Thomas Bühner: „Veränderung birgt Chancen“
Der Spitzenkoch Thomas Bühner ist nicht nur für seine kulinarischen Meisterwerke bekannt, sondern auch für sein Engagement in der Betriebsgastronomie. Als Juror bei der Sustainable Chef Challenge von Sodexo im vergangenen Jahr sowie durch seine gelegentliche Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Sodexo hat er einen tiefen Einblick in die Innovationen und Entwicklungen der Branche.
Im folgenden Interview mit HOGAPAGE teilt Thomas Bühner seine Gedanken darüber, wie die (Betriebs-)Gastronomie mit den aktuellen Herausforderungen umgehen kann und welche Chancen sich für die Zukunft bieten.
Herr Bühner, derzeit wird die Gastronomie von vielen Herausforderungen geplagt. Welche Chancen sehen Sie für die (Betriebs-)Gastronomie?
Die Betriebsgastronomie und die Sterneküche haben einiges gemeinsam. Unsere Branche als Ganzes steht vor Herausforderungen, die wir nur lösen, wenn innovative Denker an einem Strang ziehen – und die sind eben nicht nur in einem Bereich zu finden. Fachkräftemangel, Preisdruck sowie gestiegene Erwartungen an Service, Angebot, Nachhaltigkeit und Qualität gibt es überall. Die Frage ist, wie geht man damit um. Ich bin fest davon überzeugt: Veränderungsdruck birgt Chancen und führt zu spannenden Konzepten mit kreativen Antworten auf die Anforderungen unserer Zeit und die Wünsche der Gäste.
Wer wird sich durchsetzen? Gastronomen, die sich mit Leidenschaft neu erfinden und dabei mit überholten Annahmen brechen. Das gilt sowohl für Unternehmen wie Sodexo, das seinen Kunden seit Januar komplett pflanzenbasierte Restaurants anbietet, als auch für die Sternegastronomie.
Haben Sie einen Rat für Gastronomen?
Ich sage immer: Keine Branche bringt mehr Menschen zusammen als die Gastronomie. Dieser gesellschaftliche Wert ist nicht zu unterschätzen. Wir haben eine Aufgabe über unseren eigentlichen Job in der Küche hinaus. Das motiviert junge Leute. Meine Botschaft an die erfahrenen Köpfe: Bildet aus, entwickelt weiter und lasst kreative Köche mitgestalten.
Können Sie einige Beispiele für innovative Konzepte oder Ansätze in der (Betriebs-)Gastronomie nennen, die Ihrer Meinung nach gut auf die aktuellen Herausforderungen reagieren?
Eines hat sich während der Pandemie fundamental verändert: Flexibles Arbeiten ist die Norm, Gästezahlen schwanken und manche Unternehmen haben auch an ihren Budgets geschraubt. Die Betriebsgastronomie hat einen klaren Auftrag: Menschen bei der Arbeit in netter Atmosphäre zusammenbringen. Das steigert nicht zuletzt auch die Attraktivität der Arbeitsplätze. Dieses Verständnis muss im Mittelpunkt aller Konzepte stehen.
Ein zweiter Punkt, der für alle gilt: Auf der Welt gibt es unzählige Lebensmittel, Gewürze und Wege, gutes Essen zuzubereiten. Wir nutzen nur einen Bruchteil davon regelmäßig. Unsere Gäste sind bereit für etwas Neues und Geschmäcker aus vielen unterschiedlichen Kulturen. Ich empfehle allen Gastronomen: Habt Mut, etwas auszuprobieren! Ich war kürzlich in Indien – vier Wochen vegetarisch und da fehlte gar nichts!
Das Foodservice-Unternehmen Sodexo hat eine kreative Antwort auf die Anforderungen unserer Zeit: Seit Januar bietet es allen Kunden deutschlandweit komplett pflanzenbasierte Restaurants an – und setzt dabei mittelfristig mehr auf Standardisierung und Convenience. Was halten Sie davon?
Das Interesse an pflanzenbasierten Angeboten ist groß. Wichtig ist beim Thema Nachhaltigkeit eines: Man muss es ernst meinen! Bei Sodexo ist klar ersichtlich, dass hier nachhaltiges Essen keine Eintagsfliege ist. Am Ende geht es immer um die Frage, was will der Gast? Und der ist, wie ich bereits erwähnte, bereit für etwas Neues sowie Geschmäcker aus vielen unterschiedlichen Kulturen. Das gilt in der öffentlichen Gastronomie genau wie in der Betriebsgastronomie.
Inwiefern sind Convenience und Standardisierung in der Gastronomie mit Sterneküche und exzellenter Betriebsgastronomie überhaupt vereinbar?
Lassen Sie mich aufräumen mit dem Vorurteil, dass Convenience schlecht ist. Es gibt unterschiedliche Abstufungen von Convenience (1 bis 5). Convenience gab es in der Sternegastronomie schon immer – zum Beispiel Kaviar oder Käse vom Käsewagen („Ready to Eat“). In Sternerestaurants wird nur die erste von fünf Stufen genutzt: Ich kaufe ein Rinderfilet und nicht das ganze Tier. Für mich gilt: Das Produkt muss immer einen persönlichen Stil und Kreativität zulassen. In Sternerestaurants gibt es zudem auch hausgefertigtes Convenience, wie fermentiertes Gemüse, vorbereitete Fonds und Soßen. Damit meine ich einzelne Bestandteile eines Gesamtgerichts, die in größeren Mengen vorbereitet werden, bevor sie ihren Platz auf dem Teller finden. Solche Routinen und Standards sind mein größter Freund. Wir brauchen immer das gleiche Level an Qualität! Genau das erwartet der Gast von uns!
Wie wollen Sie zukünftige Talente und Generationen von der Gastronomie- und Hospitality-Branche begeistern? Welche Ideen haben Sie hierfür?
Meine Botschaft an unsere komplette Branche lautet: Investiert in eure Leute! Kochen ist einer der kreativsten Jobs der Welt. Hospitalität wird mehr und mehr ins Zentrum rücken. Talente werden Raum und Zeit haben, sich um die Gäste zu kümmern! Das macht die Aufgabe noch spannender. Ein Beispiel: Mein neues Restaurant auf dem Metro-Campus wird ein „Very Fine Dining“-Restaurant werden. Der Gast kann erwarten, dass er maximal umsorgt wird. Wir suchen Mitarbeiter, die ein grandioses Erlebnis für die Gäste kreieren. In dem Kontext werden wir ganz modern denken und auch mit digitalen Methoden im Restaurant und Küche überzeugen.
Vielen dank für das Gespräch, Herr Bühner!
(SAKL)