Restaurantführer

Gault&Millau Österreich 2024 ehrt erstmals zwei Restaurants mit fünf Hauben

Andreas Döllerer und Juan Amador
Die Restaurants von Andreas Döllerer und Juan Amador wurden beide in die höchste Riege der Fünf-Hauben-Betriebe aufgenommen. (Foto: © Jörg lehmann & Alexander Grübling, Montage Stephan Kirsch)
Das gab es noch nie in der Geschichte des Guide Gault&Millau Österreich: Gleich zwei Restaurants steigen in die oberste Liga der Fünf-Hauben-Gastronomie auf. Damit hat Österreich nunmehr acht Fünf-Hauben-Restaurants.
Mittwoch, 15.11.2023, 15:47 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Inflation bei Energie- und Lebensmittelpreisen, explodierende Betriebskosten, dramatischer Personalmangel - Das Jahr 2023 mit seinen vielen Krisen war alles andere als einfach für die österreichische Genuss-Branche. Umso mehr darf es positiv stimmen, dass so viele Gastronomen und Köche mit Engagement und Kreativität kulinarische Höchstleistungen vollbracht haben.

„Es war ein wahrer Tsunami an Problemen, der das Betreiben von Restaurants zu einem wirtschaftlichen Balanceakt machte. Doch die heimische Gastro-Branche hat trotzdem ihre Vitalität und Dynamik nicht verloren, im Gegenteil“, sagt Karl Hohenlohe, Herausgeber des Gault&Millau.

Der Guide Gault&Millau 2024 legt Zeugnis von den großartigen Leistungen der Gastronomie ab: Die 808 besten Restaurants des Landes vereinen nicht weniger als 1.610 Hauben, womit die 45. Ausgabe des renommierten Gourmetführers erneut einen Hauben-Rekord aufstellt. Im Guide werden nicht nur die insgesamt 876 besten Genussadressen des Landes gelistet, er würdigt auch die herausragenden Persönlichkeiten der Branche für ihr ungebrochenes Engagement.

Fünf Hauben für Juan Amador und Andreas Döllerer

Erstmals in der Geschichte des Guide Gault&Millau Österreich wurden mit dem Restaurant Amador in Wien und dem Restaurant Döllerer in Golling (Salzburg) zwei Restaurants in die höchste Riege der Fünf-Hauben-Betriebe aufgenommen, die damit von sechs auf acht wachsen. „Eine noch nie dagewesene Sensation“, freuen sich Martina und Karl Hohenlohe. „Es ist beeindruckend und spannend zugleich, dass es an der Spitze so eine Dynamik gibt – und dies in so herausfordernden Zeiten."

Juan Amador (Foto: © Markus Gmeiner)
Juan Amadors Restaurant wurde mit fünf Hauben geehrt. (Foto: © Markus Gmeiner)

Zwar eint Andreas Döllerer (Restaurant Döllerer, Golling) und Juan Amador (Restaurant Amador, Wien) nun der Fünf-Hauben-Status, ihre kulinarische Handschrift und die dahinterstehende Philosophie könnten aber unterschiedlicher kaum sein. Während Döllerer als der „Godfather der Alpine Cuisine“ die Produkte seiner Heimat mit Glaubwürdigkeit und beachtlicher Kreativität auf das höchste kulinarische Level hebt, steht Amador als „Großmeister der feinen Nuancen“ und kompromissloser Qualitätsfanatiker für eine eigenständige Kreativküche, die er mit faszinierender Präzision einem Alchemisten gleich in Gerichte übersetzt, die nichts als begeistern.

Viel Bewegung

Positive Entwicklungen gibt es aber nicht nur in der absoluten Spitzenklasse. Es wurden auch vier Restaurants (Die Forelle am Weissensee/K, Die Weinbank in Ehrenhausen/ST, Kräuterreich by Vitus Winkler in St. Veit im Pongau/S und Rote Wand Chef’s Table in Lech am Arlberg/V) in die Top-Riege der mit 18,5 Punkten ausgezeichneten Betriebe aufgenommen.

Andreas Döllerer (Foto: © Jörg Lehmann)
Auch Andreas Döllerer freut sich über fünf Hauben für sein Restaurant. (Foto: © Jörg Lehmann)

Außerdem dürfen sich 110 Restaurants über eine erstmalige Listung freuen und 57 erfuhren eine Aufwertung zwischen einem und drei Punkten. Am meisten Punktezuwachs gab es für das La Fenice in Lech am Arlberg (von 13 auf 16 Punkte) und das Fritz & Friedrich in Obertauern (von 12 auf 15 Punkte).

Als haubenstärkstes Bundesland kann sich einmal mehr Tirol behaupten, insgesamt 14 Betriebe erreichten die herausragende Bewertung von 17 bis 19 Punkten. Auf Platz 2 rangiert Salzburg (zwölf Betriebe) und die Top 3 des Bundesländer-Rankings komplett macht Wien (zehn Restaurants).

Chancen erkennen

Not macht erfinderisch. Und das trifft auch auf Österreichs Gastronomie zu, die Trends aufspürt und Chancen erkennt. Das Team der Profi-Tester des Gault&Millau konnte auch in diesem Jahr wieder unterschiedliche äußerst spannende Entwicklungen beobachten, einige davon haben sich bereits in den vergangenen Jahren abgezeichnet: 

Etwa wenn es um Frauen in der lange von Männern dominierten Foodbranche geht. Ob Start-up, Bloggerszene, Spitzengastronomie, Weinwirtschaft oder Ernährungswissenschaft: Frauen denken und agieren richtungsweisend, vernetzen und pushen sich gegenseitig.

Pflanzenbasierte Gerichte bekommen einen immer größeren Stellenwert auf den Speisekarten des Landes und werden immer raffinierter. Einen neuen Twist erhält der Plant-based-Trend durch so genannte „Veganized Recipes“. Dafür werden Klassiker in eine vegane Variante „übersetzt“, ohne dabei den Geschmack des „Originals“ zu verlieren.

Kreativ, ja mitunter mutig bzw. experimentell wird Gemüse als Zutat immer häufiger in der Patisserie eingesetzt. Und in die Gläser kommen vermehrt Getränke aus dem no- und low-Bereich, also Alkoholfreies aus Essenzen, Auszügen oder Fermentiertem bzw. Alternativen mit geringerem Alkoholgehalt.

Die Gäste haben nicht nur ein großes Bewusstsein dafür entwickelt, was sie genießen möchten, auch die Informationskultur rund um die Themen Essen und Trinken ist im Wandel. Menschen wollen heute schon vor einem Restaurantbesuch wissen, was sie dort erwartet – eine weitreichende Digitalisierung der Branche ist daher unumgänglich. Sie betrifft nicht nur interne Optimierungen der Abläufe – Stichwort: Kostenreduktion – sondern eröffnet neue Wege der Kommunikation mit den Gästen.

Digitale Kanäle und Soziale Medien wie Instagram und TikTok spielen für gutes Storytelling eine wichtige Rolle. Dabei geht es einerseits um Präsenz, andererseits aber auch um Authentizität und Transparenz. In diese Kerbe schlägt „Brutal Local“, und damit ein Ansatz, der die viel strapazierte „Regionalität“ weiterdenkt.

Mit Bewegungen wie „New Glocal“ und „Local Exotics“ landen immer mehr „exotische“ Lebensmittel aus regionalem Anbau auf den Tellern. Das ist gut für die CO2-Bilanz, spornt aber auch die Kreativität der Spitzenköche an und überrascht Gäste immer wieder aufs Neue.

Gault&Millau goes Green

„Nachhaltigkeit ist mehr als das, was auf der Speisekarte steht“, sind sich die beiden Gault&Millau-Herausgeber einig und vergeben daher mit der Ausgabe 2024 erstmals die „Grüne Gault&Millau Haube“. Dahinter steckt ein speziell entwickeltes Bewertungssystem, die Green Table Policy, die Kriterien zu verantwortungsbewusstem Einkaufen für Food und Non Food, Abfallmanagement, bewusstem Einsatz von Energie, Wasser und sonstigen Ressourcen sowie die Einbindung von Kunden und Mitarbeiter in die nachhaltigen Elemente des Gastrokonzepts umfasst. Mit jeder Ausgabe wird ein Betrieb mit der „Grünen Gault&Millau Haube“ ausgezeichnet, in dem nicht nur ein Umdenken beispielhaft stattfindet, sondern auch gelebt und im Sinne einer nachhaltigen Zukunft gehandelt wird.

Das Gault&Millau-Team sucht nach „Menschen, die mit ihrem Zugang zur Gastronomie beispielhaft und inspirierend sind“. Einen dieser Menschen findet man mit Jeremias Riezler im Kleinwalsertal. Gemeinsam mit seiner Frau Bettina führt er das Biohotel Walserstuba in Riezlern – ein Hotel mit spannender Küche und einer Philosophie, die beeindruckend und „enkeltauglich“ gleichermaßen ist. Umfassend biozertifiziert, alte Rassen und Sorten, traditionelle Rezepte – Riezlers Herz schlägt für eine Rückbesinnung auf das Wesentliche und Besondere. Und ist dabei zukunftsträchtiger denn je.

Koch des Jahres 2024

Mit Alain Weissgerber (Taubenkobel, Schützen am Gebirge) zeichnet Gault&Millau eine „fixe Größe am kulinarischen Himmel des Landes, einen Fels in der gastronomischen Brandung“ aus. Seine langjährige Performance zeichnet sich durch hochstehendes Handwerk aus, bei dem die französischen Wurzeln des Elsässers stets durchschimmern und mitunter auch eine tragende Rolle einnehmen. Etwa, wenn Weissgerber, der nach der Hotelfachschule in jungen Jahren bei Dominique Le Stanc, im Bristol in Niederbronn und im Stöneck in Heidelberg kochte, im Steirereck in Wien andockte, danach zunächst die Blaue Gans und in späterer Folge den Taubenkobel übernahm, selbstbewusst alte französische Klassiker auf die Karte setzt, die man nirgendwo im Land besser serviert bekommt als beim Gault&Millau Koch des Jahres 2024.

Alain Weissgerber
Alain Weissgerber ist Koch des Jahres 2024. (Foto: © Jürgen Schmücking)

Awards und Auszeichnungen

Wie jedes Jahr vergibt Gault&Millau auch in der Ausgabe 2024 Auszeichnungen für herausragende Leistungen in unterschiedlichen Kategorien.

Patissier des Jahres 2024 ist Jan Eggers, „Zur Goldenen Birn“ im Parkhotel Graz, Graz (Steiermark). Barkeeperin des Jahres 2024 ist Melanie Castillo, Barfly’s und Castillo’s Eis&Bar (Wien).

Der Service Award 2024 geht an Eva-Maria Utassy, Geiger Alm, Altaussee (Steiermark). Zum Newcomer des Jahres 2024 wurde Peter Fankhauser, Guat’z Essen, Stumm (Tirol) ernannt, während Josef Mühlmann, Der Gannerhof, Innervillgraten (Tirol), zum Gastronom des Jahres 2024 gekürt wurde. Sommelière des Jahres 2024 wurde Helena Jordan, Café Capra, St. Valentin (Niederösterreich).

Wirtshaus des Jahres 2024 wurde das Reznicek in Wien. Und das MalisGarten in Zell am Ziller (Tirol) wurde zum Hotel des Jahres 2024 ernannt. 

Neueinsteiger und Aufsteiger

Neue Haubenlokale

  • Zur Goldenen Birn, Graz (ST) – 4 Hauben (17/20)
  • Die Palette, Wien – 3 Hauben (16/20)
  • Mama Konstantina, Wien – 3 Hauben (16/20)
  • Paula, St. Wolfgang (OÖ) – 3 Hauben (16/20)
  • Gamskogelhütte Fine Dining by Stefan Lastin, Katschberg (K) – 3 Hauben (15,5/20)
  • Sonnenstüble, Hirschegg/Kleinwalsertal (V) – 3 Hauben (15,5/20)
  • Walserstube-Jägerstube, Lech am Arlberg (V) – 3 Hauben (15,5/20)
  • Atelier Freund-Schafft, Bad Häring (T) – 3 Hauben (15/20)
  • Aurea, Villach (K) – 3 Hauben (15/20)
  • Austria Stube, Obergurgl (T) – 3 Hauben (15/20)
  • Duchardt, Wien – 3 Hauben (15/20)
  • Esszimmer by Alexander Kumptner, Wien – 3 Hauben (15/20)
  • Fuxbau, Hof bei Salzburg (S) – 3 Hauben (15/20)
  • Glasswing, Wien – 3 Hauben (15/20)
  • ’S Paul Restaurant, Traunkirchen (OÖ) – 3 Hauben (15/20)

Aufsteiger des Jahres

Aufwertung um 3 Punkte:

  • La Fenice, Lech am Arlberg (V) – 3 Hauben (16/20)
  • Fritz & Friedrich, Obertauern (S) – 3 Hauben (15/20)

Aufwertung um 2,5 Punkte:

  • Flos Restaurant, Zell am See (S) – 3 Hauben (15/20)

Aufwertung um 2 Punkte:

  • Beef Club, Fiss (T) – 4 Hauben (17/20)
  • Geiger Alm, Altaussee (ST) – 4 Hauben (17/20)
  • Wunderkammer, Lech am Arlberg (V) – 3 Hauben (15,5/20)
  • Das James am Golfplatz, Bad Aussee (ST) – 2 Hauben (13,5/20)

(Gault&Millau/SAKL)

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