Wie flexibel dürfen Preise sein?
Lustig eigentlich: Es gibt Branchen, wo ständig wechselnde Preise für ein und dieselbe Dienstleistung oder Ware völlig alltäglich sind. Man denke an Tankstellen, wo die Spritpreise sogar mehrmals täglich schwanken können – und zuverlässig an Wochenenden oder in Ferienzeiten den Weg nach oben finden. Auch im Tourismus sind unterschiedliche Preise seit jeher gelebter Alltag. In der Ferienhotellerie oder bei Skiliften sind Saisonpreise völlig normal und in der Stadthotellerie können sich die Zimmerpreise mitunter von einem auf den anderen Tag vervielfachen, wenn in der Region etwa eine große Messe stattfindet. (Eine Praxis, die vor allem in Deutschland regelmäßig auf laute Kritik stößt.)
Im Gastronomiebereich ist die Initiative eines Berliner Sushi-Restaurants, das einen Zuschlag an Wochenenden und auch unter der Woche ab 16 Uhr verrechnet, allerdings neu und auch international eher unüblich. Wenn, dann ging eine flexible Preisgestaltung bislang eher in die andere Richtung, also etwa in Form von Happy Hours, um die tote Zeit vor dem klassischen Abendgeschäft zu beleben, oder auch in Form von günstigen Mittagsmenüs.
Gefährliches Nullsummenspiel
Dass etwas unüblich ist, bedeutet indes noch lange nicht, dass es illegal, maximal, dass es vielleicht nicht besonders sinnvoll ist. Rechtlich ist die Sache ohnehin klar: Tages- und uhrzeitabhängige Preisaufschläge müssten deutlich kommuniziert werden, der Gast muss zu jedem Zeitpunkt die Preise der Speisen und Getränke kennen. Genau hier könnte es sich im vorliegenden Fall spießen, da die Aufschläge nur klein am Rande der Speisekarte abgedruckt werden. Die Überraschung wird dann für viele mit der Rechnung kommen, ähnlich wie für USA-Neulinge, die erst auf der Restaurantrechnung entdecken, dass die in der Karte angegebenen Preise oft nur Nettopreise sind. Bloß ist dieses Praxis in den USA seit jeher Usus und schreckt daher – mit Ausnahme von Touristen eben – niemanden wirklich. In Mitteleuropa rechnet zumindest in der klassischen Gastronomie kein Mensch mit zeitlich gestaffelten Zuschlägen. Bleibt also – abseits der rechtlichen Komponente – die Frage, ob solche Maßnahmen sinnvoll sind, ob dadurch nicht mehr Gäste verschreckt, bzw. zu Einmal-und-nie-wieder-Kunden gemacht werden, als dass dadurch ein Mehrumsatz lukriert wird. Dabei geht es im konkreten Fall weniger um die absolute Höhe des Preisaufschlages (Sushi-Menüs werden um einen Euro teurer) als um das prinzipielle Gefühl mancher Kunden, damit abgezockt zu werden. Und wenn der Gast aus Frust dann genau diesen Euro weniger Trinkgeld gibt, ist die ganze Sache auch noch ein Nullsummenspiel, das einen verärgerten Kunden hinterlässt.
Die Situation mag vergleichbar sein mit dem inzwischen seit vielen Jahren erbittert geführten Streit um kostenloses Leitungswasser. Auch hier geht es nur selten um die absolut dafür verlangten Preise, sondern eher um die Symbolik dahinter – und viele clevere Wirte sparen sich die Diskussion, indem sie die Leitungswasserkosten (die ja fast ausschließlich anteilige Kosten für Personal, Pacht, Strom, etc. sind) einfach auf andere Produkte umwälzen. Ob es jedenfalls sinnvoll ist, mit speziellen Tageszeit- oder Wochenend-Zuschlägen eine neue Debatte in der Gastronomie loszutreten, muss jeder Gastronom selbst beurteilen.