Halal-Reisen boomen
Lauter Massentourismus à la Ballermann oder Pattaya ist nicht jedermanns Sache. Vor allem für viele muslimische Reisende ist diese Art von Urlaub ein Problem. Und nicht nur für sie. Auch immer mehr Nicht-Muslime suchen „Sitte und Anstand“ im Urlaub. „Genießen Sie einen konservativen Urlaub mit Ihrer Familie“, bewirbt daher etwa die Reiseagentur Suaytour mit Hauptsitz in München diese Zielgruppe. Suaytour bedient 3.500 Agenturen in sechs Ländern und betreibt sogar für die 18 Millionen Muslime in Russland eine Niederlassung in Moskau. Der Umsatz des Unternehmens beträgt bereits 40 Millionen Euro. Feyruz Dursun, CEO von Suaytour, sagt, er habe keine Absatzprobleme, aber zu wenig Hotels und Flieger und es gäbe zu wenig Investoren. Er setzt auf „Mund-zu-Mund-Werbung“ und auf Messeauftritte.
Das durch das Internetmarketing bekannte „HalalBooking.com“ in London ist Marktführer bei islamkonformen Reisen in Europa. Dort sind die Deutschen nach den Briten und Franzosen die drittgrößte Gruppe der Reisenden. Marketing-Fachfrau Rebecca Widrig, bei „HalalBooking.com“ („halal“ ist der arabische Begriff für „erlaubt“, Anm.) zuständig für das deutschsprachige Europa, sagt: „Nicht-Muslime buchen auch über unsere Plattform, insbesondere, weil ihnen die frauenfreundlichen oder familienfreundlichen Anlagen gefallen. Viele möchten gerne einen Urlaub in einer ruhigen und privaten Umgebung verbringen. Auf Nicht-Muslime zielen unsere Marketingaktivitäten noch nicht, doch es gibt auch von dieser Gruppe Buchungen, weil sie unsere Betreuung schätzen.“
Smartphone-Verbot im Badebereich
Suaytour nennt konkrete Zahlen. 16 Prozent der Kunden seien wertebewusste Nicht-Muslime. Weitere vier Prozent seien Freunde von Deutschtürken, die einmal probieren wollen, wie es sich in einem Halal-Hotel in der Region Antalya lebt. Noch höher schätzt Recep Aydin vom Reisebüro KAM 2000 in Duisburg die Zahl seiner nicht muslimischen Kunden, meist wohnhaft in Nordrhein-Westfalen. Es seien knapp 30 Prozent mit steigender Tendenz. Wichtig sei Gästen solcher Hotels etwa, dass grundsätzlich im Bade-Bereich, bzw. in den Bereichen, in die sich Frauen ohne Kopftuch oder in Badekleidung begeben, in kontrollierter Art und Weise auf Smartphones verzichtet wird.
Vor einigen Jahren hat HalalBooking.com auf seiner Website eine Filterfunktion eingeführt. Kunden können ihre Suche je nach Verfügbarkeit von Pool, Strand- und Wellnesseinrichtungen nach „nur für Frauen“, „Halal-Speisen“ oder „kein Alkohol“ filtern, um sich somit das Ausmaß an Halal-Freundlichkeit auszusuchen und den Urlaub je nach individuellen Ansprüchen zu buchen.
Erste Halal-Messe
Wie verändern muslimische Reisende den Tourismus? Dieser Frage geht unter anderem die Konferenz im Rahmen der „Halal Hannover“ nach. Denn die Tourismusindustrie stellt sich immer mehr auf den weltweit wachsenden Halal-Tourismus ein – auch in Deutschland. Diese Messe will der Halal-Industrie vom 6. bis 8. März eine neue Plattform für den geschäftlichen und fachlichen Austausch bieten. Bei der Erstveranstaltung wird sich alles um halal-konforme Lebensmittel, Getränke, Kosmetikprodukte und Reisen drehen. Ein internationales Konferenzprogramm und eine gastronomische Sonderfläche sollen die Veranstaltung abrunden. Infos: https://halal-messe.de/ .