Kritik

Tourismuswirtschaft warnt vor Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie

Frau schaut auf die Speisekarte vor einem Restaurant
Wird das Essengehen zu teuer, schwächt dies die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Städte und Regionen als attraktive Tourismusstandorte, fürchtet der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft. (Foto: © PR Image Factory/stock.adobe.com)
Die Stimmen erheben sich weiter: Die Gastronomie hat eine mögliche Zurückführung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent bereits heftig kritisiert. Nun werden auch Stimmen aus der Tourismusbranche laut. 
Dienstag, 08.08.2023, 17:40 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

„Wer die Gastronomie schwächt, schwächt die gesamte touristische Dienstleistungskette. Deshalb müssen die 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen über das Jahresende hinaus beibehalten werden“, so die gemeinsame Forderung der Verbände der Tourismuswirtschaft, der Veranstaltungs-Centren sowie der Incoming-Unternehmen.

Sie schließen sich damit der Forderung an, die bereits seit einiger Zeit aus der Gastronomiebranche erklingt. So forderte bereits der Dehoga ebenso wie der Bundesverband der Systemgastronomie und die Hoteldirektorenvereinigung Deutschland die Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie. Und auch das Deutsche Tiefkühlinstitut unterstützt die Forderung des Dehoga, den reduzierten Mehrwertsteuersatz beizubehalten.

Zuletzt schlug der Dehoga Bayern Alarm. Er warnte davor, dass mehr als 2.000 Betriebe befürchten, schließen zu müssen, sollte die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent angehoben werden. Daraufhin erhoben auch Hans im Glück in einem offenen Brief und das HoGa-Netz ihre Stimmen und forderten die Beibehaltung des Mehrwertsteuersatzes von 7 Prozent. 

Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft: „Wenn Deutschland touristisch attraktiv bleiben will, muss für die notwendige Infrastruktur gesorgt werden"

„Der Café-Besuch während eines Städtetrips, das Einkehren ins Ausflugslokal oder das nette Abendessen im Gasthof während des Urlaubs-Tourismus lebt auch von seinen gastronomischen Erlebnissen. Dabei sind gute regionale und internationale Küche essenziell für die touristische Aufenthaltsqualität", sagt Sven Liebert, Generalsekretär des BTW.

Der Restaurantbesuch muss für Gäste bezahlbar bleiben!

Er erklärt: "Durch die massiv gestiegenen Kosten bei Personal, Energie und Lebensmittel mussten Preise in vielen Bereichen in den letzten Monaten angehoben werden. Schon jetzt sehen wir, dass sich manch einer den Urlaub nicht mehr leisten kann. Wird das Essengehen zu teuer, schwächt dies die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Städte und Regionen als attraktive Tourismusstandorte. Die Folgen werden nicht nur ein ausgedünntes Angebot sein. Weitere Gäste können wegbleiben, touristische Einnahmen einbrechen – das schwächt die gesamte Tourismuswirtschaft und setzt die Axt an die wirtschaftliche Erholung, die wir dringend brauchen.“

„Wenn Deutschland touristisch attraktiv bleiben will, muss für die notwendige Infrastruktur gesorgt und diese gesichert werden – und dazu gehören nicht nur Mobilitäts- und digitale Infrastruktur, sondern insbesondere attraktive gastronomische Angebote. Hierbei geht es nicht um die Sorgen und Nöte einer einzelnen Branche, unter dem Wegbrechen von Cafés und Restaurants würde die gesamte Gesellschaft leiden“, so Liebert weiter.

Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren: "Die Erhöhung der Mehrwertsteuer würde uns im internationalen Wettbewerb massiv schaden“

Auch der Veranstaltungswirtschaft macht die Steuererhöhung große Sorgen, wären hiervon doch alle Bereiche der Branche – von der Tagung, über Messen, Kongresse und Events – von der Teuerung betroffen.

Dieser Preisanstieg kann bedeuten, dass Veranstaltung nicht mehr durchgeführt oder Events nicht mehr besucht werden.

Ein erhöhter Mehrwertsteuersatz ist Gift für die Branche

„Das ist Gift für eine Branche, für die nach den Schließungen während der Corona-Jahre und den Kostensteigerungen durch die Energiekrise sowie die massive Inflation, an finanzielle Erholung bisher nicht zu denken war.“

„Die Politik setzt mit dieser Entscheidung auch unsere Position als Kongress- und Tagungsstandort Nr. 1 in Europa aufs Spiel. In 23 Ländern Europas gilt ein reduzierter Steuersatz in der Gastronomie, dort wird steuerlich kein Unterschied zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, der Lieferung von Essen und dem Essen im Restaurant gemacht. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer würde uns im internationalen Wettbewerb massiv schaden“, sagt Ilona Jarabek, Präsidentin des EVVC

Bundesverband der Deutschen Incoming-Unternehmen: „Eine große Schließungswelle in der Gastronomie würde Deutschland als Reisedestination unattraktiver machen“

„Vor allem der Incoming- und der Geschäftsreisesektor haben sich vom Corona-Schock noch nicht erholt. Gerade hier droht nun weiterer Schaden. Denn internationale Gäste aus Amerika oder Asien reisen nach Europa, nicht zwingend nach Deutschland. Wenn es zu teuer wird, reisen die Gäste in eines unserer Nachbarländer und geben dort ihr Geld aus, ein immenser Verlust für die gesamte Volkswirtschaft. Eine große Schließungswelle in der Gastronomie würde Deutschland als Reisedestination zudem unattraktiver machen und weitere Gäste würden wegbleiben – ein Teufelskreis!“, so Tobias Reinsch, Generalsekretär des BVDIU.

Allianz selbständiger Reiseunternehmen Bundesverband schließt sich dem Appell an

Auch der Bundesverband „Allianz selbständiger Reiseunternehmen “ (asr) plädiert für die Verlängerung eines verminderten Steuersatzes auf Speisen in der Gastronomie über den 1. Januar 2024 hinaus.

Warum der gesenkte Mehrwertsteuersatz bleiben muss

Den Steuersatz wieder auf 19 Prozent anzuheben, wertet die Verbandssprecherin als ausgesprochen gefährlich – für die Betriebe ebenso wie für den Tourismus insgesamt, für den die Restaurants ja einen essenziellen Teil darstellen.

„Die betroffenen Betriebe sind noch lange nicht aus dem Gröbsten heraus“, kommentiert Budde. „Wir taumeln quasi von einer Wirtschaftskrise in die nächste. Durch die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes auf die ohnehin durch die Inflation merklich gestiegenen Lebensmittelpreise könnten sich viele einen Restaurantbesuch nicht mehr erlauben. Daher plädieren wir dafür, den verminderten Satz zu verlängern bzw. am besten gleich beizubehalten.“

Die Restaurantbetreiber seien vielfach noch nicht wieder auf ihrem Niveau von 2019 angekommen, ergänzt Verbands-Vizepräsident Winfried Schulze, seines Zeichens selbst Hotelier und Gastronom.

Ihnen bleibe angesichts von hohen Energiekosten und anhaltender Inflation oftmals nur, die Mehrkosten an Gäste weiterzugeben – auch deren Geduld sei aber irgendwann erschöpft.

„Viele Menschen verkneifen sich den Gang ins Restaurant bereits jetzt“, sagt Schulze. „Eine Erhöhung des Steuersatzes wird die Preisschraube weiter anheizen und den Lokalbesuch zunehmend zum Luxus machen. Dies hat auch eine negative Wirkung auf die gesamte Reisebranche. Schließlich möchten die Menschen nicht einfach nur verreisen, sie möchten sich auch vor Ort gut versorgt sehen. Der Restaurantbesuch gehört für viele einfach dazu – ein für den Hotelier finanzierbares Frühstücksbuffet natürlich ebenso.“

(Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft/asr/SAKL)

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