Neustart für Wiens Tourismus
Wiens Tourismus steht seit Ausbruch der Coronakrise still. Zur Öffnung der Beherbergungsbetriebe für Freizeitgäste am 29. Mai präsentierten Bürgermeister Michael Ludwig, Finanzstadtrat Peter Hanke und Tourismusdirektor Norbert Kettner Maßnahmen zur Reaktivierung des Tourismus: Marketingseitig stellt die am 1. Juni im DACH-Raum startende Kampagne „Weltreise in Wien“ das Herzstück zahlreicher Aktivitäten dar. Die neu entwickelte „Experience Edition“ der Vienna City Card dient Gästen als Anreiz und soll die Frequenz in Wiens Tourismusunternehmen erhöhen. Gepaart mit „ivie“, der Begleiter-App durch Wien, soll sich die Stadt wie nie zuvor erkunden lassen. Neue mobile Tourist-Infos sollen die Beratung im Freien intensivieren. Auch Wiener will der WienTourismus als Zielgruppe ansprechen. Im Vorjahr besuchten rund acht Millionen Touristen die Stadt und sorgten für 17,6 Millionen Nächtigungen. Laut Hanke kostete Covid-19 Wiens Tourismuswirtschaft heuer 1,9 Milliarden Euro an Wertschöpfung, in Tourismus und Freizeitwirtschaft gehen 35.000 Jobs verloren. Mit einer Vielzahl an Maßnahmen will sich Wien nun gegen die Krise stemmen.
„Wien ist eine Weltreise wert“
Start der Kampagne „Weltreise in Wien“ erfolgt am 1. Juni digital, gefolgt von Out-of-Home-Sujets ab 15. Juni in Österreich und Deutschland sowie einer rein digitalen Kampagne in der Schweiz. Sie will Städtereisende abholen, die sich nach der Zeit der Isolation nach Begegnungen und Kulturerlebnissen sehnen, in ihren Möglichkeiten die Welt zu erkunden aber nach wie vor eingeschränkt sind. „Unsere Botschaft: Wien ist Kulturflaggschiff der Nation, Weltstadt und funktionierende Metropole mit Top-Standards – alles, was es für ein Urlaubserlebnis braucht. Ein Besuch in Wien ist so vielfältig wie eine Weltreise: Internationale Gastronomie, Architektur von Weltrang und große Meister der Kunst und Kultur lassen sich mit einer Reise erleben. Die grünste Stadt der Welt bietet genügend Raum, ist fußläufig erlebbar und ermöglicht damit ein Plus an Abstand, Sicherheit und Hygienestandards“, fasst Kettner zusammen.
In 0,80 Tagen um die Welt
Die Kampagnensujets greifen auf Motive von Sehenswürdigkeiten, Architektur oder Gastronomie zurück und thematisieren auf humorvolle Art, wie sich in nur wenigen Minuten von einem Land ins nächste reisen lässt – ohne Wien zu verlassen: Von Venedig (Dogenhof) nach Athen (Theseustempel im Volksgarten) braucht man weniger als 15 Minuten, aus Frankreich (Bistrot „La Mercerie“ in der Servitengasse) nur eine halbe Stunde in die Tropen (Palmenhaus im Schlosspark Schönbrunn). Von Japan (Friedenspagode Wien) nach Russland (Russisch-Orthodoxe Kathedrale zum Heiligen Nikolaus) dauert die Reise gerade mal 35 Minuten, die orientalisch anmutende Zacherlfabrik im 19. Bezirk lockt mit „Einreise erlaubt“. (https://weltreise.wien.info)
ivie, der digitale Wien-Begleiter startet
Einmal in der Stadt, haben Besucher ab sofort einen neuen Begleiter an ihrer Seite: Die App „ivie“ führt als persönlicher Guide zu Highlights und Geheimtipps, definiert Storytelling abseits gängiger Reiseführerkost neu und zeigt ein Wien, wie man es noch nicht gesehen hat. Für Wiener auf „Staycation“ nicht minder attraktiv, will ivie nützliche Informationen für alle Lebenslagen bringen, vom Trinkbrunnen bis zum WC, schlägt Aktivitäten in unmittelbarer Nähe vor und führt durch themenspezifische Stadtrundgänge. (https://apps.apple.com/at/app/ivie-wien-guide/id1486840263, https://play.google.com/store/apps/details?id=at.vienna.ivie)
VCC „Experience Edition“: Kuratierte Erlebnisse, regionale Wertschöpfung
Mit der „Experience Edition“ der Vienna City Card kommt im August ein völlig neues Angebot in den Verkauf: Rein digital und zugleich als Zusatz-Feature von ivie nutzbar bietet die Erlebniskarte kuratierte, teils sogar exklusiv und nur über die Experience Edition verfügbare Aktivitäten wie Sonderführungen. Spezial-Rabatte wie etwa 20 Prozent Nachlass bei ausgewählten Gastronomiebetrieben sind ebenso inkludiert. Sie wird um 25 Euro zu haben und ein ganzes Jahr gültig sein. „Mit ivie und der Experience Edition sprechen wir gezielt Gäste und Wiener an. Das schafft Mehrwert und unterstützt die lokale Wirtschaft in einer Zeit, in der Hilfe besonders notwendig ist“, so Kettner. In der laufenden Untersuchung der Tourismusgesinnung der Wiener Bevölkerung hat der WienTourismus gefragt, ob die Wiener für einen Urlaub daheim zu haben wären: 21 Prozent der Befragten gaben an, eine so genannte „Staycation“ als attraktiv zu empfinden. Die „Experience Edition“ mache den Heimurlaub zum Erlebnis.
Keine Meetings: 100 Mio. Euro Wertschöpfungs- & Steuerverlust im Monat
Durch den Ausfall von Kongressen, Firmentagungen und Incentives in Wien verliert ganz Österreich derzeit eine monatliche Wertschöpfung von rd. 80 Millionen Euro, an Steuereinnahmen bleiben ca. 22 Millionen Euro aus. Wiens Hotellerie gehen rund 120.000 Nächtigungen im Monat verloren, so die Hochrechnung auf Basis des Event Model Austria von Dr. Martina Stoff-Hochreiner. Kettner: „Lockerungen für kleinere Veranstaltungen stimmen zuversichtlich, doch bei Großveranstaltungen mit mehrmonatigen Vorlaufzeiten wird die Branche perspektivenlos im Regen stehen gelassen. Das konterkariert unsere Akquise-Bemühungen, die für 2021 bereits erste Früchte tragen würden – sogar Meeting-Anfragen aus Asien in der Größenordnung von über 1.000 Personen liegen bereits vor. Eine Kommunikationskampagne mit Themen aus Wirtschaft und Innovation ist in Vorbereitung – doch ohne Planungssicherheit kann Wiens Meeting-Industrie nicht arbeiten“, so Kettner.
Tourismus um zehn Jahre zurückgeworfen
Der März brachte mit 377.000 Nächtigungen ein Minus von 70,6 Prozent, der April mit 29.000 Nächtigungen einen Totalausfall (-98,2%). Jänner bis April 2020 zählen kumuliert mit 2.564.000 Nächtigungen ein Minus von -46,8 Prozent. „Aktuell gehen wir heuer von einem Rückgang von 40 Prozent bei den Nächtigungen und 50 Prozent beim Umsatz für 2020 aus – im günstigsten Fall. Das würde 10 Mio. Nächtigungen und 500 Mio. Euro Nächtigungsumsatz bedeuten, was in etwa dem Niveau von 2008 entspricht. Wir werden um über zehn Jahre zurückgeworfen“, erklärt Kettner. Ein Blick auf andere Märkte zeigt, dass Wien nicht alleine dasteht: STR Global prognostiziert etwa für den US-Markt, dass der RevPar (Umsatz pro verfügbarem Zimmer) im Jahr 2021 immer noch um 37 Prozent unter dem Wert des Jahres 2019 liegen wird und damit – selbst bei wieder steigender Auslastung – unter dem Niveau des Jahres 2010.
Pendel zwischen Restriktion und Lockerung
„Wir werden alles daransetzen, wieder an alte Stärken anzuknüpfen. Ich bin mir sicher: Wir werden wieder auf 17 Herkunftsmärkten global aktiv sein!“, ist Kettner zuversichtlich. „Die kommenden Monate, wohl Jahre, werden allerdings von einer neuen Art der Wirtschaft geprägt sein: einer On-/Off-Wirtschaft, wenn Ausbrüche von Covid-19 zumindest lokal wieder zu Einschränkungen führen. Einer Low-Touch oder No-Touch-Wirtschaft bzw. einer 1-Meter-Abstand-Wirtschaft, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten.“ Eine Phase der Resilienz sei erst mit der Entwicklung eines Impfstoffes zu erwarten. Umso wichtiger, so Kettner, erweisen sich die Auslandsbüros der Österreich Werbung: „Sie werden in der Reaktivierung des Tourismus eines der größten Assets sein, die uns international zur Verfügung stehen.“
DACH-Region: Knapp 40 Prozent des Wiener Nächtigungsaufkommens
„Die Ankündigung einer Grenzöffnung zu Deutschland und zur Schweiz Mitte Juni sowie entsprechende Signale bezüglich anderer Nachbarländer lassen Hoffnung aufkommen, wenngleich das zu erwartende Aufkommen Wiens Betten nicht auslasten kann“, bleibt Kettner realistisch. Zum Vergleich: 39 Prozent aller Nächtigungen in Wien kamen 2019 aus der DACH-Region. „Wir setzen Aktivierungsmaßnahmen, wo Reisen derzeit möglich ist, lassen zugleich unsere globalen Herkunftsmärkte aber nicht fallen.“ Nach dem Motto ‚Always on‘ zeigt Wien auf seinen digitalen Kanälen weltweit Präsenz.