Wenn der Boss undercover geht
Accor-Geschäftsführer Ben Brahim begibt sich auf Augenhöhe mit seinen Mitarbeitern
von Karoline GiokasBereits 2014 ging Accor mit dem damaligen Vorsitzenden der Geschäftsführung Michael Mücke im Rahmen der RTL-Sendung „Undercover Boss“ im eigenen Betrieb undercover. „Dabei waren wir nicht auf die Publicity aus“, betont Ben Brahim. Knapp zehn Jahre später schlüpfte nun der aktuelle Geschäftsführer Accor Deutschland als Teilnehmer der Sendung in verschiedenen Hotels des weltweit agierenden Unternehmens in die Rollen seiner Mitarbeiter – in der Küche, im Restaurant- und Bar-Betrieb, im Housekeeping und der Haustechnik.
Hintergrund der Aktion war nicht etwa die Corona-Krise. Aktuell verzeichnen die 350 deutschen Hotels sogar mehr Gäste als vor der Pandemie. „Das Problem sind die fehlenden Mitarbeiter, die teils in ganz andere Branchen abwandern“, schildert Brahim. „Nach wie vor herrschen leider viele Klischees in der Hospitality vor – ich will wissen, was da tatsächlich dran ist, möchte das Hotelleben spüren, dazulernen, aber auch erfahren, was die täglichen Herausforderungen sind und wo wir uns vielleicht verbessern können.“
Brahim fing einst ganz unten an
Seit Mai 2021 verantwortet Ben Brahim als Geschäftsführer die Accor Hotels Deutschland. Im Sommer 2023 tauschte er seine Position eine Woche lang ein und gab sich als vermeintlicher Jobanwärter aus. Eine echte Challenge, die ihm zuvor manch schlaflose Nacht bescherte: „Ich war sehr aufgeregt, denn ich wollte ja nicht auffliegen“, so der 47-Jährige. Kurzerhand unterzog sich Brahim für die Mission sogar einem kompletten Umstyling. Als „Neuer“ namens Tarek begleitete er die Mitarbeiter in ihrem normalen Berufsalltag. „Eine Vorzugsbehandlung oder Ähnliches gab es nicht“, betont Brahim.
Immerhin, ganz unbekannt ist ihm das operative Geschäft nicht: „Ich habe vor gut 30 Jahren selbst mit einer Fachausbildung in einem Accor-Hotel, dem Ibis Berlin Messe, meine Karriere begonnen“, berichtet er. Die Verbindung zu den Hotels und die Wertschätzung für die dort täglich erbrachten Leistungen sowie Leidenschaft der Mitarbeitenden für ihren Beruf hat der gebürtige Berliner auch nach so vielen Jahren Erfahrung in der Branche nicht verloren. „Durch meine Funktion bei Accor als SVP AccorInvest Hotels Operations Northern Europe habe ich nach wie vor einen extrem starken Bezug zum Operativen und den Hotels.“
Es geht ans Eingemachte
Dennoch war der Einstieg ganz zurück auf Anfang eine Herausforderung. Schon bei der ersten Bewährungsprobe im Housekeeping kam Brahim ganz schön ins Schwitzen. Innerhalb von nur 20 Minuten galt es ein Gästezimmer für den nächsten Besucher auf Vordermann zu bringen. „Es war körperlich tatsächlich ganz schön fordernd und auch an Konzentration darf man diesen Job nicht unterschätzen“, so sein Resümee. In der Küche galt es sorgsam mit hochwertigen Lebensmitteln umzugehen. Gerichte mussten hier punktgenau und in gleichbleibend hoher Qualität fertiggestellt werden. „Teilweise eine echte Challenge, aber es herrschte eine tolle Atmosphäre, die für ein Team enorm wichtig ist“, plaudert Brahim aus dem Nähkästchen.
Als Haustechniker griff er dann im Ibis Styles Hotel Stuttgart Hausmeister Zoltan Feher unter die Arme. Vom mühsamen Laubzusammenkehren auf der windigen Terrasse über Reparaturen tropfender Duschköpfe auf den Gästezimmern bis hin zu anstrengendem Wandstreichen – alles picobello unter Zeitdruck. „Ich habe hier einige Erkenntnisse darüber mitgenommen, was es heißt, in der Praxis effizient zu arbeiten, und welches Equipment dafür überhaupt notwendig ist.“