So beeinflusst Corona den Tourismus
Der Tourismus ist zwar in der globalen Corona-bedingten Gesamtentwicklung letztlich nur ein „Stein“ im globalen „Wirtschafts-Ozean“ – freilich einer, der enorme Wellen schlägt. Die beispiellose Vernetzung des Tourismus mit anderen Branchen – in guten Zeiten stolz als Multiplikatorwirkung bezeichnet – entfaltet in einer Pandemie ihre ganze Dramatik in die entgegengesetzte Richtung und entfacht einen Sturm: Ohne Reisefreiheit kein Tourismus, damit aber auch kein Flugverkehr, keine Flughäfen, keine Handelsumsätze, keine Umsätze bei Vorleistern, keine Steuereinnahmen. Gerade weil der Tourismus als Primärsektor mit am stärksten von Corona betroffen ist, geraten auch diese Wechselwirkungen und „Infektionen“ anderer Wirtschaftsbereiche besonders heftig.
Aktuell erscheinen weltweit in großer Zahl erste Bewertungen der gesamtwirtschaftlichen und tourismusspezifischen Ausfälle durch Covid: Diese Berechnungen zeigen Ausfälle für Österreichs Tourismus im ersten halben Jahr zwischen 25 und 80 Prozent – je nach Region und Betriebstyp.
Von Jahrhundertsommer bis zum Totalausfall
Die Managementberatungsagentur conos konnte in der Zusammenarbeit mit ihren Kunden im gesamten Alpenraum über diese ersten Monate der Pandemie im Zeitraum Ende Mai bis Ende September folgende Entwicklungen feststellen:
- Ost schlug West: Die traditionell hohen Inlandsanteile der östlichen Bundesländer, gepaart mit den dort relativ geringen betrieblichen Kapazitäten entpuppten sich heuer als strategischer Vorteil.
- Top-Resorts und Chaletdörfer waren die Sieger: Zwei Betriebstypen hatten einen Jahrhundert-Sommer: Top-Ferienanlagen im 4S und 5 Sterne Bereich sowie luxuriöse Chalet(-dörfer) verzeichneten Sensationsauslastungen und -erträge und hatten vielfach den besten Sommer aller Zeiten – ohne Reisewarnungen ab Ende September wäre diese Entwicklung auch bis tief in den Herbst hinein weiter gegangen!
- Die Städte als lebende Tote: Allseits bekannt, in ihrer Dramatik aber beispiellos sei der Melt-down in Wien und praktisch allen Landeshauptstädten. Ohne internationale Märkte, ohne Kongresse, ohne Events ist deren Geschäftsmodell praktisch vollständig zum Erliegen gekommen, Reisewarnungen besorgten den Rest: Ausfälle von 80 und mehr Prozent lassen kein Wirtschaften mehr zu. Alleine in Wien aber auch in München seien über 50 Prozent der Hotel- und Gastronomie-Betriebe geschlossen; es bleibe unklar, wie viele davon für immer vom Markt verschwinden werden – mit allen wirtschaftlichen Konsequenzen für Betriebe, Mitarbeiter und Standortregionen.
Betrüblicher Ausblick
Ein Ausblick auf die nächsten Wochen und Monate aber auch Jahre gerät – aktuell – laut conos daher eher düster:
- Bestehende Reisewarnungen für auf Hauptherkunfts-Märkten als „Image-Träger“ wahrgenommene Regionen (namentlich Tirol und Wien) haben jedes Geschäft abrupt zum Erliegen gebracht. Der „pick up“ in den Beherbergungsbetrieben liegt vielfach bei „Null“. Nach einem noch sehr guten September wird der Oktober vielfach ein Totalausfall.
- Prognosen für den kommenden Winter seien seriös kaum anstellbar: Ginge man nach den Vorbuchungen würde er furchtbar; andererseits werden die Menschen auch in diesem Winter Berge, Schnee und Schi nicht missen wollen; sie werden sich wohl sehr kurzfristig entscheiden. Reisewarnungen bzw. deren Aufhebung werden zentrale „game changer“ in diesem Winter sein. Vor diesem Hintergrund gerät die immer wieder thematisierte Frage des „Après-Ski“ ohnehin zur Petitesse. Den Städten steht ein weiteres „Horror-(Halb-)jahr“ bevor, ist man bei conos sicher.
- Mittelfrist-Prognosen scheinen treffsicherer, jedoch ebenso wenig erfreulich: Es sei tatsächlich nicht davon auszugehen, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren auch nur annähernd Vor-Covid-Niveaus erreichbar werden. Für die Städte sei dieses Szenario noch gewisser als für die Land-Destinationen; man werde teils dramatische Marktbereinigungen erleben: Vieles werde zusperren und nicht mehr aufgehen; daran würden auch staatliche Hilfssysteme – die ja nicht ewig und ohne Limit bereitgestellt werden können – nichts ändern können.
„Weniger ist mehr“ statt „schneller – höher – stärker“
Covid mische die Karten in Gesellschaft und Wirtschaft wohl tatsächlich und nachhaltig neu: Jeder einzelne Mensch, jeder Unternehmer und nicht zuletzt die Politik werden laut dem beratungsunternehmen erkennen müssen, dass das Denken in immer neuen Rekorden – jedenfalls auf die nächsten Jahre – beendet sei: „Schneller – höher – stärker“ wird vorerst abgelöst durch „weniger ist mehr“.