Ampelsystem: Nestlé und Coca-Cola wollen vor Zucker warnen
Wie viel Zucker in unseren Lebensmitteln genau steckt, wissen nur Nerds oder die Lebensmittelindustrie selbst. Fragen wir uns nach unserem persönlichen Konsumverhalten, dann müssen wir uns eingestehen, dass wir selten die Nährwerte der Produkte auf den Liter oder das Gramm exakt ausrechnen. Folge: unser Zuckerkonsum ist oft unkontrolliert (hoch). In Großbritannien und Irland hat man in Sachen Transparenz eine Vorreiterrolle übernommen. Dort finden Konsumenten ein Ampelsystem, das anzeigt, wie viel „böser“ Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz im Produkt vorhanden sind.
Zeigen Nestlé, Unilever und Coca-Cola Einsicht?
Bislang haben sich die großen Lebensmittelkonzerne mithilfe ihrer guten Lobbyarbeit dafür verwahren können, Angaben über den vielleicht gar nicht so tollen Nährwert ihrer Kekse, Cornflakes oder Softgetränken aufs Etikett zu drucken. Nun scheinen Unternehmen wie Nestlé, Unilever und Coca-Cola dem Weg der Tugend zu folgen. Sie kündigten jüngst an, ein Ampelsystem für Zucker-, Fett- und Salzgehalt in Erwägung zu ziehen. Wer nun als Verbraucher, Koch oder Gastronom auf eine Transparenz-Offensive bei Convenience-Produkten gehofft hat, dem sei schnell der Wind aus den Segeln genommen. Der Industrie-Trick: die Menge an Zucker, Fett und Salz wird nicht pro 100 Gramm angegeben, sondern nach Portiosngröße.
„Wir wollen den Kunden mit Transparenz anbieten, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, erklärt Coca-Cola-Sprecher Matthias Schneider dem Online-Portal 20min.ch. Die Umsetzung passiere frühestens in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres. Ob und wann, stehe derzeit noch in den Sternen. Auch wenn die Ampel bei der klassischen Cola und deren Kaloriengehalt auf „Rot“ stünde, wäre man bei Coca-Cola light und Zero im „grünen Bereich“, so Schneider weiter. Auch Unilever prüfe ein solches System. Bei Nestlé halte man die Einführung der „Kalorien-Ampel“ für „sehr wahrscheinlich“, wie 20min.ch weiter berichtet.
Das Ampelsystem hat Tücken
Stéphanie Hochstrasser von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung erkennt im Ampelsystem einen positiven Ansatz, wie sie gegenüber 20min.ch betont: „Als Entscheidungshilfe für Konsumenten kann es zu bewussterem Konsum beitragen, da die Ampelfarben jedem Kind bekannt sind.“ Für Hochstrasser sei aber nicht klar, ob die Komplexität einer gesunden Ernährung in den Farben Grün, Orange und Rot dargestellt werden könne. Gerade beim Fettanteil läge man schnell mit einer falschen Anzeige daneben. So enthalten Walnüsse sehr viel Fett und wären vermutlich „rot“ deklariert – sie sind aber aufgrund ihrer mehrfach ungesättigten Fettsäuren trotzdem gesund.
Beim deutschen Verbraucherschutz sieht man die Umrechnung in Portionsgrößen als Mogelpackung. Der Nährstoffgehalt könne pro Portion von der Industrie so angepasst werden, dass die Ampel „grün“ statt „orange“ oder „rot“ anzeigt. (20min.ch / FL)