Stimmen aus der Branche: Wie geht das Gastgewerbe mit dem Personalmangel um?
Cocktails schlürfen, Restaurantbesuche und eine Übernachtung im Hotel – Aktivitäten, die mit dem Auslaufen der Corona-Maßnahmen wieder möglich sind. Doch auch wenn der Lockdown überwunden ist, kämpfen Gastronomie und Hotellerie neben der Inflation und steigenden Energiekosten mit einem viel größeren Problem: dem Personalmangel.
Doch wie kann die Branche in Zukunft vorangetrieben werden und wie man neues Personal für die Branche begeistern? Fünf Branchen-Experten von der TNC group, den Schwan Restaurants, Planday, luca und Küchenherde geben ihre Prognosen zur Thematik ab.
Nicht nur ein Weg führt ans Ziel: Es braucht Identität, Nachwuchs und Nachhaltigkeit
Michael Kuriat, Geschäftsführer TNC group: „Der Personalmangel ist mit Sicherheit eines der großen Probleme unserer Zeit, für das es verschiedene Ansätze braucht. Zum einen benötigen wir kurzfristige Lösungen: Wie bekomme ich schnell Mitarbeiter? Zudem müssen die vorhandenen Mitarbeiter gehalten werden. Dabei müssen ein Team und eine Identität geschaffen werden. Den Arbeitsalltag erleichtern dann wiederum digitale Tools. Ein Beispiel dafür ist die Dienstplangestaltung. Damit lässt sich die Arbeit einfacher organisieren und optimieren. Das ist ein großer Vorteil in der Planung, in der Kalkulation und in der Umsetzung – besonders aus Sicht der Mitarbeiter. Weiterhin müssen wir aber auch schauen, dass wir etwas für den Ruf der Branche machen. Wir müssen Nachhaltigkeit wirklich rüberbringen und Nachwuchs generieren. So können wir den Leuten auch zeigen, dass die Gastronomie die geilste Branche der Welt ist.“
Mit Kommunikation Mitarbeiter für das Unternehmen gewinnen
Kerstin Rapp-Schwan, Inhaberin der Schwan Restaurants: „Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Ein Punkt, der wiederum gut und schnell zu lösen ist, ist die Kommunikation mit unseren Mitarbeitern. Was brauchen sie, um sich am Arbeitsplatz wirklich wohlzufühlen? Wenn wir herausfinden, was das Arbeitsumfeld für die Arbeitnehmer so komfortabel macht, dass sie ihren Job gut ausführen können, ohne mit Tausend anderen Dingen beschäftigt zu sein, ist schon Vielen geholfen. Dafür gibt es auch jetzt schon Lösungsansätze, die hervorragend funktionieren. Dazu gehören zum einen digitale Kassen- oder Reservierungssysteme. Darüber hinaus auch Personalplanungssysteme und etliche Tools, die in der Küche angewendet werden. Die größte Herausforderung bei diesem Prozess ist, alle davon zu überzeugen, dass wir um eine Digitalisierung nicht herumkommen. Alleine schon, um Arbeitsprozesse zu erleichtern. Durch diesen Fortschritt wird die Branche insgesamt lukrativer und es entscheiden sich auch wieder mehr dort zu arbeiten.“
Das Gastgewerbe muss moderner, innovativer und digitaler werden
Clark Pröwrock, Sales Director DACH bei Planday: „Wenn von einem Personalmangel in der Gastronomie und Hotellerie die Rede ist, geht es eigentlich um einen Fachkräftemangel. So fehlt beispielsweise der Nachwuchs für Konditoren, Hotelbetriebswirte und Veranstaltungsgastronomen. So sind Ausbildungsberufe aktuell einfach nicht besetzt. Deshalb gibt es immer weniger Leute, die die Branche als Business vorantreiben können. Das ist jedoch nicht erst seit gestern ein Problem. Damit der Job in diesem Gewerbe von Leuten als attraktiv angesehen wird, muss sich einiges tun. Es braucht eine faire Bezahlung, ein vertrauensvolles Betriebsklima, einen respektvollen Umgang, Wertschätzung und gute Entwicklungsmöglichkeiten. Zudem müssen Betriebe ihre Standards mit den aktuellen Modernisierungsanforderungen in Einklang bringen. Vor allem im Personalmanagement können Betriebe mit Tools und Applikationen punkten. Denn in der aktuellen Arbeitswelt sind neue Technologien und digitale Prozesse für die Gewinnung neuer Mitarbeiter entscheidend. Besonders die jüngere Gen Z und Millennials, sind es gewohnt, ihren kompletten (Arbeits-)Alltag digital organisieren zu können.“
Es braucht agile Transformation, dann wird die Branche lukrativer
Sascha Gartenbach, Co-Founder & CBDO von luca: „Die meisten entscheiden sich nicht für eine Karriere in der Gastronomie, um Restaurants zu digitalisieren. Vielmehr geht es darum, dem Gast ein gutes Essen, guten Service und eine schöne Zeit zu bieten. Digitale Anwendungen können genau dabei den Rücken freihalten und den Angestellten wieder mehr Zeit geben, sich eben um die Gäste zu kümmern. In einem Restaurant ist das wie in jedem Projekt: Was sind die Anfangsschritte, die gemacht werden können? Dabei treffen wir jedoch auf ein Paradox. Gastronomen sind per se komplett überlastet. Es fehlt ihnen die Kapazität, sich mit digitalen Neuerungen zu beschäftigen, obwohl diese helfen würden, Zeit einzusparen. Es braucht also digitale Anwendungen, die so gestaltet sind, dass sie einfach zu implementieren sind. Denkt man das ein wenig weiter, können auch größere Baustellen mit digitalen Lösungen angegangen werden, beispielsweise strukturelle Probleme, wie der Personalmangel. Zwar kann Digitalisierung diesen nicht verhindern, aber digitale Lösungen wirken sich stark auf das Arbeitsumfeld aus, was den Beruf für den einen oder die andere wiederum lukrativer macht.”
Digitalisierung als Rundum-Lösung und Social Media als Erfolgsfaktor
Markus Wessel, Digitalisierungsberater bei Küchenherde: „In der Gastronomie lassen sich eigentlich alle Probleme durch die Digitalisierung lösen bzw. zumindest minimieren. Wichtig hierfür ist es jedoch zu wissen, wo die Schmerzpunkte im Unternehmen sind. An diesen Stellen kann dann die Digitalisierung hervorragend helfen. Das gilt auch für das Mitarbeitermanagement bzw. den -mangel. Dort liegt ein besonders großes Potenzial. Denn mit einem cleveren und passenden System können mein Dienstplan und meine Zeiterfassung organisiert werden. Ich spare wiederum Geld, Zeit und Ressourcen. Zudem können einfache digitale Angebote, beispielsweise Social Media helfen, dass wir uns besser platzieren, repräsentieren und so Mitarbeiter gewinnen. Denn die jüngere Generation, die Gen Z, schaut erstmal in den sozialen Kanälen, wer wir sind und was wir machen. Damit diese sich auch für uns entscheiden, müssen wir unsere Rahmenbedingungen ändern und das auch so online widerspiegeln. Dabei gilt es ihnen zu zeigen, dass Gastronomie und Hotellerie eigentlich eine bezahlte Persönlichkeitsentwicklung sind.“
(Planday/SAKL)