Tui-Chef zeigt sich zuversichtlich
Die Erholung des Tourismus verläuft wegen der Corona-Lage zäher als vermutet. Für Tui-Chef Joussen hängt jetzt vieles an einer möglichst raschen „Durchimpfung“ – sofern genügend Menschen mitmachen. Auch die Rückzahlung erster Staatshilfen soll sich nicht unnötig in die Länge ziehen.
„Ich weiß nicht, was die Politik in den nächsten Wochen entscheidet“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur zur Diskussion über einheitliche Corona-Regeln und die Urlaubschancen im Land der „Reiseweltmeister“. „Was ich aber sehe, sind einige gute Signale und Entwicklungen – in Heimat- wie Zielländern der Kunden.“ In etlichen Regionen bestehe Grund zur Zuversicht: „Israel ist offen. In England ist die Inzidenz 30, es gibt nur noch wenige Sterbefälle. In den USA und Kanada zieht das Geschäft zurzeit am stärksten an.“
Der Touristikkonzern – im vorherigen Jahr schwer von der Pandemie getroffen und mit Milliarden vom Staat gerettet – muss 2021 wieder mehr Umsatz machen. Grundsätzlich gebe es trotz der wackligen Lage Hoffnungszeichen: Die mittelfristigen Buchungen für Reisen in drei bis fünf Monaten, aber auch einige Kreuzfahrten sind deutlich angestiegen in den letzten Wochen.
Aufschwung ab Pfingsten
Im März hatte Tui wieder Urlaub auf Mallorca angeboten. Daraufhin flogen viele deutsche Kunden auf die Balearen-Insel. Es hagelte viel Kritik, zumal daheim nach wie vor ein weitgehender Tourismus-Lockdown herrscht. Nun müsse noch zusätzlich die eher laue Periode nach den Osterferien überwunden werden, ehe ab Pfingsten die Hotels dann wieder voller werden.
Joussen bekräftigte, dass nicht nur mehr Tests, sondern vor allem mehr Impfungen entscheidend dafür sind. „Wir müssen die Durchimpfung schnell hinkriegen.“ Noch im April werde wohl auch in der Bundesrepublik bereits ein wachsendes Angebot vorliegen. „Wenn nicht alles völlig schief läuft, könnte es im Mai oder Juni dann eine erste Phase geben, in der es in Deutschland mehr Impfangebote als Impfwillige gibt.“
Neue Anleihe als „Duftmarke“
Auf dem Weg zur Rückzahlung erster Staatshilfen solle die Ausgabe der neuen Wandelanleihe eine mögliche Voretappe darstellen – vorausgesetzt die Buchungen und die entsprechenden Anzahlungen der Kunden kehren in den kommenden Monaten so zurück wie erhofft.
Das am Freitag ausgegebene Papier sei zweifach überzeichnet gewesen, berichtete Joussen. Einen Zinssatz von 5 Prozent am freien Markt könne man durchaus zufriedenstellend nennen. So lasse sich die Refinanzierung des Unternehmens leichter organisieren. Im Juli 2022 würden für Tui die ersten Kredite fällig. „Wir konnten jetzt eine Duftmarke dafür setzen, wie wir die Umschuldung hinbekommen.“
Joussen betonte, dass sich die Gesamt-Finanzierungslage schon weitaus weniger gefährlich zeige als noch vor einem Jahr. Dazu habe auch die Kapitalerhöhung im Januar beigetragen. Rückzahlungen an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds würden so bald wie machbar angepeilt – sie könnten „möglicherweise sehr schnell anlaufen, sobald das Geschäft wieder losgeht“.
Umbau trotz Krisenbewältigung
Tausende Menschen im Konzern sind derzeit noch in Kurzarbeit. Joussen schätzt, dass es im Fall einer Aufhellung über das Frühjahr wieder deutlich mehr Vollzeit-Beschäftigung geben kann. Parallel zur Krisenbewältigung müsse Tui indes auch den eigenen Umbau fortführen: „Wir wollen ab dem Geschäftsjahr 2023 dauerhaft 400 Millionen Euro pro Jahr einsparen, ohne Kompromisse beim Wachstum und bei der Qualität zu machen.“
Die Digitalisierung gehe voran, der mit den Gewerkschaften lange umkämpfte Kompromiss für Tuifly leiste wichtige Spar- und Strukturbeiträge. Hinzu komme die IT-Erneuerung. „Dabei werden zum Beispiel viele alte Systeme nach der Krise nicht mehr hochgefahren, die Prozesse laufen dann auf der neuen IT sukzessive wieder an.“
Ohne Krise sei das wohl noch nicht denkbar gewesen. „Wenn die Buchungen wieder stärker reinkommen und wir auch den Betrieb wieder richtig aufnehmen, dann müssen wir sehr schnell in der Lage sein, die Firma hochzufahren. Das Instrument der Kurzarbeit wirkt sehr gut.“
Kreuzfahrtgeschäft zeigt sich stabil
„Die Buchungen für das Ende des Jahres laufen gut. Die Kunden hoffen, dass die Pandemie dann vorbei ist.“ Kurz-Kreuzfahrten funktionierten bei den Reedereien in Europa, so Joussen. „Aber auch in den USA zieht die Nachfrage an.“ Etwas schwieriger zu beurteilen sei die Situation in vielen eigenen Hotels: „Die Auslastung hängt natürlich stark vom Zielland ab.“
Insgesamt gibt sich die Branche aktuell eher verhalten, sie stellt sich auf ein weiteres schwieriges Corona-Jahr ein. Die Buchungen für 2021 seien deutlich schlechter als die schon schlechten Zahlen vom Vorjahr, sagte Michael Frenzel, früher selbst Tui-Lenker und nun Chef des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft, der „Welt am Sonntag“: „Für die Sommersaison liegen die Buchungen gemessen am Umsatz um 76 Prozent unter den Zahlen im Vorjahreszeitraum.“ Im Frühjahr hätten die Stornierungen die Buchungen weiter übertroffen.
(dpa/MK)