Wiener Gastro-Umfrage

Preissteigerungen werden akzeptiert

Kellner beim Servieren
In wenigen Tagen werden die meisten Gastronomiebetriebe in Österreich endlich wieder ihre Arbeit aufnehmen dürfen. (© David Tadevosian photography/fotolia.com)
Eine aktuelle Online-Gästebefragung der Wiener Wirtschaftskammer zeigt Zuspruch für die Wiedereröffnung der Gastronomie am 15. Mai. Trotzdem wird ein Wirtesterben befürchtet.
Freitag, 08.05.2020, 11:15 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

„Die Wiener freuen sich auf die Gastronomie- und Kaffeehäuser-Wiederauferstehung am 15. Mai, das macht uns wirklich glücklich“, freut sich Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomie. Gemeinsam mit seinem Kollegen Wolfgang Binder, Obmann der Fachgruppe Kaffeehäuser der Wirtschaftskammer Wien, hat Dobcak eine Onlinebefragung der Gäste zur Wiedereröffnung der Gastronomie in Auftrag gegeben, die interessante Ergebnisse aufweist.

Hier die zentralen Befragungsergebnisse:

  • Lieferservice – besser als nichts, aber nicht genug um zu überleben: Nur 10 Prozent der Gäste nutzen Liefer- & Abholservices „mehrmals pro Woche“.
  • Freude über Rückkehr der Gastronomie: 70 Prozent der Gäste wünschen sich eine rasche Wiederöffnung der Gastronomie und Kaffeehäuser, obwohl 80 Prozent der Gäste die Notwendigkeit der Betriebsschließungen verstanden haben.
  • Solidarität wird großgeschrieben: 80 Prozent der Gäste wollen die Branche mit ihren Besuchen unterstützen.
  • Sorge um Gastronomen: 70 Prozent der Gäste befürchten ein Gastronomie-Sterben.
  • Ja, aber weniger: 66 Prozent bekunden gedämpfte Besuchsabsichten, bestenfalls „mehrmals pro Monat“.
  • Preiserhöhungen werden akzeptiert: Fast 75 Prozent haben Verständnis für notwendige Preiserhöhungen.
  • Regionalität & besseres Online-Service: Gäste wünschen sich vor allem mehr Regionalität & Saisonalität bei Speis‘ und Trank, bessere Online-Services (Reservierung, Bestellung, etc.) und einen Ausbau von Liefer- und Abholservices. Es besteht aber kein Wunsch nach Ausweitung von Selbstbedienungs-Services und Aufhebung des Rauchverbotes.

Absetzbarkeit von Gastronomierechnungen auch für Privatpersonen gefordert

Die Ergebnisse sind einerseits erfreulich, andererseits machen sie deutlich, wie notwendig weitere Maßnahmen zur kurz- & langfristigen Verbesserung der Situation benötigt werden. „Unsere Betriebe müssen dringend entlastet werden. Eine Senkung der Lohnnebenkosten wäre ein wichtiges Signal der Regierung. Unsere Branche braucht – auch finanziell – Luft zum Atmen“, fordert Kaffeesieder Wolfgang Binder. Aber auch an die Branche gibt es von den Gastrovertretern Appelle. „Kein Preiskampf, sondern differenzierte Strategien für gastronomieaffine Kunden und Gelegenheitsgäste müssen erarbeitet werden“, so Gastronomievertreter Peter Dobcak. Ebenfalls zentrale Anliegen der Branchenvertreter: Eine 100-prozentige Absetzbarkeit von Geschäftsessen sollte dringend wieder einführt werden, und auch die Einführung eines 500 Euro-Absetzbetrags für Gastronomiekonsumationen pro Jahr von Privatpersonen wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

Weitere Forderungen:

  • Förderung des Kleinkunstgewerbes durch abgabenfreie Live-Auftrittsmöglichkeiten in Gastronomiebetrieben
  • staatliche Förderung von Investitionen in betriebseigene Online-, Abhol- und Lieferservices und Maßnahmen zur Steigerung der direkten „Nahversorgung beim Wirten“
  • Maßnahmen zur branchenübergreifenden Förderung von Regionalitäts- & Saisonalitätsangeboten – z.B. Wirt & Bauer, Wirt & Winzer, Wirt & Fleischer
  • Etablierung eines Wiener „Gastronomie-Gütesiegels“ inkl. gemeinsamer Marketing-Plattform

„15 Prozent sperren nicht wieder auf“

Dass allerdings viele Gastronomiebetriebe noch lange nicht über den Berg sind, gibt etwa der niederösterreichische Gastronomie-Fachgruppenobmann Mario Pulker laut einem Artikel im Kurier zu. Pulker schätzt demnach, dass etwa 15 Prozent der Gastronomen in Niederösterreich die Corona-Krise nicht überstehen werden. Genaue Zahlen, wie viele Unternehmen bereits Konkurs anmelden mussten, gibt es bis dato noch nicht. „Aber die Rückmeldungen zeigen, dass es der Gastronomie nicht rosig geht.“ Allerdings stellt Pulker klar, dass sich die Unternehmer auch selbst bei der Nase nehmen müssten: „Wir haben viele Betriebe, wo das Geschäftsmodell schlichtweg nicht funktioniert. Wenn ich nicht genug Rücklagen bilden kann, um zwei harte Monate zu überleben, dann muss ich meinen Businessplan überdenken.“

Dass die Situation die Branche noch einige Zeit begleiten werde, zeigt sich für Pulker auch bei den Gastronomiebetrieben, die am 15. Mai nicht aufsperren dürfen. „Wenn die Gastronomie aufsperrt gibt es zahlreiche Clubs, Discos und andere Nachtlokale die nicht aufsperren dürfen. Oder man denkt an die Lokale in touristischen Regionen wo es sich gar nicht auszahlt, dass sie aufsperren, weil die Touristen fehlen“, gibt Pulker laut Kurier zu bedenken. (WK/Kurier/CK)

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