Entwicklung

Ahrtal: Veränderungen und Neuanfänge

Steigenberger Hotel in Bad Neuenahr
Das Steigenberger Hotel in Bad Neuenahr ist seit Juli 2024 wieder eröffnet, andere Hotels sind noch immer in der Sanierungsphase. (Foto: © picture alliance/dpa/Thomas Frey)
Vor fast vier Jahren kam es zur Katastrophe in der beliebten Touristenregion. Während inzwischen ein Großteil der Hotellerie und Gastronomie wieder eröffnet wurde, ist der Wiederaufbau noch lange nicht abgeschlossen – besonders im Bereich der Infrastruktur.
Mittwoch, 26.03.2025, 12:38 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Beim Wiederaufbau des Tourismus im Ahrtal wird nicht nur Altes rekonstruiert, sondern es entsteht auch Neues. Unternehmer aus der Region sehen trotz aller Erfolge noch Schwierigkeiten.

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Der Weg ist noch lang

Dauerbaustelle im beliebten Touristengebiet: Fast vier Jahre nach der tödlichen Flutkatastrophe wirbt das Ahrtal um Touristen, während Hotels, Restaurants und Co. teils noch wieder aufgebaut werden. Millionen sind in die Region geflossen, einiges erstrahlt in neuem Glanz und doch ist noch ein jahrelanger Weg zu gehen. 

Für den Wiederaufbau von Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben im Ahrtal nach der Flut wurden nach Angaben der Landesregierung bislang 147 Anträge auf Aufbauhilfe mit einem Gesamtvolumen von fast 89 Millionen Euro bewilligt (Stand: Dezember 2024). Dabei handelt es sich um Geld aus dem von Bund und Ländern zur Verfügung gestellten Wiederaufbaufonds. Die verlängerte Frist für Anträge endet im Juni 2026. 

Vieles ist wieder aufgebaut

Nach Angaben der Landesregierung sind 85 Prozent der von der Katastrophe betroffenen touristischen Betriebe inzwischen wiederaufgebaut. Etwa drei Viertel der davor verfügbaren Bettenkapazitäten stünden wieder zur Verfügung, ergänzte der Geschäftsführer von Ahrtal-Tourismus, Andreas Lambeck. Bei den Übernachtungen seien 55 Prozent des Niveaus von vor der Katastrophe wieder erreicht. 

Im Sommer vor fast vier Jahren zerstörte die Flutkatastrophe viele Gebiete des Ahrtals. 135 Menschen starben in der Region, Tausende verloren ihr Zuhause. Gebäude wurden überschwemmt, Brücken weggerissen. Seitdem hat auch der Tourismus zu kämpfen. 

Unsichere Gäste 

Bei inhabergeführten Gastbetrieben gehe die Wiedereröffnung oft mit einem Generationenwechsel einher, sagte Lambeck. Von den großen vor der Flut im Tal ansässigen Hotelunternehmen seien alle wieder zurück oder planten die Rückkehr. Bereits wieder geöffnet hat das Steigenberger Hotel in Bad Neuenahr-Ahrweiler, das dortige Dorint-Hotel ist im Wiederaufbau. Solch große Häuser seien auch für den Kongress-Tourismus wichtig, sagte er. 

Im Hotel Rodderhof in der Altstadt von Ahrweiler stand das Wasser bei der Flut im Erdgeschoss 1,80 Meter hoch, erinnert sich Geschäftsführer Daniel Hempen. „Somit waren das komplette Erdgeschoss sowie das Kellergeschoss zerstört.“ Ein Jahr nach der Katastrophe konnten Hempen und sein Team wiedereröffnen. 

In den ersten Jahren sei die Sensibilisierung der Gäste sehr aufwendig gewesen. „Weil viele in den ersten Monaten, Jahren natürlich irgendwo die Angst hatten, als Katastrophentouristen verschrien zu werden, und da musste sehr viel Überzeugungsarbeit geleistet werden“, sagte er. 

Infrastruktur muss noch weiter ausgebaut werden

Das Ahrtal sei nach wie vor eine hochinteressante Region. „Dieser Wiederaufbau wird noch viele Jahre dauern. Und man hat natürlich jetzt Möglichkeiten, diese Region beim Wiederaufbau zu begleiten“, sagte Hempen. Das Einzige, das noch fehle, sei die Infrastruktur, damit „zum Beispiel bald der Fahrradtourismus wieder zu uns kommen kann“. Ein Meilenstein werde im kommenden Jahr erreicht, wenn wieder große Teile des Ahrradwegs befahrbar seien, sagte Lambeck vom Ahrtal-Tourismus. 

In der Infrastruktur sieht auch Dirk Stephan, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr, das größte Problem. Der Tourismus sei vor der Flut sehr gut, das Ahrtal sehr gut besucht gewesen, sagte er. 

„Keine Bahn, keine Radfahrwege. Die Straßen werden jede Woche aufgerissen, zugemacht und der nächste Abschnitt wird dann quasi bearbeitet“, sagte er. „Das ist natürlich für den Tourismus nicht so schön.“ Die Räume der Winzergenossenschaft seien bei der Flut ebenfalls stark beschädigt, teils zerstört worden. „Wir sind mit rund 20 Millionen Euro geschädigt“, sagte Stephan. 

Straßenbau und Bahn ziehen nach

Auf den Straßen im Ahrtal sind die Bauarbeiten auch täglich zu spüren. Vor allem auf der schmalen Straße direkt neben der Ahr sind oft Baustellen-Ampeln aufgestellt und das Tempo per Schild gedrosselt. 

An der Ahrtalbahn wird zurzeit noch gearbeitet. Die Tunnel mussten teils vergrößert werden, Brücken neu gebaut. Der 14 Kilometer lange Abschnitt zwischen Walporzheim und Ahrbrück wurde bei der Flut völlig zerstört. Der erste Streckenabschnitt der Ahrtalbahn von Remagen bis Walporzheim ist bereits seit Ende 2021 wieder in Betrieb. Ende dieses Jahres sollen auch auf der Strecke mit den fünf Tunneln wieder Züge fahren. 

Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) sagte, das Ahrtal ziehe inzwischen auch jüngere Besucher an als früher. Neben jungen Familien spreche es gezielt auch sportbegeisterte Menschen an. Der Geschäftsführer vom Ahrtal-Tourismus Lambeck rechnet damit, dass der touristische Wiederaufbau noch acht bis zehn Jahre in Anspruch nehmen wird.

(dpa/CHHI)

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