Hallstatt zieht die Notbremse
Von Palma de Mallorca über Barcelona bis Venedig: In immer mehr Städten machen die Bewohner gegen den ausufernden Touristenansturm mobil. Auch die kleine Gemeinde Hallstatt im oberösterreichischen Salzkammergut schlägt jetzt Alarm. „Hallstatt is no museum“, steht auf der Hinweistafel an einem Garagentor. Am Geländer auf der anderen Straßenseite ist die Aufschrift „Point of Silence“ angebracht. Doch von Ruhe ist hier bei einem Lokalaugenschein der Tageszeitung „Kurier“ keine Spur: Zahlreiche Besucher rekeln sich mit ihren Selfie-Sticks in der Hand, um Erinnerungsfotos zu machen mit der malerischen Kulisse im Hintergrund. Doch den Einheimischen reicht es langsam. Eindringlinge in den Gärten, unerlaubte Drohnenflüge und liegengelassener Müll: Der Massentourismus habe am Hallstätter See mittlerweile ein unerträgliches Maß erreicht.
Feindbild Busgruppen
„Es leidet das ganze Ortsleben unter dem Tourismus“, meint Kommunalpolitikerin Siegrid Brader, die sich für einen verträglichen Tourismus in dem kleinen Ort stark macht. Als Problem sehen sie und ihre Mitstreiter von der Liste „Bürger für Hallstatt“ nicht die Nächtigungsgäste, sondern die unzähligen Gruppen, die in Bussen anreisen, kurz den Ort besichtigen und wieder abreisen. „Der Stundentourismus vertreibt den Gast, der länger bleiben würde“, meint Brader zum Kurier.
Spätestens seit 2011 publik wurde, dass in China eine Kopie des ganzen Ortes errichtet wird, ächzen viele Bewohner der 770-Seelen-Gemeinde unter einem regelrechten Ansturm von Touristen, vor allem aus Asien. Das spiegelt sich auch in einer Reisebus-Statistik in Hallstatt wider: Parkten 2010 noch 3440 auf den bewirtschafteten Plätzen der Marktgemeinde, waren es im Vorjahr bereits 16.495. Schätzungen gehen von bis zu 900.000 Tagesgästen im Jahr aus.
Nun dürfte im Ort die Schmerzgrenze endgültig überschritten worden sein: Der Besucherandrang soll künftig reguliert werden. Ziel ist es, in den kommenden Monaten mithilfe von Experten und unter breiter Beteiligung der Bevölkerung ein Verkehrskonzept zu erarbeiten. Ein System, wie es kürzlich in der Stadt Salzburg eingeführt wurde, ist dabei denkbar: Dort müssen Reisebusse vorab Tickets lösen, die zur Zufahrt innerhalb einer bestimmten Zeitspanne berechtigen.
Wollen kein Museum werden
Für Bürgermeister Alexander Scheutz ist offen, wie die Touristenströme letztlich begrenzt werden. Ihm sei nur wichtig, dass Besucher weiterhin gerne gesehen werden und sich wohl fühlen. „Ich will nicht haben, dass es uns so geht wie in Barcelona, wo Leute ,Tourist go home‘ auf die Straße sprühen. Das darf nicht sein“, wird er im Kurier zitiert. Drehkreuze wie in Venedig oder einen kostenpflichtigen Eintritt lehnt der Bürgermeister unter Verweis auf bereits bestehende Toiletten- und Parkgebühren kategorisch ab. „Dann wären wir wirklich ein Museum“, sagt Scheutz. (Kurier/CK)