Wein als USP
Sie ist eine von sechs Deutschen, die den begehrten Titel Master Sommelier tragen dürfen. Stefanie Hehn, ebenfalls in der Startelf des Hotels, hat im The Fontenay die Weinkarten des Einsterners Lakeside und des Parkview unter sich, entwickelte alkoholfreie Begleitungen auf Teebasis und fokussierte von Beginn an auf offene Weine und Weinflights. Aktuell ist sie im Mutterschutz und hat das Zepter übergeben an Christin Vollmer. Das passt auch deshalb, weil Vollmer, gebürtige Hamburgerin, überhaupt nur wegen Stefanie Hehn ins Fontenay wollte. Ihre Aufgabe beschreibt sie so: „Wir verkaufen eine schöne Zeit.“ Lifestyliges wie Naturweine oder ihr persönlicher Sektstil Brut Nature hat da nicht Priorität.
„In diesem Sommer saßen die Gäste in den vielen lauen Nächten bis in den späten Abend auf unseren Terrassen unter freiem Himmel. Da schmeckt kein Brut Nature.“ Was die Gäste auch schätzen, ist das große Angebot an offenen Weinen. Dank Hehns Kontakten zu Winzern konnten von Beginn an Raritäten per Glas serviert werden, vom Madeira, der hundert Jahre auf dem Buckel hat, über einen Margaux von 1986 oder ein Großes Gewächs von 1999. Dass der Haussekt eine Fontenay-Cuvée von Raumland ist, sauber eingepreist bei 11,50 Euro für 0,1 l, passt ins Bild.
Zu viert sind sie im Weinbereich, alles Ladys und die, sagt Vollmer, beschreiben Wein anders. „Frauen fokussieren auf Stimmung, fangen die Umgebung ein, sprechen bildlich, orientieren sich daran, wie der Gast drauf ist.“ Übrigens ist sie Quereinsteigerin: Die gelernte Hotelkauffrau hat ihre Sommelière-Ausbildung erst im Fontenay gemacht. Womit wir schon beim nächsten Thema wären.
Der Umgang mit Mitarbeitern
Der Umgang mit Gästen ist im The Fontenay genau so, wie man sich das in einem Hotel vorstellt, das zu den Leading Hotels of the World gehört. Höflich, mehrsprachig, freundlich, aufmerksam, souverän. Im besten Sinne richtig nett. Doch nicht jedes Hotel geht so mit seinen Mitarbeitern um.
The Fontenay gehört der Vereinigung Fair Job Hotels an, die sich für fairere Arbeitsbedingungen in der Hotellerie einsetzt. Die will auch Stefan Wilke, Küchendirektor seit der Planungsphase. Er hat eine illustre Laufbahn hinter sich, kochte in der Traube Tonbach, betreute für Wohlfahrt die Palazzo-Events, entwickelte das Küchenkonzept für die MS Europa und die MS Europa 2 und brachte die Kantinen des Stromerzeugers Vattenfall auf Trab.
Bei ihm ist Zug drin, das muss sein bei 29 Mitarbeitern, die alles bedienen zwischen Bankett, Frühstück, Hotelrestaurant, Private Dining. „Damals hatten wir das Neueste im Bereich Induktion und computergesteuerte Abluftsysteme“, erinnert er sich an die Startphase. Natürlich macht die Entwicklung nicht halt, aber anstatt technologisch aufzurüsten, um Arbeitsplätze begehrenswert zu machen, leistet sich das Fontenay einen eigenen Koch für die Brigade. Das Essen ist selbstverständlich umsonst, auch eine Brigade-Terrasse wird noch ins Rennen geworfen. Kein Wunder, dass sieben seiner Köche seit der Eröffnung dabei sind. Das Haus bildet aus, jedes Jahr kommen vier Azubis dazu – „die Berufsschullehrer kenne ich alle persönlich“, sagt Stefan Wilke sichtlich stolz.
Produktkenntnis vermittelt Wilke dem Nachwuchs gern durch Schulungen vor Ort; das Alte Land vor den Toren der Stadt liefert viel Obst und Gemüse. Nur an seine Excel-Tabelle lässt er niemanden ran. Sämtliche Gerichte sind rezeptiert und eingetragen. Ein Mausklick und jedes Gericht lässt sich herunterbrechen bis auf den Cent. Auch Preisschwankungen werden mit wenigen Mausklicks eingepflegt.
Gehobene Kulinarik jenseits der Sterne
Natürlich hat das Hotel einen Einsterner: Julian Stowasser führt The Lakeside seit drei Jahren. Natürlich hat The Fontenay mit dem Parkview ein Hotelrestaurant. Wobei ... Christin Vollmer findet ja, es sei eher ein Restaurant im Hotel als ein Hotelrestaurant. Im Parkview steht auf der Speisekarte erst mal alles, was ein Hotelgast erwartet: Steak Tatar, Königsberger Klopse nach einem Rezept von Oma Wilke, hausgemachte Pasta, Hummersuppe, Tiramisu.
Als Mitglied
der Vereinigung Fair Job Hotels setzen wir uns für faire Arbeitsbedingungen in der Hotellerie ein
Doch alle sechs Wochen wird durchgetauscht, „Penner durch Renner ersetzt“, wie Wilke sagt. Thunfischtatar, Lammrücken, eine vegane Bowl mit Süßkartoffeln und Mangowürfeln sind Beispiele für die Bandbreite dieser Karte, die in Kombination mit der auf 200 Positionen klug zusammengeschnurrten Weinkarte eben nicht nur für Hotelgäste interessant ist.
Chefpatissier Marco D’Andrea ist ebenfalls von Beginn an Bord. Der 33-Jährige ist das beste Beispiel dafür, wie man mit Zielstrebigkeit vom Praktikanten zum Patissier des Jahres 2020 wird. Als Teenager schnupperte er bei Karlheinz Hauser auf dem Süllberg ins Thema, ging da in die Lehre, weiter ins Vendôme, kam zurück auf den Süllberg und holte zwischendurch viele Auszeichnungen, vom Mövenpick Eisdessert Pokal bis zum Zuschuss „Begabtenförderung der Handelskammer Hamburg“. Er hat’s gern sinnlich. „Kein Gemüse, keine herzhaften Zutaten“, zählt er auf, „für mich muss es süß sein: Schokolade und Salz liegen mir am Herzen.“
Sein Afternoon Tea ist saisonal geprägt mit Klassikern, aber sonst wesentlich ambitionierter, als das in der Hamburger Hotellerie üblich ist. Auch für die süßen Sachen im Parkview zeichnet er verantwortlich. Der Renner des Sommers war ein weißes Schokoladentörtchen mit Erdbeer-Basilikum-Kern, Kalamata und Zitronengrassorbet, mit Sud, der am Gast aufgegossen wird. Qualität zieht sich also auch quer durchs Gastronomie-Angebot.
Luxus neu definieren können
Passgenau zu sein, das trifft auch auf die Hotelausstattung zu. Von der Stange ist im Fontenay nichts. Selbst bei der Auslegeware in den runden Hotelzimmerkorridoren war Handarbeit angesagt. Eine herkömmliche Auslegeware hätte wegen Materialverschwendung keinen Sinn gemacht, denn Teppichmaschinen produzieren nur rechtwinklig. In Hongkong fand man dann eine Firma, die mit Handmaschinen Kleinserien passgenau auf die Grundrisspläne der Zimmer herstellte, ohne jeglichen Verschnitt.
Die Zimmer sind trapezförmig geschnitten, da entstand das nächste Problem: wohin mit dem Fernseher? Der Blick soll auf die Aussicht gelenkt werden und nicht auf den Bildschirm. Nun hängen die Geräte rotierbar an Stangen und sind nicht im Weg. Luxus ist das alles schon, aber es klunkert und klimpert nichts – wir sind ja in Hamburg. Diese Einstellung liegt in der Philosophie des Hauses begründet. Erst kürzlich bejahte Hoteldirektor Thies Sponholz in einem Interview, dass sich die Definition von Luxus nach der Pandemie verändert habe. „Ich beobachte einen Wertewandel. Es geht immer weniger um die Jagd nach dem schnellen Status oder der ausschließlich persönlichen Erfüllung. Menschen wünschen sich besondere Erlebnisse und Emotionen, die man mit seinen Liebsten teilen möchte. Wertvoll genutzte Zeit ist das höchste Gut.“