtschaft“, fasst Klinge zusammen.
Beeindruckend sind auch die in der Studie präsentierten Zahlen zur Brutto-Wertschöpfung: Diese beträgt laut aktuellen WTTC-Daten 355,3 Mrd. Euro. Damit liegt der Tourismus nach der Automobilindustrie und noch vor dem Maschinenbau und Einzelhandel auf Platz 2.
Anschlussstudie in 2023 geplant
In einem nächsten Schritt wollen das Fraunhofer IAO und die Denkfabrik Union der Wirtschaft im Jahr 2023 basierend auf dem neuen 360° Gastwelt-Modell neue Schlüsselkennzahlen untersuchen, die noch stärker die Megatrends Nachhaltigkeit und Resilienz berücksichtigen.
(Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO/SAKL)