Über Overtourismus, Airbnb und neue Chancen
Welche Tourismus-Regionen werden in Deutschland von der Krise profitieren? Ist „Overtourism“ wirklich ein Thema? Und was ist den Urlaubern und Destinationen in der aktuellen Situation überhaupt zu empfehlen? Professor Dr. Pillmayer von der Hochschule München hat die Antworten.
Welche Regionen werden in Deutschland von der Krise profitieren?
Meines Erachtens werden diejenigen Regionen profitieren, die mittels geeigneter Maßnahmen ihren Gästen ein ausreichendes Sicherheitsgefühl vermitteln können. Dazu zählt u.a., die Auflagen zu berücksichtigen und glaubhaft zu vermitteln, dass diese vor Ort konsequent eingehalten und umgesetzt werden. Vertrauensbildende Maßnahmen sollten hierbei an erster Stelle stehen.
Profitieren von der momentanen Situation insbesondere Wohnungsvermittler wie Airbnb? Oder ist genau das Gegenteil der Fall?
Es profitieren insbesondere die Ferienhäuser und Privatunterkünfte, die zum klassischen Angebot von Airbnb zählen. Allerdings muss hier zwischen urbanen Destinationen – den Städten – und dem ländlichen Raum unterschieden werden. Während die Nachfrage in den Städten recht überschaubar ist, erfreuen sich die Angebote außerhalb der Ballungsräume eines steigenden Interesses. Darüber hinaus hat Airbnb schon recht früh auf die Herausforderungen mit der Pandemie reagiert.
Ist „Overtourism“ wirklich ein Thema?
Wir müssen hier differenzieren. Beobachtungen wie beispielsweise in Barcelona oder Venedig können wir in Deutschland nicht verzeichnen. Wenn dann sprechen wir von einem Overcrowding-Phänomen. D.h. bestimmte Regionen sind zu bestimmten Zeiten – bspw. an Wochenenden oder in Verbindung mit einem Brückentag – stark frequentiert. Die Herausforderung ist hierbei auch nicht der Übernachtungsgast, sondern der Tagestourist, der i.d.R. – vielleicht auch aus einer Sicherheitsüberlegung heraus – mit dem eigenen PkW anreist.
Nochmals zum Thema Overtourismus: Die Stadt Venedig bettelt derzeitig geradezu um Touristen, kündigt aber gleichzeitig an, kommendes Jahr eine Eintrittsgebühr für die Stadt zu erheben. Ist das aus Ihrer Sicht ein Widerspruch oder nur konsequent?
Es ist legitim, dass sich Destinationen ernsthafte Gedanken dazu machen. Hierzu muss aber jede Destination ihren eigenen Weg finden; Amsterdam hat bis auf Weiteres sein Auslandsmarketing eingestellt, Dubrovnik u.a. in Abstimmung mit der Kreuzfahrtbranche die Anzahl der Kreuzfahrtschiffe limitiert. In Cinque Terre dürfen Touristen keine Flip-Flops mehr tragen.
Was empfehlen Sie Urlaubern und Destinationen in Deutschland in der aktuellen Situation?
Die Destinationen und Betriebe möchten nach Möglichkeit den Umsatzausfall verständlicherweise kompensieren, die Reisenden endlich ihren wohlverdienten Urlaub genießen. An oberster Stelle sollte aber vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens nach wie vor Verständnis, Geduld und Rücksichtnahme stehen – und zwar auf beiden Seiten.
Professor Dr. Pillmayer ist an der Hochschule München Dozent an der Fakultät für Tourismus mit dem Fokus Destinationsmanagement, Entrepreneurship und Tourismuspolitik. Pillmayer studierte Geographie mit Schwerpunkt „Tourismus, Freizeit und Umwelt“ an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, bevor der gebürtige Münchner seine Karriere als Verantwortlicher für Marketing- und Qualitätsmanagement beim Tourismusverband München-Oberbayern e.V. begann.