Corona-Krise

Protestaktion von Reeperbahn-Wirten

Olivia Jones und Teilnehmer einer Protestaktion halten Transparente
Olivia Jones (Mitte) demonstriert mit Kiez-Gastronomen, Club- und Kneipenbesitzer im Hamburger Stadtteil St. Pauli. (Foto: ©picture alliance/Christian Charisius/dpa)
Im Hamburger Stadtteil St. Pauli haben Kiez-Wirte auf ihre prekäre Situation durch Corona aufmerksam gemacht. Prominentes Gesicht der Aktion war Dragqueen Olivia Jones, selbst Barbesitzerin.
Freitag, 08.05.2020, 08:50 Uhr, Autor: Kristina Presser

Nur kurz blinken die Leuchtreklamen auf und Musik ist zu hören. Dann wird es dunkel und still, eine Diskokugel kracht auf den Boden. In Gedenken an zerplatze Hoffnungen und Träume legen Pfarrer Karl Schultz (St. Joseph Kirche, Große Freiheit) und Pastor Sieghard Wilm von der St. Pauli Kirche symbolisch einen Kranz nieder. Gastronomen halten Traueranzeigen mit den Namen ihrer Betriebe in den Händen. Dann folgt eine Schweigeminute: Mit dieser Aktion machten auf der Reeperbahn im Hamburger Kult-Stadtteil St. Pauli Bar- und Kneipenbesitzer am vergangenen Donnerstagabend auf ihre Existenznöte aufmerksam und forderten finanzielle Hilfe. Dragqueen Olivia Jones, die selbst mehrere Bars auf dem Kiez betreibt, hatte zu der Protestaktion aufgerufen. Sie mache sich große Sorgen um die Clubs, Bars, Diskotheken und Kneipen, sagte die 50-Jährige. „Denn viele stehen vor dem Abgrund. Wir waren die ersten, die schließen mussten. Und werden die letzten sein, die wieder öffnen können. Für uns gibt es kein Licht am Ende des Tunnels.“ Coronabedingt durften an der Versammlung auf der Großen Freiheit nur 25 Kiez-Gastronomen stellvertretend für mehr die als 200 Clubs, Bars, Kneipen und Discos in der Hansestadt teilnehmen.

„Wir möchten mit unserer Aktion nicht anklagen, sondern ein starkes Bild senden“, erklärte Jones. „So wie hier auf St. Pauli geht es gerade Bars und Clubs in ganz Deutschland. Und nicht alle haben die Möglichkeit, so prominent wie wir auf sich aufmerksam zu machen. Auch denen möchten wir mit unserer Aktion eine Stimme geben.“

Reduzierte Mehrwertsteuer für Bar nicht wirksam

Ein Problem sei, dass die derzeit von der Politik geplanten Lockerungen und Erleichterungen für die Gastronomie und Hotels, etwa die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen, Bars und Clubs bundesweit schlicht nicht betreffen. Zudem sei es nahezu unmöglich, Sicherheitsabstand und Hygieneregeln einzuhalten. „Es gibt keine Bar und auch keine Disco, in der man feiert mit anderthalb Meter bis zwei Meter Abstand“, sagte Jones.

Daher fordern Jones und ihre Mitstreiter unter anderem weitere finanzielle Hilfen für die betroffenen Betriebe. Außerdem Mehrwertsteuer-Senkung auch für Kneipen, Bars, Clubs und Discos, und damit auf alle Getränke und Eintrittsgelder. Denn die bisherige Reduzierung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent helfe bislang nur Restaurants. Helfen würden außerdem KfW-Schnellkredite, die man auch kleineren Betrieben ermöglichen sollte, und großzügigere Regeln für die Außengastronomie, wie zum Beispiel die Freigabe von Parkplätzen, Gehwegen und Hinterhöfen.

„Natürlich sind Clubs und Bars systemrelevant“

Vor allem aber wünschen sich die Demonstranten, dass auch Bars, Clubs und Discos als „systemrelevant“ anerkannt werden: „Ich hoffe mal nicht, dass St. Pauli – einer der bekanntesten Stadtteile der Welt, der so lebensfroh war – irgendwann ein Club- und Bar-Friedhof ist. Natürlich sind Clubs und Bars systemrelevant. Gerade nach der Krise“, sagte Jones. Daher sollten auch deren Vertreter in Gespräche mit Behörden und Politik einbezogen werden. Nicht nur „die großen Verbände“ sollen, laut Organisation, die Möglichkeit bekommen, an Exit-Strategien und der Erarbeitung von Hygiene-Maßnahmen mitzuwirken.
(SCOOPCOM!/dpa/KP)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Hamburg lässt Maskenpflicht fallen
Corona-Lockerungen
Corona-Lockerungen

Hamburg lässt Corona-Maßnahmen auslaufen

Während in anderen Bundeländern bereits seit längerer Zeit keine Maskenpflicht mehr besteht, hatte Hamburg die Hotspot-Regel genutzt und die Maßnahme verlängert. Jetzt fällt auch in Hamburg die Maskenpflicht.
Hüphnerposten Eventlokation
Hühnerposten Hamburg
Hühnerposten Hamburg

Aus für Hamburger Eventlocation?

Der Hühnerposten am Hauptbahnhof Hamburg kämpft ums Überleben. Seit nun über 15 Jahren ist der Hühnerposten ein fester Bestandteil der Hamburger Innenstadt, der durch Veranstaltungen verschiedenster Art immer wieder ein buntes Publikum anlockt. Zu spät ausgezahlte Überbrückungshilfen könnten jetzt zur Räumung führen.
Ein Sarg, der als Festtafel geschmückt ist; Teil der Aktion "Leere Stühle" im April 2020 auf dem Magdeburger Domplatz
Aktion
Aktion

Magdeburger Gastronomen bitten zum „Letzten Mahl“

An zwei Tagen stellen Gastronomen auf dem Magdeburger Domplatz eine lange Tafel auf. Daran will man gemeinsam mit Politikern zusammenkommen, um im Rahmen der Aktion „Letztes Mahl“ über die aktuelle Lage zu sprechen.
Hamburger Hafengeburtstag
Wegen Corona
Wegen Corona

Hamburger Hafengeburtstag für 2021 abgesagt

Die 832. Auflage des Hamburger Großereignisses findet nicht statt. Die vorzeitige Absage gab nun der Hamburger Wirtschaftssenator bekannt. Auch wann der Hamburger Fischmarkt wieder öffnen darf, ist unklar.
Demonstration in Berlin des Bündnisses #AlarmstufeRot
Hilferuf der Eventbranche
Hilferuf der Eventbranche

#AlarmstufeRot – zweite Großdemo in Berlin

Ende Oktober 2020 wollen Akteure der deutschen Veranstaltungswirtschaft erneut für ein staatliches Rettungspaket und gegen die noch immer geltenden strengen Corona-Regeln demonstrieren.
Großdemonstration des Bündnisses #AlarmstufeRot in Berlin
Hilferuf
Hilferuf

Großdemo der Veranstaltungsbranche in Berlin

Das Bündnis #AlarmstufeRot hatte zum Protest aufgerufen – über 15.000 Branchenakteure folgten und demonstrierten jetzt für die Rettung der Veranstaltungswirtschaft – und gaben buchstäblich ihr „letztes Hemd“.
Hamburger Fischmarkt
Corona-Restart
Corona-Restart

Hamburger Fischmarkt gerettet

Der Restart in der Hansestadt geht weiter: Wie dieser Tage bekannt wurde, darf nun auch der Fischmarkt wieder öffnen – mit ganz neuem Schutzkonzept.
Corona-Maßnahmen
Corona-Maßnahmen

Hamburger Alkoholverbot bleibt bestehen

In Hamburg ist es auch weiterhin nicht möglich, an den Wochenend-Abenden Bier und Cocktails „to go“ zu erhalten. Ausgenommen von diesem Alkoholverbot ist die Außengastronomie.
Demo von Gastronomen und Hoteliers in Hannover
Corona-Krise
Corona-Krise

Gastronomen demonstrieren in Hannover

Um auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen, gingen jüngst Mitarbeiter der Gastronomie und Hotellerie in der niedersächsischen Landeshauptstadt auf die Straße. Auch die fehlende Planungssicherheit für Feiern war Thema.