Was Hotels aus dem Google-Test lernen können
Herr Theberath, was hat Google eigentlich getestet?
Viele erinnern sich noch an die Zeiten der „10 blauen Links“ bei Google – eine Ära, die inzwischen Geschichte ist. Die organische Suche hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Heute sehen wir eine Vielzahl von SERP-Features, die es Google ermöglichen, den Nutzer in der Suchergebnisseite zu halten, zum Nachteil von Webseiten-Betreibern.
Im Rahmen des Digital Markets Act (DMA) hat Google in Deutschland getestet, das sogenannte „Local Pack“ (ein Google-Maps-Karten-Feature) bei Suchanfragen wie „Hotel+[Stadt]“ nicht mehr anzuzeigen. Dieser Test startete am 26.11.2024 mit einer Dauer von gut zwei Wochen.
Und was halten Sie von diesem Test?
Diese Veränderung sehe ich durchaus kritisch, da sie die Sichtbarkeit unabhängiger Hotels stark eingeschränkt hat und dies weitreichende Folgen für Hotels hatte.
Die Intention dahinter war deutlich: eigene Google-Dienste (hier: Google Maps) zu schwächen und Websites von Unternehmen zu stärken. Auf den ersten Blick klingt das positiv. Allerdings haben in der Praxis vor allem Portale und Vergleichsseiten profitiert, da diese in der Regel für solche Suchanfragen ein besonders gutes Ranking haben. Hotel-Webseiten – sei es von großen Hotelketten oder kleinen Einzelhotels – haben dadurch ihre Position im Local Pack verloren und dürften daher eher benachteiligt worden sein.
Offen gesagt, hatten wir bereits mit einer rückläufigen Anzahl an Webseitenbuchungen und somit auch mit einem Rückgang von Buchungen auf hoteleigenen Websites gerechnet. Dies ist nun ja auch eingetreten, wie Oliver Bethell, Leiter der Rechtsabteilung von Google, bestätigt hat, wir es aber auch in den eigenen Daten gesehen haben.
Und woran liegt das jetzt genau?
Konkret steigen ja erst einmal alle „normalen“ Suchergebnisse weiter nach oben, wenn das prominente Local Pack nicht mehr angezeigt wird. Hoteliers könnten denken: „Super, dann sind wir jetzt besser auffindbar“ – was jedoch oft ein Trugschluss ist. Unsere Erfahrungen in der Branche zeigen, dass sich auf der ersten Seite der Suchergebnisse nur wenige Hotelwebseiten befinden. In den Bereichen, in denen Hotels normalerweise erst auftauchen, verirren sich die wenigsten Nutzer, Klicks kommen kaum zustande. Somit verlieren Hotels eher ihre prominente Stellung in den Suchergebnissen.
Unsere Daten belegen, dass das Local Pack für Hotel-Webseiten ein wichtiger Traffic-Lieferant war. Wer dort gute Rankings hatte, konnte dies während der Tests in seinen Zahlen merken. Daher sind die Anzahl der Webseiten-Besucher und somit auch die Zahl der Buchungen über die eigene Seite zurückgegangen. Die Messbarkeit ist hier ein schwieriger Punkt, da nicht immer individuelle URLs im Local Pack hinterlegt werden und diese URLs oft auch an anderen Stellen oder in anderen SERP-Features verwendet werden. Zudem ist die Veränderung sehr individuell davon abhängig, wie viele Nutzer bisher darüber akquiriert wurden. Verantwortliche sollten ihre Erfolgskennzahlen daher unbedingt immer im Blick behalten.
Ein fairer Wettbewerb wurde durch den Google-Test also doch wieder eingeschränkt?
Ein fairer Wettbewerb sollte für alle Marktteilnehmer angestrebt werden. Die Idee des Digital Market Acts (DMA) ist grundsätzlich positiv, da er einen fairen Wettbewerb fördern soll. In der Theorie sollte er dafür sorgen, dass große Plattformen wie Google ihre Marktmacht nicht zu Lasten kleinerer Anbieter ausnutzen.
Betrachtet man die bisherige Ausgangslage, so handelte es sich bei den Tests definitiv um eine neue Einschränkung zugunsten von Portalen im Vergleich zu Hotels. Denn diese „kleineren Anbieter“ sind nicht etwa die Hotels, sondern die großen Plattformen, Booking, Check24, Trivago, Expedia und so weiter. Hotels haben lange davon profitiert, dass Google hier den eigenen Dienst (Google Maps) bevorzugt ausgespielt hat.
Die Hotelbranche erholt sich derzeit zwar von den Folgen der Pandemie, steht jedoch gleichzeitig vor erheblichen Herausforderungen: Energiekosten, Personalkosten und zunehmender Wettbewerbsdruck, um nur einige zu nennen. Die Umsetzung des DMAs stellt einen weiteren Faktor dar, da sie die Abhängigkeit der Hotels von großen Plattformen verstärkt.
Wie sehen Sie die Zukunft des digitalen Marketings für die Hotellerie, wenn solche Änderungen von Google die Sichtbarkeit von Hotels so sehr beeinflussen können?
In jeder Branche gibt es laufend geänderte Marktbedingungen. Das bedarf laufender Anpassung an den Markt. Je breiter die Digitalstrategie ist und umso weniger sich Hotels von einzelnen Faktoren abhängig machen, desto geringer sind die Einschnitte solcher Entwicklungen.
Wir können dies auch als Weckruf für die Branche betrachten, das Thema Online-Vermarktung strategisch anzugehen und sich von einem Klumpen-Risiko zu befreien. Wenn der Online-Erfolg eines Hotels bisher nur vom Local Pack abhängig war, dann ist in der Vergangenheit bereits etwas schiefgelaufen. Das gilt es, jetzt zu korrigieren.
Langfristig gehe ich fest davon aus, dass Hotels gute Chancen haben, Sichtbarkeit in Suchmaschinen zu generieren und dass dies weiterhin ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Konkret bedeutet das: Suchmaschinenoptimierung bietet abseits des Local Packs viele weitere Möglichkeiten, Kunden zu akquirieren. Dafür muss aber auch der gesamte Online-Marketing-Mix stimmen.
Was können Hotels denn tun, um bei Google gut sichtbar zu sein und gut gefunden zu werden?
Nach der Definition von Zielen und dem Marktumfeld setzt Suchmaschinenoptimierung bei der Analyse von Potenzial und Zielgruppen an. Darauf basierend werden Analysen durchgeführt und Strategien erarbeitet. Nutzer suchen nachweislich verstärkt mit lokalem Bezug und die Hotellerie muss hier ihren Teil vom Kuchen abbekommen. Ob große Kette oder kleines Einzelhotel – jeder hat in seinem Spezialgebiet oder gezielt in Nischen die Chance, durch Optimierung Marktanteile in Suchmaschinen zu erlangen. Der lokale Faktor ist hier also deutlich relevanter als in anderen Branchen.
Die lokale Optimierung lässt sich grob in zwei Bereiche unterteilen: „Google My Business“-Optimierung und lokale Inhalte auf der eigenen Webseite.
Google My Business: Nutzer suchen nicht nur in den klassischen Suchmaschinen mit lokalem Bezug, sondern beispielsweise auch direkt in Google Maps. Dort profitieren Hotels ebenfalls von einer guten Optimierung, wenn sie dadurch gute Rankings erzielen. Zudem sehen wir in der Branche derzeit einen Trend zu neuen Suchmaschinen, die die Suche mit künstlicher Intelligenz anreichern oder vollständig auf generativer KI basieren. Auch diese KI-Suchmaschinen greifen auf Inhalte aus Kartendiensten zu. Eine gute „Google My Business“-Optimierung kann also auch hier zur Generierung von mehr Marktanteilen führen.
Eigene Webseite: Noch wichtiger ist aber die eigene Webseite, über die Unternehmen die vollständige Hoheit haben. Hier müssen passgenaue Inhalte für spezifische Suchanfragen erstellt werden. Nutzer suchen nicht nur nach „Hotel München“, sondern beispielsweise auch nach „Familienhotel München Zentrum“. Die Suchanfragen sind zwar seltener, aber auch aus detaillierteren Suchen ergeben sich spannende Potenziale. Damit Hotels hier sichtbar werden, muss jedoch relevanter Content auf der Webseite vorhanden sein. Daran mangelt es in der Praxis oft.
Bei diesen Punkten handelt es sich nur um zwei von vielen Ansätzen zur Verbesserung der Sichtbarkeit. Es gibt kein „Blueprint“, der für alle Hotels funktioniert. Unterschiedliche Ziele, verschiedene Zielgruppen und Alleinstellungsmerkmale erfordern individuelle SEO-Strategien. Gleichzeitig ist es wichtig, Google als Ganzes zu betrachten. Wer keine klare Strategie aus der Kombination von Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Suchmaschinenwerbung (SEA) verfolgt, wird es schwer haben. Hoteliers sollten sich also nicht entmutigen lassen – der Markt bietet reichlich Potenziale.
Und welche Maßnahmen halten Sie für sinnvoll und notwendig, um die Balance zwischen großen Online-Plattformen und unabhängigen Hotels zu wahren?
Es gibt sicherlich eine Reihe verschiedener Ansätze, um die Balance zwischen großen Online-Plattformen und unabhängigen Hotels zu wahren, wobei Regulierungen nur eine Möglichkeit sind. Persönlich glaube ich, dass es schwierig ist, diesen Markt durch Regeln und Zwänge fairer zu gestalten. Google verfügt über eine sehr starke Marktmacht, die offensichtlich zu eigenen Gunsten ausgenutzt wird. Eine Schwächung von Google hätte jedoch sicher nicht nur Vorteile für die Branche. Eine stärkere Fragmentierung des Marktes könnte den Aufwand für die Gewinnung neuer Kunden ebenso deutlich erhöhen.
Regulierungen können aber auch Branchen-Plattformen betreffen. Ein erster Schritt wurde hier bereits mit der Abschaffung von Paritätsklauseln gemacht. Ein weiterer Ansatz wäre die Transparenz auf den Plattformen selbst. Das Eigeninteresse der Plattformen könnte für die Nutzer transparenter gemacht werden. Viele stellen sich sicherlich Fragen wie: „Nach welchen Kriterien wird die Reihenfolge der Hotels bestimmt?“ oder „Welche Provisionen erhalten die Anbieter?“
Daten sind das neue Gold. Plattformen generieren Daten über Nutzer und haben oft eine Datenhoheit. Das erschwert es Hotels, eine langfristige Kundenbeziehung aufzubauen. Die Anzahl neuer Kunden ist begrenzt, der Customer Lifetime Value ist von entscheidender Bedeutung. Plattformen könnten daher dazu angehalten werden, ihre Daten zumindest teilweise mit Hotels zu teilen.
Die Hotellerie kann sich jedoch nicht auf Regulierungen verlassen und auf Änderungen von Gesetzen hoffen. Es muss gehandelt werden – Anbieter können nicht nur reagieren. Hotels müssen eigene Strategien entwickeln, um im schwierigen Marktumfeld zu bestehen. Investitionen in Technologien und die eigene Website, attraktive Kundenbindungsprogramme, Kooperationen zwischen Hotels sowie die Förderung direkter Buchungen durch gezielte Online-Marketing-Maßnahmen sind nur einige der notwendigen Schritte. Auch wenn dieser Test nun beendet ist, nach dem Test ist vor dem Test: Die Hotelbranche muss jetzt aktiv werden!
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Theberath!
(SAKL)