Ricky Saward zeigt, wie vegane Sterneküche funktioniert
Im Sternerestaurant „Tisane“ hielt Gastkoch Ricky Saward im Nachgang zu einem Four-Hands-Dinner mit Gastgeber René Stein einen inspirierenden Vortrag für vegane Küche. Sein Publikum bestand aus rund 25 Koch- und Konditorauszubildenden sowie deren Ausbilder des Nürnberger Gastrounternehmens „jb Company“, zu dem neben dem „Tisane“ auch die Brasserie „Nitz“ sowie die Patisserie „Tafelzier“ gehören.
„Wir legen großen Wert auf ausbildungsübergreifendes Lernen und freuen uns über das wachsende Interesse unserer Auszubildenden und Ausbilder an der neuen Zusatzqualifikation für vegetarische und vegane Küche“, erklärt HR-Leiterin Nadine Böhm von der jb Company. „Der Vortrag von Ricky Saward im Nachgang zum Four-Hands-Dinner im Tisane war für unser Team eine wertvolle Vertiefung und sehr inspirierend.“
„Es war die beste Entscheidung meines Lebens“
Saward, der in seinem weithin ausgebuchten „Seven Swans“ in Frankfurt bereits seit 2019 tierfrei kocht, berichtete ausführlich über seine Erfahrungen in der gehobenen veganen Küche und verdeutlichte seinen radikal regionalen Ansatz: „Ich verzichte bewusst auf nicht heimische Gewürze und alle exotischen Zutaten. Selbst Zitronen, Olivenöl, Pfeffer, Kaffee oder Schokolade lassen wir außen vor.“
Die Entscheidung, komplett auf vegane Küche umzusteigen, kam laut Saward zu einem Zeitpunkt, als seine Karriere auf der Kippe stand. „Es war die beste Entscheidung meines Lebens“, bestätigt er im Vortrag. Die Umstellung brachte einen kreativen Schub und führte zum Erfolg seines Restaurants, das als erstes rein veganes Restaurant weltweit einen Michelin-Stern erhielt. „Die Beschränkung auf weniger Lebensmittel hat meine Kreativität total befeuert,“ verrät Saward.
Aus einer Kartoffel wird ein Sternegang
Als Paradebeispiel für seine Herangehensweise stellte Saward eines seiner bekanntesten Gerichte vor. Sein „Signature Dish“ aus verschiedenen Komponenten der Kartoffel entstand in den Wintermonaten 2019 aus Mangel an regionalen Zutaten.
„Plötzlich stand ich im Winter mit einer Handvoll möglicher Zutaten da und sollte ein Sternemenü mit zwölf Gängen kochen“, erinnerte sich Saward. Kurzerhand zerlegte er die Knolle in ihre Bestandteile, entzog Stärke und Solanin, machte aus dem Kartoffelsaft einen Chip und aus der verkohlten Schale einen Umami-Sud. „Heute kann ich es eigentlich nicht mehr von der Karte nehmen, sonst beschweren sich meine Gäste“, berichtete der Spitzenkoch über sein Kartoffelgericht.
„Die Balance zu finden ist schwierig“
Während des Vortrags sprach Saward auch offen über Herausforderungen eines veganen Spitzenrestaurants: „Ich stehe oft zwischen den Stühlen.“ Von Gästen, die skeptisch gegenüber veganen Gerichten sind, bis hin zu Veganern, die extrem hohe Erwartungen selbst an kleinste Details hätten.
„Wir werden teils absurde Dinge gefragt und müssen uns oft rechtfertigen. Zum Beispiel, ob nicht etwa Schurwolle in den Sesselpolstern verarbeitet wurde oder auch der Kleber der Weinetiketten vegan sei. Die Balance zu finden ist schwierig.“
Deutlich machte Saward zudem, dass Nachhaltigkeit für ihn wichtiger sei als eine strikte vegane Lebensweise: „Ein Fleischesser, der bewusst einmal im Monat ein gutes Steak vom Nachbarmetzger isst, ist mir lieber als ein Veganer, der täglich Avocado frühstückt.“
Ihm gehe es vor allem um eine bewusste Reduzierung: „Für mich geht es nicht darum, dass man sich entscheiden muss. Ein vernünftiger, nachhaltiger Konsum ist mir tausendmal wichtiger.“
Four-Hands-Dinner am Vorabend
Am Vorabend des Vortrags teilten die Gastgeber um Küchenchef René Stein und Sommelière Martina Prenn ihre Küche im „Tisane“ mit Ricky Saward, seiner Sous Chefin Nadine Penalva-Lopez und Sommelier Marcel Kulik für ein gemeinsames Four-Hands-Dinner.
„Das Zusammenspiel mit der ‚Seven Swans‘-Crew war für uns eine außergewöhnlich gute Erfahrung und große Freude. Ich bewundere Rickys besondere Kreativität, aber auch seine Kompromisslosigkeit,“ sagte Stein und verrät: „Wir haben perfekt harmoniert und hatten viel Spaß inmitten unserer Gäste.“
„Sucht die Kreativität lieber bei Euch selbst“
Wie das Four-Hands-Dinner unterstrich auch die Masterclass die Bedeutung einer nachhaltigen Küche, die sowohl traditionelle als auch avantgardistische Ansätze vereint. Saward gewährte den jungen Auszubildenden und ihren Ausbildern wertvolle Einblicke in die Konzeption seiner Gerichte und die Beschaffung seiner Zutaten von Feld, Wald und Wiese. Dabei ermutigte der vegane Sternekoch seine Zuhörer, die eigene Kreativität zu entdecken und weiterzuentwickeln.
„Lest keine Kochbücher!“, riet Saward und mahnte, dass Inspiration und Kopie oft nah beieinander liegen würden. „Sucht die Kreativität lieber bei Euch selbst. Wer die findet, schafft sogar aus einer simplen Kartoffel einen Sternegang.“
(Tisane/SAKL)