„Es ist ein großes Privileg, die Tradition fortzuführen“
Marguita Kracht, mit Ihnen kommt die siebte Generation in die Leitung des Baur au Lac. Wie kam es dazu, dass Sie die Familientradition nun fortführen?
Ich hatte das Glück, dass meine Familie mich immer ermutigt hat, Erfahrungen im Ausland zu sammeln und verschiedene Kulturen zu erleben. Daher konnte ich nach meinem Studium in diversen Branchen weltweit arbeiten und so Inspirationen im Luxusgütersektor, insbesondere im Wein- und Spirituosenbereich, sammeln. Ich merkte schnell, dass mir der Kontakt mit den Kunden am besten gefiel. So suchte ich mir Betriebe, die mich in meinem Hotelportfolio bereichern würden: von unabhängigen Hotels bis zu Corporate Offices namenhafter Hotelkonzerne. Mit jeder neuen Erfahrung erweiterte ich meine Ideensammlung für das Baur au Lac. Irgendwann entwickelt sich aus der Ansammlung all dieser Ideen ein immer grösser werdendes Verlangen diese auszuprobieren und umzusetzen – ein Verlangen, welches ich im vergangenen Jahr nicht mehr loswurde.
Seit seiner Gründung liegt das Baur au Lac in Familienhänden und wird bereits in sechster Generation mit viel Gespür für Innovation und gleichzeitig einem einzigartigen Traditionsverständnis geführt. Was bedeutet es Ihnen, diese Tradition nun fortzuführen?
Es ist ein großes Privileg und ich habe das große Glück, auf dem Erfolg meiner Vorfahren aufbauen zu können. Jede Generation hat ihre Spuren hinterlassen und das Baur au Lac wird hoffentlich über mich hinaus leben, so wie es bei meinen Vorfahren der Fall war. Ich freue mich darauf, meine eigene Persönlichkeit und Handschrift zu hinterlassen.
Liegt da nicht auch ein gewisser Druck auf Ihren Schultern? Wie gehen Sie damit um?
Natürlich sind 178 Jahre Geschichte eine lange Tradition, die es fortzusetzen gilt, aber ich denke, ein gewisser Druck ist notwendig und gesund, um im Leben erfolgreich zu sein, sich zu motivieren und kompetitiv zu bleiben. Ich finde es auch beruhigend, auf unsere Geschichte zurückzublicken. Im Laufe der Generationen musste sich das Hotel immer wieder neu erfinden, um mit besonderen Herausforderungen umzugehen, die außerhalb der eigenen Kontrolle lagen. So haben wir beispielsweise während des Zweiten Weltkriegs unseren Park als Kartoffelacker genutzt oder mussten in den vergangenen anderthalb Jahren während der Pandemie schwierige Entscheidungen treffen und uns neu orientieren. All diese Beispiele waren Gelegenheiten, um in unserem Unternehmen Neuerungen einzuführen. Außerdem ist mein Vater ein großartiger Mentor für mich und hat das Unternehmen für den weiteren Erfolg vorbereitet.
Welche Herausforderungen sehen Sie in Ihrer neuen Position?
Es gibt zwei Schwerpunkte: Erstens die strukturellen Herausforderungen der Branche, die sich auf die Anziehung und Bindung von Spitzentalenten konzentrieren, die sich für die Arbeit im Gastgewerbe begeistern. Abgesehen von unserem physischen Produkt, in das wir kontinuierlich investieren, sind es unsere Mitarbeiter, die für das persönliche und einzigartige Gästeerlebnis im Baur au Lac sorgen, dass unsere Gäste so sehr schätzen. Zweitens ist die digitale Landschaft im Laufe der Jahre sehr dynamisch geworden und wir müssen weiterhin in unsere digitale Markenpräsenz investieren, um mit diesen Kommunikationstrends Schritt zu halten.
Wie wollen Sie das Hotel in die Zukunft leiten?
Im Jahre 2020 wurde das Baur au Lac bei den Condé Nast Readers Choice Awards als „Best Hotel of the World“ ausgezeichnet. Diese Auszeichnung ist ein starker Indikator dafür, dass sich unsere kontinuierlichen Investitionen in unser Produkt – sei es in die „Hardware“ wie regelmäßige Renovierungen oder in die „Software“ in Form von Mitarbeitertrainings – lohnen. So möchte auch ich es weiterhin leiten.
Welche Ideen und Ziele haben Sie für die Zukunft des Baur au Lac?
Wir befinden uns in einer spannenden Entwicklungsphase und arbeiten daran, die Markenidentität des Baur au Lac aufzufrischen. Das ist ein sehr wichtiger Meilenstein, da sich der Auftritt unserer Hotelmarke in vielen Bereichen transformieren wird, besonders auf digitaler Ebene. Auch im Bereich von Wellbeing (Health & Fitness) und Nachhaltigkeit werden wir demnächst zwei Projekte lancieren. Wir sind uns bewusst, dass sowohl für unsere Gäste als auch für die jüngere Generation diese Themen immer mehr an Wichtigkeit gewinnen und zunehmend das Reiseverhalten beeinflussen. Es ist mein oberstes Ziel, das Baur au Lac für die künftige Generation zu bewahren und weiterhin dessen Ruf als internationales Spitzenhotel aufrechtzuerhalten.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Kracht!
(SAKL)