Frustrierende Jobsuche

Bewerbungsprozesse besser gestalten

Junge Frau gibt ihre Bewerbungsmappe an ihr Gegenüber
„Für viele Arbeitssuchende gleicht die Stellensuche einer Blackbox – unklare Prozesse, Ghosting durch Arbeitgeber, vermeintliche Stellenanzeigen ohne echte Vakanzen und die zunehmende Nutzung von KI verschärfen die Intransparenz zusätzlich“, sagt Jon Stross, Präsident und Mitbegründer von Greenhouse. (Foto: © Contrastwerkstatt/CHHI)
Trotz einer hohen Bereitschaft zum Jobwechsel und einer optimistischen Einstellung sehen sich Bewerber in Deutschland mit diskriminierenden Praktiken, unzuverlässigen Einstellungsverfahren und dem zunehmenden Einfluss von Künstlicher Intelligenz im Recruiting konfrontiert.
Donnerstag, 19.12.2024, 09:00 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Greenhouse, ein Anbieter von Recruiting-Software, hat seinen Trendreport Jobsuche 2024 veröffentlicht, der aktuelle Trends und Herausforderungen im Bewerbungsprozess beleuchtet. Die Ergebnisse zeichnen ein herausforderndes Bild des Arbeitsmarktes in Deutschland.

Viele wollen wechseln

Die Umfrage unter 2.500 Arbeitnehmer zeigt, dass die Hälfte der deutschen (52 Prozent) Befragten aktiv auf Jobsuche sind. Nur 13 Prozent der Deutschen sind nicht offen für etwas Neues, da sie mit ihrer aktuellen Position zufrieden sind. 

Allerdings gibt es hier einen Altersunterschied: Insbesondere jüngere Personen (18–44 Jahre) zeigen eine hohe Wechselbereitschaft, während diese ab 45 Jahren stark abnimmt. Die Suche nach einem neuen Job empfinden drei Viertel (75 Prozent) der Befragten als zunehmend belastend. Als Gründe werden am meisten die steigende Wettbewerbsintensität sowie die Intransparenz des Bewerbungsmarktes genannt.

Ghosting und Ghost Jobs nerven Bewerber

Ghosting und so genannte „Ghost Jobs“ (Stellen, die ausgeschrieben werden, ohne dass die Absicht besteht, sie zu besetzen) werden zu verbreiteten Phänomenen im Bewerbungsprozess. 69 Prozent der in Deutschland Befragten berichten, dass sie bereits nach einem Vorstellungsgespräch geghostet wurden. 56 Prozent geben an, schon mal einem Ghost Job begegnet zu sein.

Die meisten Ghost Jobs sind auf Social-Media-Plattformen (LinkedIn, Facebook) oder auf Job Search-Websites zu finden (Monster, Indeed), dicht gefolgt von Karriere-Seiten auf Firmenwebsites. Ghost Jobs scheint dabei eher ein Phänomen zu sein, das jüngere Kandidat betrifft. Während von diesen bereits 64 Prozent hinter einer Stellenanzeige einen Ghost Job vermuteten, gaben 47 Prozent der 60- bis 75-Jährigen an, diese Vermutung noch nie gehabt zu haben.

Arbeitsmarkt ist komplexer geworden

„Die Daten zeigen: Der Arbeitsmarkt ist herausfordernder denn je geworden. Bewerber sind in einem Kreislauf gefangen und haben wenig Ahnung, was aufseiten der Unternehmen vor sich geht“, sagt Jon Stross, Präsident und Mitbegründer von Greenhouse.

„Die Unternehmen kämpfen damit, die durch KI angeheizte Flut von Bewerbungen zu bewältigen. Aber sie müssen erkennen, dass der Markt in Zyklen verläuft und sie nicht immer die Oberhand behalten werden. Jede unbeantwortete E-Mail und jeder Personalverantwortliche, der plötzlich untertaucht, ist nicht nur eine kleine Unannehmlichkeit für die Bewerber, sondern auch kostspielig und kann den Ruf eines Unternehmens schädigen, was es langfristig schwieriger macht, Top-Talente zu gewinnen“, so Stross.

Diskriminierung wächst

Trotz wachsender öffentlicher Diskussionen um Diversität und Inklusion (DE&I) messen deutsche Bewerber diesen Themen weniger Bedeutung bei als ihre Kollegen in den USA oder Großbritannien. Lediglich in der Generation Z halten 80 Prozent die DE&I-Initiativen von Unternehmen in Stellenanzeigen für sehr wichtig oder wichtig.

Ein besorgniserregender Trend ist die Zunahme diskriminierender und voreingenommener Einstellungspraktiken: 71 Prozent der in Deutschland Befragten berichten von diskriminierenden Fragen im Bewerbungsgespräch. Besonders häufig betreffen diese das Alter (48 Prozent), die Geschlechtsidentität (28 Prozent) sowie die Herkunft (24 Prozent). Dabei erhalten Befragte über alle Altersgruppen hinweg diskriminierende Fragen zu ihrem Alter.

Inklusion und Diversität werden noch immer vernachlässigt

„Es gibt Nachholbedarf in Fragen zu Diversität und Inklusion während des Einstellungsprozesses aufseiten der Unternehmen. Das beginnt bei der falschen Aussprache von Namen und endet bei diskriminierenden Interviewfragen. Unternehmen, die glauben, die Kontrolle zu haben, vernachlässigen oft die Perspektive der Bewerbenden und schaden damit langfristig ihrem Ruf“, sagt Carin Van Vuuren, Chief Marketing Officer von Greenhouse.

„Unternehmen, die die Zeit der Bewerber als selbstverständlich ansehen und potenzielle Mitarbeitende in einer Bewerbungsschleife halten, spielen ein gefährliches Spiel. Die Einstellungslandschaft kann sich innerhalb eines Augenblicks ändern, und Unternehmen müssen auf diese dramatischen Veränderungen vorbereitet sein.“

KI im Recruiting nicht unumstritten

Künstliche Intelligenz verändert die Dynamik der Jobsuche grundlegend. 60 Prozent der deutschen Bewerber glauben, dass KI den Wettbewerb verschärft, da die Technologie es für Jobsuchende einfacher macht, sich auf Stellen zu bewerben.

Die Befragten in Deutschland sind grundsätzlich offen für die Nutzung von KI im Bewerbungsprozess, haben aber eine klare Präferenz für eine begrenzte und unterstützende Rolle der Technologie. Nur 13 Prozent sprechen sich komplett gegen die Nutzung von KI aus, wobei ältere Befragte ab 60 eher skeptisch sind.

Bei der Candidate Experience geben 84 Prozent der Befragten an, dass sie sich – trotz Absage – erneut bei einem Unternehmen bewerben würden, wenn sie konstruktives Feedback erhalten hätten. Umgekehrt wurde mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) von Unternehmen schon einmal um ein Feedback zum Bewerbungsprozess gebeten.

In Deutschland gehen 41 Prozent der Befragten von einem Einstellungsprozess von ein bis zwei Monaten aus. Frauen rechnen dabei mit einer längeren Dauer: 21 Prozent gehen von mehr als drei Monaten aus, während es bei den Männern nur 13 Prozent sind.

Was sich Bewerber wünschen:

  • Bessere Kommunikation nach der Bewerbung (34 Prozent)
  • Effektivere Möglichkeiten, ihre Bewerbung hervorzuheben (27 Prozent)
  • Weniger manuelle Arbeit beim Hochladen von Bewerbungen (26 Prozent)

(Greenhouse/CHHI)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Ein Bewerbungsgespräch. (Symbolbild)
Recruiting
Recruiting

Wie gewinnt man mit dem richtigen Marketing Mitarbeiter?

In Gastronomie und Hotellerie ist ein Wettbewerb um die besten Fachkräfte entbrannt: Was müssen Arbeitgeber tun, um als Sieger aus diesem Wettbewerb hervorzugehen?
Junge Frau sitzt am PC und schreibt Ihren Lebenslauf
Chance
Chance

Lebenslaufoptimierung mit KI

Immer mehr Recruiter nutzen für die Bewertung von Lebensläufen eine KI. Dementsprechend ist es ratsam für Bewerber, ihre Unterlagen ebenfalls zu optimieren. Auch das ist mithilfe von künstlicher Intelligenz heute deutlich leichter. 
Jan Steffen im Portrait
Scheinwelt Personalmarketing
Scheinwelt Personalmarketing

Falsche Versprechen vergraulen Talente

Warum ist es nur so schwierig, gutes Personal zu finden und auch zu halten? Eine Frage, die sich wahrscheinlich schon zahlreiche Hoteliers und Gastronomen gestellt haben. Manchmal liegt die Antwort näher als gedacht. Beispielsweise in der Selbstwahrnehmung des Betriebes. Was Selbstwahrnehmung mit wirkungsvollem Recruiting zu tun hat und warum die eigenen Mitarbeiter häufig der Schlüssel zum Erfolg sind, erfahren Sie in dieser exklusiven HOGAPAGE-Interviewreihe zum Thema „Employer Brand“. 
Junge Köchin in ihrem Arbeitsumfeld
Mitarbeitersuche
Mitarbeitersuche

Frauenorientiertes Recruiting

Der Fachkräftemangel macht es in vielen Branchen schwer, Stellen zu besetzen. Doch manchmal legen sich Unternehmen einen zusätzlichen Stein in den Weg, indem Sie ihr Recruiting zu sehr auf Männer ausrichten. Dies geschieht fast immer unbewusst, ist aber eben ein Problem. 
Restaurantleiter Ralph Quigley (rechts) mit seinem Küchenchef
Insights
Insights

SV Deutschland bietet einen Blick hinter die Kulissen

Wie sorgfältig die Schweizer Gruppe ihre deutschen Betriebsrestaurants führt, durfte HOGAPAGE bei einem gemeinsamen Besuch an zwei Standorten live miterleben. Die Restaurant-Manager erfahren viel persönliche Unterstützung von ihrem Unternehmen, insbesondere bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter. 
Bashé Gast
Mitarbeitersuche
Mitarbeitersuche

Fünf häufige Fehler bei der Personalsuche

Der Recruiting-Experte Bashé Gast erklärt kurz und bündig, worauf Unternehmer achten müssen, wenn sie neue Mitarbeiter anwerben wollen. Er zeigt auf, dass viele Betriebe ihren Recruiting-Erfolg selbst in der Hand haben.
Kampagnenbild von Klüh mit Arbeitnehmern
Recruiting
Recruiting

Klüh startet Employer Branding-Kampagne

Auf der Suche nach Mitarbeitern hat der Multiservice-Anbieter eine innovative Recruiting-Offensive geschaltet. Das Unternehmen rückt die Vielfalt seiner Arbeitnehmer in den Mittelpunkt, um die eigene Attraktivität für Bewerber zu steigern. 
Wie der Feldberger Hof ausländische Fachkräfte für sein Hotel gewinnt. (Foto: © Feldberger Hof)
Mitarbeiter
Mitarbeiter

Gute Betreuung entscheidend für erfolgreiches Recruiting

Der Feldberger Hof zeigt mit einem Best-Case-Szenario, wie man ausländische Mitarbeiter für das eigene Unternehmen gewinnen kann. Die Betreiber tun viel dafür, um für Bewerber im In- und Ausland attraktiv zu sein. 
Bunkerhotel Reverb by Hard Rock Hamburg
Mitarbeitersuche
Mitarbeitersuche

Hamburger Bunkerhotel: Recruiting geht in die heiße Phase

Ein aufsehenerregendes Pionierprojekt, eine einzigartige Location, ein atemberaubender Blick auf die Hansestadt: Die Aufstockung des Hamburger Bunkers ist schon jetzt ein Projekt der Superlative. Das Reverb by Hard Rock Hotel läutet deshalb nun die Recruiting-Phase ein.