Best-Practice

Wege aus der Personalkrise

Philipp von Stumm, Geschäftsführer des Seminar- und Eventzentrums Gut Thanse.
Philipp von Stumm, Geschäftsführer des Seminar- und Eventzentrums Gut Thansen, geht zusammen mit seiner Hündin Mia über sein Gelände. Das Landhotel Gut Thansen in der Lüneburger Heide lockt Servicekräfte mit hohen Prämien. Dafür müssen sie eine Weile bleiben. (Foto: © picture alliance/dpa/Philipp Schulze)
Die Gewinnung von Mitarbeitern ist eine Herausforderung, sie zu halten nicht wesentlich einfacher. Drei gastronomische Betriebe in der Lüneburger Heide zeigen ihre Wege auf, mit der Situation umzugehen. Erfolg und Niederlage liegen dabei nah beieinander.
Donnerstag, 07.11.2024, 08:28 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Der Fachkräftemangel ist überall angekommen – abgelegene Hotels und Restaurants haben es besonders schwer, Personal zu finden. Mit individuellen Ideen gehen Gastgeber in der Heide das Problem an.

Trotz Prämie kein Erfolg

Hochzeiten werden auf Gut Thansen nur noch sehr vereinzelt gefeiert. Anfragen gibt es genug, aber die aufwendigen Events am Wochenende benötigen viel Servicepersonal – und das ist für das abgelegene Landhotel in Sodersdorf in der Lüneburger Heide nicht so einfach zu bekommen.

Stattdessen setzen Geschäftsführer Philipp von Stumm und seine Frau Christine auf Seminare in der Woche und zahlen gute Löhne über Tarif. Genügend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben sie trotzdem nie. 

Die ganze Branche horchte auf, als das Gut vor einem Jahr mit Lockangeboten – bis zu 11.000 Euro Prämie gezahlt bei Verbleib von drei Jahren – für Köche und Hotelpersonal warb. Das Konzept habe zwar einige angelockt, sagt von Stumm, der seit 21 Jahren das Seminarhotel führt. Geblieben sei aber lediglich ein Koch. „Es war nicht nachhaltig.“

Mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigt das Gut und versucht mit Rücksicht auf den Personalmangel, die Wochenenden freizuhalten. Besondere Bauchschmerzen bereitete von Stumm zuletzt die Absage einer Geburtstagsfeier mit 200 Leuten, weil Personal kurzfristig ausfiel. „Früher konnte ich noch jemanden anrufen, wenn zwei absagen, heute kriegen Sie keinen mehr“, berichtet er. 

Man schule quer aus anderen Berufen und habe gute Erfahrungen mit Auszubildenden im Gastro-Bereich aus Indonesien gemacht. Aber das reiche nicht aus: „Es nervt, ich verspüre eine gewisse Ohnmacht“, sagt von Stumm. 

Beteiligung der Mitarbeiter

Das Naturhotel Schäferhof in Schneverdingen geht einen innovativen
Weg: Es hat den Restaurantbetrieb 2020 ausgegliedert und Koch, Bäckerin sowie die Buchhaltung als Gesellschafter beteiligt. „Das ist ein Erfolgskonzept, um die Mitarbeiter zu binden“, erzählt Geschäftsführer Christian Glet. Seitdem würden die drei unternehmerisch denken: Wie kann man den Ertrag steigern, wie Mitarbeiter binden? Das habe schon in der Corona-Zeit neue Ideen gebracht. 

Der Schäferhof werde zu 70 Prozent von Stammgästen besucht, das Budget für den Restaurant-Besuch sei aber bei vielen schmaler geworden. Preissteigerungen nach der Mehrwertsteuererhöhung seien deshalb nicht möglich gewesen: „Da bleiben die Gäste weg“, meint Glet.

Und weil die Wirtschaftsbedingungen sich verändert hätten, vieles teuer geworden ist und auch die Personalkosten durch den Mindestlohn gestiegen sind, will Glet demnächst den ein oder anderen Ruhetag mehr einplanen. 

Quereinsteiger herzlich willkommen

Auch auf dem Stimbekhof in Oberhaverbeck stehen die Servicekräfte nicht Schlange. Und dennoch läuft es gut. „Wenn sich jemand initiativ bewirbt, lassen wir den nicht auf der Straße stehen“, sagt Geschäftsführer Björn Bohlen. Das Personal komme in der Regel aus der Region, es gebe viele Extraleistungen. 

Fachkräfte mit klassischer Hotelfachausbildung bewerben sich kaum noch, aber Quereinsteiger sind Bohlen ebenso lieb: „Ich bin überzeugt, dass wir andere Wege gehen müssen. Alles steht und fällt damit, wie man an die Aufgaben herangeführt wird.“ Der Mehraufwand lohne sich: „Auch Quereinsteiger sind hervorragende Gastgeber. Und man kann sehr glücklich werden in der Branche.“

Gastronomen müssen umdenken 

Umdenken ist auch für Ulrich von dem Bruch, Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH, das Stichwort. So seien inzwischen die Arbeitszeiten ein großes Thema. Beschäftigte würden viel schneller wechseln als früher.

„Man muss mit der Zeit gehen, auch die Vier-Tage-Woche kann interessant sein“, sagt der Tourismus-Experte: „Die jungen Leute denken anders. Wenn man darauf eingeht, machen sie einen tollen Job.“

(dpa/CHHI)

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