Energieeffizienz: Wo steht die Branche zum Jahreswechsel?
Bei der Diskussion über die Wärmewende von Gebäuden, fallen gewerbliche Objekte oft unter den Tisch. Dabei machen sie rund die Hälfte aller Kohlendioxidemissionen aus, die der gesamte Gebäudesektor inklusive privat genutzter Immobilien verantwortet.
Neue Gesetzte kommen auf Gastgeber zu
Mit dem Jahreswechsel von 2023 auf 2024 kommt auf das Gastgewerbe in Deutschland abermals eine große, tief einschneidende Veränderung zu. Und damit ist ausnahmsweise nicht die Rückkehr des Mehrwertsteuersatzes von den bisher abgesenkten sieben auf die früheren 19 Prozent gemeint, die vielen Wirten derzeit Sorgenfalten auf die Stirn treibt.
„Im neuen Jahr greifen vor allem zwei Gesetze voll durch, die in ihrer Wirkkraft auch für das Gastgewerbe in Deutschland bislang unterschätzt werden. Die Rede ist vom Energieeffizienzgesetz und dem Gebäudeenergiegesetz“, betont Andreas Blassy, Head of Digital & Energy Advisory Services, Caverion Deutschland.
Gewerbliche Objekte sorgen für rund die Hälfte aller Kohlendioxidemissionen
Hintergrund sei die notwendige Wärmewende im Gebäudesektor. „Ohne eine Umrüstung alter, klimaschädlicher Öl- und Gasheizungen auf erneuerbare Quellen wie die Wärmepumpe, die von grünem Strom angetrieben wird, kann Deutschland seine ambitionierten Klimaschutzziele nicht erreichen“, erklärt Blassy. „Doch die öffentliche und auch die politische Debatte konzentriert sich sehr einseitig auf die Ein- oder Mehrfamilienhäuser.“
Viel weniger Beachtung in der wichtigen Debatte spielen dagegen die rund drei Millionen gewerblich genutzten Gebäude in Deutschland. Sie binden circa 47 Prozent aller CO2-Emissionen der Gebäude in Deutschland.
Blassy betont: „Vor allem Hotels und Gaststätten tragen laut Energie-Agentur Dena mit ihrem hohen Anteil an fossilen Energieträgern dazu bei, dass gewerbliche Immobilien überproportional zur Klimaproblematik beisteuern. Mit Blick auf die Energieeffizienz und die Energiebilanz ist gerade das Gastgewerbe ein Sorgenkind.“
Ein wichtiger Schritt in der Energiewende
Der Handlungsbedarf und der Handlungsdruck sind groß. Die positive Nachricht fürs Gastgewerbe: „Allein durch Modernisierungsmaßnahmen und eine forcierte Digitalisierung lässt sich der CO2-Ausstoß um durchschnittlich 20 Prozent senken. Insofern ist es ein richtiger Schritt, dass Unternehmen mit Verbräuchen von 15 Gigawattstunden (GWh) und mehr künftig ein Energiemanagementsystem installieren müssen.“
Primär bei Unternehmen mit mehreren Standorten wird sich laut dem Experten die Betrachtungsweise voraussichtlich verändern: Für Unternehmen werden Gewerbeimmobilien in dezentralen Lagen und mit sehr hoher Energieeffizienz künftig attraktiver bei der Standortwahl. Vergleichsobjekte in zentraler Lage, aber dafür deutlich niedrigerer Energieeffizienz, müssen nicht automatisch relevanter sein.
Energieeffizienz entscheidet über die Güte eines Gebäudes
Neben der Lage wird zunehmend die Energieeffizienz einer Immobilie wichtig für die letztliche Standortentscheidung. Ein wirtschaftlich laufendes Hotelobjekt mit älterer Bau- und Energiesubstanz und entsprechend großem Sanierungsstau in einer Millionenstadt wie Köln ist dann künftig nicht mehr zwingend rentabel.
Dieses Beispiel zeigt, wie sich künftig Investitionsentscheidungen vor dem Hintergrund der Energieeffizienzfrage verändern können. Das Beispiel belegt zudem auch die große Herausforderung: Vielen Unternehmen im margenschwachen Gastgewerbe fehlt vor dem Hintergrund der dümpelnden Konjunktur das Kapital, aber auch das Know-how, um eine energetische Sanierung selbst in die Hand zu nehmen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Kosten für notwendige Sanierungsarbeiten durch die allgemein hohen Preise, die zunehmende Regulatorik und die Knappheiten bei den Handwerkern tendenziell weiter steigen werden. Maßnahmen zu unterlassen kann aber keine sinnvolle Strategie sein. Beim Ausloten, Planen und Durchführen sinnvoller Maßnahmen für mehr Energieeffizienz unterstützen qualifizierte Energie-Berater.
Viele kleine energetische Schritte führen zum großen Ziel
Im ersten Schritt geht es darum, die Energieverbräuche und deren Zähleinrichtungen strukturiert zu erfassen und zu analysieren. Wo wird überschüssige Wärme, Kaltluft und Strom verbraucht? Der erste Gang bei der Besichtigung dürfte da in Zukunft wohl in den Heizungskeller führen.
Weitere zentrale Fragen lauten: Wo entsteht vermeidbarer Energieverlust? Welche Redundanzen sind zu ressourcenintensiv? All diese Punkte müssen geklärt werden, damit sich Gebäudetechniker und Energie-Spezialisten mit dauerhaftem Erfolg ans Werk machen können. Nachdem kundige Energie-Ingenieure ein detailliertes Stärke-Schwächen-Profil des Gebäudes mit Blick auf den Energieverbrauch angefertigt haben, müssen mehrere Maßnahmen für den energieeffizienteren Betrieb umgesetzt werden.
Wichtig zu wissen: Es gibt dabei niemals die eine Maßnahme. Energieeffizienz fußt vielmehr darauf, dass viele kleine Schritte in einem sinnvollen Tempo und mit der richtigen Abstimmung nacheinander gegangen werden. Dazu gehören vor allem eine angepasste Regelungstechnik und Hydraulik, eine bedarfsgerechte Steuerung sowie die Installation von Messtechnik.
Darüber hinaus empfehlen sich moderne Gebäudeleittechniken und ein digitales Energiemonitoring. Gerade das Monitoring kann den Schlüssel zum dauerhaften Erfolg darstellen: Denn nur wer weiß, was wo verbraucht wird, kann immer weiter optimieren.
Ein Beispiel aus der Gegenwart zwischen den Gebäudetechnikern von Caverion und der Energie-Wende-Garching zeigt, wie hoch das Einsparungspotenzial auf Basis dieser Maßnahmen sein kann. Durch die vom Gebäudetechnik-Unternehmen erzielte Senkung der Rücklauftemperatur standen 2022 ca. 470 Tonnen eingesparte CO2-Mengen bzw, 2.000 MWh eingesparte Energie zu Buche.
Fazit: Energieeffizienz ist Wettbewerbsvorteil
Das Beispiel zeigt: Richtig angepackt und umgesetzt kann Energieeffizienz nicht nur zum ökologischen und ökonomischen Erfolg werden. Durch Experten geplante, konzeptionierte und durchgeführte Maßnahmen sind nicht nur nachhaltig, sondern rechnen sich auch in kurzer Zeit und mindern deutlich das finanzielle Risiko bzgl. zukünftiger Entwicklungen wie CO2-Bepreisung und Immobilienwerte.
Energieeffizienz wird gerade im Gastgewerbe in den nächsten Jahren zum alternativlosen Wettbewerbsvorteil reüssieren. Nur mit grünem Betrieb bleiben Hotels und Gaststätten dauerhaft zukunftsfähig. Bis dahin gilt: Je mehr Förderungen und Flexibilität von politischer Seite zugestanden werden, desto besser.
(Caverion/KAGI)