Wie wird die Wintersaison?

„Vertrauen ist die neue Gästewährung“

FRau genießt die Sonne auf einer Bergterrasse
Laut Aussage von Experten wird man im kommenden Winter bis zu letzten Tag um jeden Urlauber werben müssen. (© Österreich Werbung/Peter Burgstaller)
Das Saint Elmo’s Tourismusmarketing hat aktuell eine Repräsentativuntersuchung zu den Perspektiven des Wintertourismus im Alpenraum präsentiert.
Freitag, 09.10.2020, 10:01 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Mit der wissenschaftlichen Expertise des ETI (Europäisches Tourismus Institut) initiiert Saint Elmo’s Tourismusmarketing gemeinsam mit ProjectM und Kohl & Partner die mehrdimensionale „Zukunftsstudie Wintertourismus“ mit Erkenntnissen aus acht relevanten europäischen Herkunftsmärkten. Die Zwischenergebnisse wurden dieser Tage im Rahmen einer Digitalkonferenz präsentiert.

1) Gäste-Perspektive

Aus Perspektive der Gäste ergab die Studie interessante Erkenntnisse zu Reiseabsichten und -anforderungen. So sind die aktuellen Buchungen derzeit noch gering, die Buchungsabsicht jedoch relativ hoch. Mit 26 Prozent sind die 18-29-Jährigen die größte Gruppe, die im Winter verreisen möchte, aber bisher noch nichts Konkretes geplant hat. Bei den 60- bis 69-Jährigen liegt die Bereitschaft hingegen nur bei 10 Prozent. Bereits gebucht haben mit 4,7 Prozent wiederum am häufigsten die 18- bis 29-Jährigen.

Neben Skifahren spielen in der kommenden Wintersaison vor allem sanfte Bewegungsformen eine große Rolle wie Winterwandern, Rodeln oder Eislaufen. Martin Schobert vom Saint Elmo’s Tourismusmarketing Wien bringt dies mit den Worten „Nature Pleasure vor Socio Pleasure“ auf den Punkt.

Eine überdurchschnittlich große Rolle bei der Buchungsentscheidung spielen die getroffenen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen im Zielgebiet. Dass ihnen diese sehr wichtig bzw. wichtig sind, geben 69,9 Prozent der Befragten in Italien an. An zweiter Stelle liegen hier die befragten Deutschen mit 64,3 Prozent. Mit 39,6 Prozent legen die befragten Tschechen am wenigsten Wert auf Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen. Österreich und die Schweiz liegen mit 61,8 Prozent bzw. 50,7 Prozent im Mittelfeld.

2) Gastgeber-Perspektive

Das Stimmungsbarometer der Gastgeber – befragt wurden ausschließlich Betriebe in Ferienregionen, keine Stadt- und Kongresshotels – erlaubt folgende Schlüsse: Aktuell liegt der Buchungsstand für die Wintersaison bei einem Drittel im Vergleich zum Vorjahr. Die Befragung ergab, dass ein hoher Stammgastanteil von Vorteil für die Betriebe ist. Sicherheit und Vertrauen sind in der aktuellen Situation ausschlaggebend. Die Buchungen erfolgen extrem kurzfristig, die Gäste verhalten sich abwartend. Die Herausforderungen und Sorgen, die die Betriebe am meisten umtreiben, sind an erster Stelle die Grenzöffnungen (56,9 Prozent), gefolgt von Infektionen im eigenen Betrieb (50,5 Prozent). Die finanzielle Situation liegt mit 33,2 Prozent an vierter Stelle.

Aus gegebenem Anlass bereiten sich die Betriebe daher mit besonderen Maßnahmen auf die kommende Wintersaison vor. Ein individuelles Hygiene- und Sicherheitskonzept liegt hier mit 61,5 Prozent an erster Stelle der Maßnahmen (Mehrfachnennungen möglich). 28,2 Prozent führen verstärkte Covid-19-Testungen bei den Mitarbeitern durch, 25,4 Prozent intensivieren die Schulung ihrer Mitarbeitern. Immerhin 32,3 Prozent der befragten Betriebe geben an, keine speziellen Maßnahmen zu ergreifen und so weitermachen zu wollen wie bisher. Bei näherer Betrachtung der Zahlen ergibt die Befragung, dass Betriebe, die schon in der Sommersaison geöffnet hatten bzw. haben, sich bereits intensiver mit strategischen Fragen beschäftigen. Hotels, die erst zur Wintersaison eröffnen, sind wesentlich stärker mit operativen Themen wie der Einführung der Sicherheits- und Hygienemaßnahmen, rechtlichen Rahmenbedingungen und Mitarbeiterschulung ausgelastet.

Insgesamt gilt es, „Mut zum Preis“ zu zeigen und sich nicht durch die kurzfristigen Gästebuchungen und die daher unsichere Planbarkeit zu Niedrigpreisen verleiten zu lassen. Die Leistung in den Vordergrund zu stellen, aktiv und klar zu kommunizieren, Stammgäste verstärkt anzusprechen, da es am Stammgastmarkt weniger Kannibalisierung gibt, und sich nicht automatisch auf Revenue- und Yield-Management-Systeme zu verlassen, gehört ebenso zu den Aufgaben wie auch die strategische Weiterentwicklung mit einer klaren Positionierung und Differenzierung, um das Vertrauen des Gastes zu gewinnen. Denn – und hier ist sich die Expertenrunde einig – Vertrauen stellt die neue Gästewährung dar.

3) Destinations-Perspektive

Interessant für die Destinationen, Regionen und Urlaubsorte sind die Erkenntnisse der Befragung zum Thema Reisebudget. Nur bei insgesamt 9,8 Prozent der Befragten liegt das Budget niedriger oder viel niedriger im Vergleich zum Vorjahr. Bei weit über der Hälfte (59,1 %) ist das Budget auf einem ähnlichen Stand. 25 Prozent haben sogar mehr oder deutlich mehr Budget zur Verfügung, da weniger Städtereisen und Kurztrips durchgeführt wurden und Fernreisen nahezu vollständig weggefallen sind.

Im Ländervergleich in absoluten Zahlen liegt das Durchschnittsbudget für eine Woche Winterurlaub in den Bergen bei den Befragten in den Niederlanden bei 2.009 Euro, die damit Spitzenreiter sind. Über das niedrigste Reisebudget verfügen die Umfrage-Teilnehmer in Polen mit durchschnittlich 1.165 Euro.

Karin Niederer von Kohl & Partner ist sich sicher: „Tourismusmarketing wird sich radikal verändern. In Zukunft wird bis zum letzten Skitag um jeden Gast aktiv geworben und die Vorteile und Mehrwerte aus Gastsicht klar kommuniziert werden müssen.“

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