Wandel

Hotelsterne verlieren an Bedeutung

Hotelschild an einer Fassade
Immer weniger Hotels legen offensichtlich Wert auf eine Sterne-Klassifizierung.(Foto: © OceanProd/stock.adobe.com)
„Die Bewertungen sind aus der Zeit gefallen“, sagt Tourismusforscher Harald Zeiss. Vielmehr setzen Unterkünfte ihren Fokus zunehmend auf Bewertungsportale im Internet. Das liegt zum einen an der voranschreitenden Digitalisierung, hat aber auch noch mehr Beweggründe. 
Montag, 10.03.2025, 08:41 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Immer weniger Hotels und Ferienunterkünfte sind in Deutschland noch mit Sternen zertifiziert. Wie aus Zahlen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) und des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) hervorgeht, ist die Zahl der klassifizierten Betriebe in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung habe sich das Informations- und Buchungsverhalten verändert, sagt der Geschäftsführer des DTV, Norbert Kunz. Ferienunterkünfte würden heute überwiegend im Internet gesucht. Siegel mit überprüfter Qualität würden durch Bewertungen von Nutzern auf Online-Portal ergänzt. 

Deutlicher Rückgang 

Nach Angaben des DTV gab es im Jahr 2010 noch knapp 66.000 zertifizierte Ferienhäuser oder -wohnungen. Aktuell seien es noch knapp 23.500. Auch bei den mit Sternen zertifizierten Hotels ist dieser Rückgang zu spüren und auf den niedrigsten Stand der vergangenen 15 Jahre gesunken.

2011 waren nach Angaben des Dehoga etwas mehr als 8.200 Hotels mit Sternen ausgezeichnet, 2025 sind es rund 6.300, davon etwas mehr als 100 in Sachsen-Anhalt. Auch der Anteil an allen Hotels in Deutschland sank von rund 60 Prozent im Jahr 2015 auf etwa 50 Prozent im Jahr 2022. 

Sachsen-Anhalt ist Schlusslicht

„Die Teilnahmebereitschaft an der Hotelklassifizierung ist in Sachsen-Anhalt weiter gesunken“, heißt es in einer kürzlich veröffentlichten Studie des Tourismusverbandes Sachsen-Anhalt. 2024 seien 16,4 Prozent weniger Betriebe klassifiziert gewesen als im Jahr 2020. Nur etwa jedes vierte Hotel sei klassifiziert. Damit nehme Sachsen-Anhalt bundesweit den letzten Platz ein. 

Für Kerstin Nagy, Geschäftsführerin eines Hotels in Wernigerode und Mitglied Dehoga-Kreisverband Harz, heben die Sterne zwei Seiten. Auf der einen Seite sei es ein verlässlicher Standard, der regelmäßig vom Dachverband überprüft würde. Auf der anderen Seite könne sie verstehen, wenn Hotels aus Kostengründen auf die Sterne verzichten würden. In der angespannten wirtschaftlichen Lage sei das nachvollziehbar, sagt Nagy. 

Corona sorgte für Veränderung in vielen Bereichen

Einen spürbaren Rückgang habe es während der Corona-Pandemie gegeben, als viele Nachklassifizierungen nicht durchgeführt werden konnten, teilte der Dehoga-Bundesverband mit. Generell sinke die Anzahl von Hotels in Deutschland aufgrund von Betriebsaufgaben oder Insolvenzen. Der Verband betont dennoch, dass die offizielle Deutsche Hotelklassifizierung ein Orientierungs- und Qualitätssystem bleibe – auch in einem sich wandelnden Markt. 

Sterne nicht mehr zeitgemäß?

Den Tourismusprofessor Harald Zeiss überrascht die schwindende Bedeutung von Sternezertifzierungen nicht. „Auch wenn die Zertifizierungen angepasst werden: Die Bewertungen sind aus der Zeit gefallen“, sagt der Direktor des Instituts für Tourismusforschung an der Hochschule Harz. „Heute spielt W-LAN eine viel größere Rolle, als ob das Zimmer ein Bidet hat.“ Der Gast könne Online viel feiner Filtern und nach individuellen Kriterien suchen. Zudem sei der Aufwand für Hotels relativ hoch. „Am Ende ist es für viele den Aufwand nicht wert.“ 

Wichtiger werde die Vergabe von Themenlabels, bilanziert die Untersuchung des Tourismusverbandes. „Bett + Bike“, „Wanderbares Deutschland“ oder „Reisen für alle“. Bei diesen Labels sei die Zahl der Betriebe in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren gestiegen.

(dpa/CHHI)

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