Breite Allianz demonstriert für 7-Prozent-Mehrwertsteuer am Brandenburger Tor
Der berühmte Platz zwischen dem Brandenburger Tor, der französischen und der US-Botschaft wurde am 6. November Schauplatz einer bildstarken Performance. Einladende weiße Tische formten eine riesige Sieben: Sie symbolisierten die wünschenswerte Zukunft mit einer weiterhin 7-Prozent-Mehrwertsteuer in der Gastronomie.
In diesem Bereich des Platzes kamen Vertreter aus Politik und Wirtschaft mit den angereisten Gastronomen und mit Passanten ins Gespräch über die drohende Mehrwertsteuer-Erhöhung. Mehrere Hundert Menschen kamen dabei zusammen und forderten lautstark und nachdrücklich von der Politik „Rettet die Vielfalt – die 7 muss bleiben“.
Was die Mehrwertsteuererhöhung bedeuten würde, sah man nebenan: In einem mit Flatterband abgesperrten Areal bildeten viele leere, schwarze Stühle die Form einer großen 19 – ein Symbol für Restaurantschließungen und den Verlust der gastronomischen Vielfalt. Auf einem Lkw stand zudem in großen Lettern: „Bunte Gastro statt Einheitsbrei: "Das ist Berlin“ und „Berlin schmeckt nach Vielfalt – das soll so bleiben!“
„Ein Zeichen der geilsten Branche der Welt“
Prominente Redner sprachen sich für die Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants und Cafés aus. Angesichts dieser Unterstützung und des Engagements der angereisten Kollegen aus der Gastro-Branche war Kemal Üres, der Gastronom, Investor und Social-Media-Creator aus Hamburg, nach eigenen Worten „gerührt und aufgeregt“.
Auf der Rednerbühne – das Brandenburger Tor im Rücken – sagte er: „Jeder, der hier ist, setzt sich nicht nur für die 7 Prozent ein, sondern das Bild, das ich hier sehe, ist ein Zeichen der geilsten Branche der Welt, dass wir jetzt zusammenhalten und uns gegenseitig Kraft geben. Dieses Signal wollte ich heute gemeinsam mit meinen Kollegen und allen Mitstreitern erzeugen. Ich hoffe, dass die Richtigen uns heute hören!“
Bekanntlich wird in der Bundesregierung und den Regierungsfraktionen derzeit darüber debattiert, ob der reduzierte Steuersatz beibehalten werden soll oder nicht. Die Bundespolitik und namentlich den Bundeskanzler bat Kemal Üres inständig, die Existenz vieler engagierter Gastronomen nicht aufs Spiel zu setzen.
„Steuerfairness sieht anders aus“
Julia Klöckner (CDU), die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und ehemalige Bundes-Ernährungsministerin, ergänzte: „Es geht hier nicht um Einzelinteressen, sondern um die Vielfalt in der Gastronomie. Der Restaurantbesuch darf nicht zum Luxus werden.“
Und die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, mahnte: „Essen muss einheitlich mit 7 Prozent besteuert werden. Es kann nicht sein, dass die ,öffentlichen Wohnzimmer‘, die Restaurants und Cafés, wieder mit einer 19-Prozent-Besteuerung benachteiligt werden. Steuerfairness sieht anders aus.“
In ihrer Rede sprach Ingrid Hartges auch über die Befürworter von 19 Prozent Mehrwertsteuer: „Ich ärgere mich ganz fürchterlich, wenn hier in Deutschland Wissenschaftler die reduzierte Mehrwertsteuer als Subvention diskreditieren. In 23 EU-Staaten ist aktuell ein reduzierter Steuersatz für Speisen in der Gastronomie Gesetz. Das muss die Politik wie auch die Wissenschaft in unserem Land zur Kenntnis nehmen.“ Aus guten Gründen sehe die EU-Mehrwertsteuersystem-Richtlinie ausdrücklich vor, dass für Speisen in der Gastronomie ein reduzierter Mehrwertsteuersatz möglich sei.
„Kulinarische Vielfalt, Esskultur, Heimat, Tradition – das alles wird mit Essen verbunden und erfährt Gott sei Dank in den anderen Ländern eine hohe Wertschätzung. Deshalb haben sie teilweise seit Jahrzehnten einen reduzierten Mehrwertsteuersatz. Dafür müssen wir auch hier ganz engagiert mit unseren guten Argumenten kämpfen und Überzeugungsarbeit leisten.“ Alle Anwesenden waren sich einig, dass die Kundgebung in Berlin dazu einen großen Beitrag leistet.
„Wir wollen nicht mehr hingehalten werden“
Mit dabei war auch der Bundesverband der Systemgastronomie (BdS). „Wir alle machen uns gemeinsam im Schulterschluss für den Erhalt der reduzierten Mehrwertsteuer von 7 Prozent auf Speisen stark. Wir brauchen diese Entfristung. Für uns geht daran kein Weg vorbei und wir wollen nicht mehr vertröstet und hingehalten werden“, betonte BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert in seiner Rede am Brandenburger Tor.
Der ermäßigte Steuersatz sei das wirksamste Mittel, um die gestiegenen Kosten bei den Unternehmen zumindest partiell abzufedern und ihnen Planungssicherheit zu ermöglichen. Die Rahmenbedingungen für die Unternehmen, so Suchert weiter, seien extrem schwierig – ob enorme Kostensteigerungen bei Energie, inflationsbedingt hohe Lebensmittelkosten, anhaltender Arbeitskräftemangel, steigende Personalkosten oder drohende Werbeverbote für einen Großteil der Produkte der Systemgastronomie.
„Das alles gefährdet die unternehmerische Freiheit der Branche. Es gefährdet schlichtweg die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen und obendrein auch noch den Wirtschaftsstandort Deutschland.“
Weiterer Wettbewerbsnachteil für den Standort Deutschland
Einig waren sich die Redner auch darin, dass eine Rückkehr zum erhöhten Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent verhindert werden müsse, um die Kostensteigerungen nicht an die Gäste weitergeben zu müssen. Denn dies hätte zur Folge, dass sich bestimmte Gästegruppen einen Restaurantbesuch nicht mehr leisten könnten.
Außerdem stünde eine Steuererhöhung im Widerspruch zu den Zielen der Ernährungsstrategie der Bundesregierung, da das Essen auch in Kitas und Schulen finanziell tragbar bleiben müsse.
BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert ging in seiner Rede zudem auf den Wettbewerb in Europa ein: „Die überwiegende Anzahl der Mitgliedstaaten in der Europäischen Union gewährt einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie. Ein ‚Zurück-auf-19 Prozent‘ führt nur zu einem weiteren Wettbewerbsnachteil für den Standort Deutschland. Das darf nicht sein.“
Ein Zeichen setzen
Neben dem Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) hatten der Dehoga, der Leadersclub und die Hoteldirektorenvereinigung ihre Mitglieder zu einem gemeinsamen Statement für den Erhalt der 7-Prozent-Mehrwertsteuer auf Speisen aufgerufen. Mit der Kundgebung wollte die Branche ein Zeichen setzen und die Regierung noch einmal mit Nachdruck auf die Notwendigkeit der Entfristung der Mehrwertsteuer hinweisen.
Ein breites Bündnis aus Politik, Wirtschaft und Gastronomie
Zu denen, die sich mit einer Teilnahme an der Kundgebung in Berlin solidarisch zeigten, gehörten neben Klöckner Hartges und Suchert unter anderem Martin Behle (Chef des Bereichs Hotels/Restaurants/Catering der Metro AG), Katharina Hauke (Geschäftsführerin des Essenslieferdienstes Lieferando), Kerstin Rapp-Schwan (Gründerin und Betreiberin der „Schwan“-Restaurants in Düsseldorf und Neuss), Alexander Scharf (Gastronom aus Goslar) und Joachim Priessnitz (Mitglied der Geschäftsleitung des Großhändlers TransGourmet).
Ziel des von Kemal Üres gegründeten Vereins „Vereint für die Gastro“ ist es, auf allen Kanälen breite Unterstützung für die 7 Prozent zu generieren und die Öffentlichkeit, d. h. nicht zuletzt die Gäste der Gastronomie, in allen Regionen Deutschlands für das Thema zu sensibilisieren.
„Es geht um unsere Existenz, und das wollen wir der Politik und unseren Gästen klarmachen, bevor entschieden wird, welcher Mehrwertsteuersatz ab dem 1. Januar 2024 in der Gastronomie gilt – 7 oder 19 Prozent“, sagt Kemal Üres.
Die Pro-7-Prozent-Fraktion ist groß: Zahlreiche Partner unterstützen die seit einigen Wochen laufende bundesweite Kampagne, darunter die Unternehmen Metro, Transgourmet, Selgros, Frischeparadies, Lieferando, Edeka Foodservice und Handelshof, außerdem der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Auch Vertreter von SPD, FDP und CDU auf Landes- und Bundesebene sowie kommunale Spitzenverbände plädieren für die Entfristung der in der Corona-Pandemie eingeführten 7-Prozent-Mehrwertsteuer-Regelung in der Gastronomie.
„Meine große Sorge ist, dass sich viele in Deutschland einen Restaurantbesuch nicht mehr leisten können, wenn die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent angehoben wird“, sagt Kemal Üres. „Dann müssten Tausende Restaurants und Cafés in Deutschland schließen. Aber diese Vielfalt in Deutschlands Städten und Dörfern muss erhalten bleiben! Daher freue ich mich, dass viele Gastronomen und Unterstützer dem Aufruf gefolgt sind, in Berlin Flagge zu zeigen. Denn jetzt haben wir noch die Chance, die Politik gemeinsam zu überzeugen!“
(Vereint für die Gastro/BdS/SAKL)