Landkarte der Anbaugebiete von Wein aus Italien
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Beim Wein europaweit Nummer 1

Italien hat mehr als 1.000 einheimische Rebsorten zu bieten – Prosecco überflügelt Champagner

Viel Sonne, frische Brisen vom Meer und kühle Luftströmungen: Kein Wunder, dass es im Weinbau kein erfolgreicheres Land als Italien gibt. Sowohl bezogen auf die Jahresproduktion als auch den Export. Aber auch die Qualität ist sehr hoch, und die unterschiedlichsten geografischen Gegebenheiten sorgen für ein vielfältiges Angebot. Griechen, Etrusker, Römer – sie alle haben die Weinkultur im Land des »Dolce Vita« geprägt. Bis heute werden die Anbaumethoden stetig weiterentwickelt.

Text: Michael Strausz

Das Weinland Italien erstreckt sich über eine Anbaufläche von rund 630.000 Hektar. (Zum Vergleich: In Deutschland sind es etwa 102.000 Hektar.) Rund 40.000 Betriebe produzieren in 21 Weinbauregionen jährlich etwa 50 Millionen Hektoliter Wein und lassen damit auch Frankreich und Spanien hinter sich. Ein Drittel der Produktion im Wert von 5,4 Milliarden Euro wird exportiert, was eine Verdoppelung innerhalb der vergangenen zehn Jahre bedeutet. Die Italiener selbst trinken ihren eigenen Wein zwar immer weniger – 18 Prozent ging der inländische Konsum im selben Zeitraum zurück. 2013 betrug der italienische Pro-Kopf-Verbrauch aber immer noch 35 Liter.

Der aktuelle Trend bei italienischen Tropfen geht zu hochwertigen Rotweinen und zu Nischenprodukten wie Prosecco. »Die Fülle an Rebsorten kann nicht einmal von Spezialisten aufgezählt werden. Es sind mehr als 1.000 einheimische und internationale Varietäten, 400 von ihnen sind als Qualitätsweine anerkannt«, erzählt Prof. Dr. Walter Kutscher, Lehrgangsleiter der Sommelierausbildung am WIFI Wien und Autor zahlreicher Weinbücher. Der Prosecco aus der Region Venetien zum Beispiel hat im Vorjahr sogar den Champagnerexport in den Schatten gestellt.

Die bekanntesten Weinbauregionen

»Von der Größe ist zwar Sizilien die bedeutendste Weinbauregion, doch von der Bedeutung her sind die Gewächse aus der Toskana und dem Piemont an erster Stelle auf den heimischen Weinkarten zu finden«, berichtet Walter Kutscher. Venetien  ist mit einer Rebfläche von 73.000 Hektar fast doppelt so groß wie das gesamte Weinland Österreich und die drittgrößte Region Italiens. Venetien gilt vor allem als Weißweingebiet, hier wächst aber im Raum von Valpolicella bei Verona einer der drei »großen« Rotweine Italiens, der Amarone. Die Region westlich von Verona ist die Hochburg des Soave, der auf 12.000 Hektar Rebfläche ­heranreift. Seit 1968 ist diese Sorte als DOC-Wein anerkannt.

Im Friaul, gemeinsam mit Südtirol die italienische Weißweinregion schlechthin, sind der Pinot grigio und der Friulano zu Hause.

Heimat der bekanntesten Klassiker

Die Toskana ist wahrscheinlich die bekannteste Weinbauregion mit einer Rebfläche von 55.000 Hektar. Die dominierende Sorte ist der Sangiovese. Aus dieser wird im Gebiet zwischen Florenz und Siena beispielsweise der Chianti Classico mit 85 bis 100 Prozent Sangiovese-Anteil produziert. Der Nobile di Montepulciano wird häufig mit weiteren Rebsorten cuvéetiert. Ein weiterer berühmter Rotwein dieser Region ist der Brunello di Montalcino, der zu 100 Prozent aus Sangiovese-grosso-Trauben gekeltert wird.

Die relativ kleine und ländliche Weinbauregion Piemont wird von vielen Weinkennern als die bedeutendste geschätzt, weil hier viele berühmte und langlebige Weine produziert werden. Hier gedeihen die Sorten Barolo, Barbaresco und Barbera d’Alba sowie Barbera d’Asti.
Das Weinbaugebiet Soave – westlich von Verona – gehört mit 12.000 Hektar Reb­fläche zu den größten Weißweingebieten. Der gleichnamige Wein wird aus Garga­nega-Trauben hergestellt, wobei bis zu zehn Prozent Trebbiano dazucuvéetiert werden. Bereits 1968 wurde er als DOC-Wein anerkannt.

Rot oder weiß? Unentschieden

Das Verhältnis zwischen Weiß- und Rotweinen beträgt 50:50. »Mengenmäßig dominiert in der Weißweinstatistik der Trebbiano; Sangiovese führt die Rotweinstatistik an. Daneben finden wir alle »Weltenbummler« wie Chardonnay, Sauvignon oder Cabernet Sauvignon und Merlot. Oft ergeben am Rotweinsektor die Cuvées aus heimischen und internationalen Sorten faszinierende Ergebnisse«, erklärt Weinexperte Walter Kutscher. Bei den Rotweinsorten spielen Barbaresco, Barolo, Brunello, Chianti Classico und Amarone in der ersten Liga. Die besten Weißweine mit »Identität und Langlebigkeit« wachsen laut dem deutschen Weinjournalisten und Autor Steffen Maus in den nördlichen Anbaugebieten und im Verdicchio sowie in den Marken.

Trendsetter Südtirol

Xerxes Panzenböck betreibt seit vielen Jahren den Wiener Szene-Italiener mit angeschlossenem Alimentari »La Pasteria«. Seinen Gästen interessante Weine abseits des Mainstreams zu bieten, ist für ihn seit jeher Herzensangelegenheit: »Ein interessanter aktueller Trend sind Südtiroler Weine, die in letzter Zeit an Qualität deutlich zugelegt haben. Ich habe beispielsweise hervorragende Pinot grigio auf der Karte, die jetzt nicht mehr wie früher aus dem Friaul kommen, sondern aus Kaltern in Südtirol. Oder der Lagrein, ein autochthoner, leicht säurebetonter Rotwein ist auch ein heißer Tipp geworden.« Natürlich kommt man auch um die Klassiker nicht herum. Chianti Classico oder ein Brunello di Montalcino sind auf der Karte ein Muss, ebenso wie Barbareso, Barolo oder Barbera aus dem Piemont. Denn nach wie vor gibt es Gäste, für die die Genannten Inbegriff italienischen Weins sind. Leider ist die Preisstruktur dieser Weine in den vergangenen Jahren alles andere als konsumentenfreundlich geworden. Panzenböck: »Gute Alternativen kommen zum Glück aus Süditalien. Da gibt es Rebsorten wie den Negroamaro oder den Primitivo (in anderen Ländern auch als ›Zinfandel‹ bekannt, Anm. d. Red.). Das sind schöne, kräftige, fruchtige, gut ­trinkbare Weine mit wenig Tannin und einem sehr guten Preis-Leistungs-­Verhältnis.«

Hintergrund: Die italienischen Herkunftsbezeichnungen

DOCG – Denominazione di origine controllata e garantita
Die qualitativ höchste Kennzeichnung italienischer Weine. Sie bedeutet, dass die Qualität des Weins ständig kontrolliert und garantiert wird. Nimmt sie ab, kann dem Winzer die Bezeichnung auch wieder entzogen werden. Aktuell gibt es 73 DOCG-Weine.
5 % Marktanteil

DOC – Denominazione di origine controllata
Weine mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung, zum Beispiel Chianti oder Etna. Insgesamt gibt es in Italien über 330 DOC-Gebiete. Die Preise sind etwas günstiger als bei den DOCG-Weinen. Jedes DOC-Gebiet hat eigene Vorschriften für Rebsorten und -behandlung, Mischungsverhältnisse, Jahrgang oder Techniken. Aktuell gibt es 332 DOC-Weine.
25 % Marktanteil

IGT – Indicazione Geografica Tipica
IGT-Weine sind Landweine mit den typischen Merkmalen des Herkunftsortes; Gebiet und Rebsorte müssen angegeben werden. Diese Bezeichnung wird oft von Winzern verwendet, welche die strengen Vorgaben für DOC- oder DOCG-Weine nicht erfüllen können. Derzeit gibt es 118 IGT-Weine.
30 % Marktanteil

VdT – Vino di Tavola
Auf dem Etikett eines VdT-Weines dürfen weder Jahrgang, Rebsorte noch Herkunftsgebiet angegeben sein. Pflicht ist hier nur die Herstellung nach gesetzlichen Mindeststandards. VdT-Weine sind oft besser als ihr Ruf.
Ca. 40 % Marktanteil

Quelle: u. a. www.emilia.de / Blog für italienische Spezialitäten

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