Forderung

Gastronomie stemmt sich gegen die Mehrwertsteuererhöhung

Zwei Gastronomen bei der Abrechnung
Laut einer aktuellen Befragung des Dehoga ist damit zu rechnen, dass sich mehr als 12.000 gastronomische Betriebe schließen müssen, sollte die Mehrwertsteuer auf Speisen wieder auf 19 Prozent angehoben werden. (Foto: © Rido/stock.adobe.com)
In der Branche wird die Kritik lauter: Sollte der alte Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent wieder eingeführt werden, könnte dies verheerende Folgen für die Gastronomie haben. Hans im Glück macht deshalb in einem offenen Brief deutlich, was eine erneute Steuersatzerhöhung bedeutet. Das Franchiseunternehmen ist mit seinen Bedenken nicht allein.  
Freitag, 04.08.2023, 12:47 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Die Auswirkungen der Pandemie sind für das Gastgewerbe immer noch spürbar – Personalmangel, ausbleibende Kundschaft und Betriebsschließungen.

Bereits zwischen 2020 und 2021 haben nach Angaben des Statistischen Bundesamts mehr als 36.000 Unternehmen ihren Betrieb eingestellt1 – das ist ein Branchenverlust von 16,1 Prozent. 

Doch dabei wird es kaum bleiben. Wie die Hauptgeschäftsführerin des Dehoga Bundesverbands, Ingrid Hartges, kürzlich bekannt gab, spitze sich die Lage für die Gastronomen deutlich zu.

Ihrem Aufruf, die Initiative zu ergreifen und aktiv auf die Politik zuzugehen, kommt Hans im Glück mit dem offenen Brief nun nach. Das Franchise-Unternehmen richtet sich damit an über 300 deutsche Politiker.

1.000.000 gastronomische Arbeitsplätze bedroht

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwölf Prozentpunkte trifft in Deutschland rund 150.000 steuerpflichtige Gastro-Unternehmen2, darunter befinden sich auch über 90 „Hans im Glück“-Filialen sowie rund eine Millionen Arbeitsplätze.3

Dass das derzeitige Vorhaben der Bundesregierung die angespannte Situation der Gastronomen nicht berücksichtigt, ist für das Burgergrill-Unternehmen unverständlich.

So liege beispielsweise der Mehrwertsteuersatz für Alltagsbedarfsgegenstände bei sieben Prozent, dazu gehörten auch Lebensmittel, wenn sie im Einzelhandel oder ‚To Go‘ erworben werden würden.

Auch für Freizeitaktivitäten, wie zum Beispiel ein Kino-, Theater- oder Hotelbesuch gelte der gleiche Steuersatz, so Hans im Glück in seinem Appell an die Politik.

„Geselligkeit ist ein Grundrecht“

Dass gerade Restaurants, die als Kombination aus verarbeiteten Lebensmitteln und einer Freizeitaktivität wahrzunehmen sind, 2024 steuerlich wieder hochgestuft werden sollen, wirft bei dem Franchise-Unternehmen Fragen auf.

 Zudem bilden Gaststätten, Lokale, Imbissbuden und viele weitere gastronomische Betriebe als öffentliche Räume für ein soziales Miteinander den Mittelpunkt unserer Gesellschaft.

Um diese Orte der Freundschaft, Familie und des Beisammenseins zu schützen und für das Grundrecht auf Geselligkeit einzustehen, darum gehe es dem Franchise-Restaurant aus München.

Das Unternehmen erhofft sich, durch den offenen Brief ein Zeichen für die Branche zu setzen, argumentative Klarheit zu bringen und der gastronomischen Perspektive ein Gehör zu verschaffen, sodass eine Mehrwertsteuererhöhung politisch abgewendet werden kann.

HoGa-Netz warnt vor der Zurückführung zum alten Steuersatz

Auch das HoGa-Netz fordert die Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer für Speisen. „Über die Bedeutung der 7-Prozent-Regelung für das Gastgewerbe und vor allem für die Menschen in diesem Land scheint man sich in Berlin noch nicht richtig im Klaren zu sein“, erklärt Helmut Tranow, Chef von HoGa-Netz.

Helmut Tranow
Helmut Tranow, Chef von HoGa-Net (Foto: © Franz Tranow KG)

Er ergänzt: „Die mögliche Zurückführung zum alten 19-Prozent-Satz wäre eine einzige Katastrophe. Viele Betriebe gerade auch im ländlichen Raum und strukturschwachen Gebieten können ihren Gästen weitere Preissteigerungen nicht zumuten. Das Geld ist schlicht und ergreifend nicht da."

Die Lebensqualität der Bevölkerung würde massiv abnehmen, wenn Gasthausbesuche nicht mehr bezahlbar wären. Tausende Unternehmensexistenzen würden vernichtet, unzähliges Personal und Familienangehörige ständen auf der Straße und der Bevölkerung gingen wichtige Kommunikations- und Freizeitmöglichkeiten verloren, prophezeit Helmut Tranow.

"Wir haben regelmäßig Betriebe am Telefon, die uns ihre große Sorge von der Rücknahme des ermäßigten Steuersatzes berichten. Man kann ihre Existenzangst förmlich mit den Händen greifen. Wir fordern daher die Politik im Sinne der Menschen in diesem Lande auf, es bei der derzeitigen Regelung zu belassen und dass nicht ihre Enttäuschung sie in falsche Hände treibt“, fordert Helmut Tranow.

Dehoga-Umfrage führt die Dringlichkeit vor Augen

Laut einer aktuellen Befragung des Dehoga ist damit zu rechnen, dass sich mehr als 12.000 gastronomische Betriebe schließen müssen, sollte die Mehrwertsteuer auf Speisen von derzeit 7 auf 19 Prozent angehoben werden.

Darüber hinaus geht der Dehoga von einem Anstieg der Preise um mehr als 15 Prozent und einem Rückgang der Umsätze aus. Die Umfrage verdeutlicht somit die enormen Auswirkungen, die eine solche Steuererhöhung auf die Gastronomiebranche hätte.

Der Dehoga fordert daher ebenso wie der Bundesverband der Systemgastronomie und die Hoteldirektorenvereinigung Deutschland die Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer.

Auch das Deutsche Tiefkühlinstitut unterstützt die Forderung des Dehoga, den reduzierten Mehrwertsteuersatz beizubehalten.

Zuletzt schlug der Dehoga Bayern Alarm. Er warnte davor, dass mehr als 2.000 Betriebe befürchten, schließen zu müssen, sollte die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent angehoben werden.

Dies verdeutlichte eine Umfrage unter 11.000 Mitgliedern des Verbandes, an der mehr als 2.100 Befragte teilnahmen

1Quelle: Statistisches Bundesamt | Umsatzsteuerstatistik 2020 + 2021
2Quelle: Statista GmbH | Anzahl der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen in der Gastronomie in Deutschland von 2002 bis 2021
3Quelle: Statistisches Bundesamt | Beschäftigte in der Gastronomie

(Hans im Glück/HoGa-Netz/dti/Dehoga Bundesverband/SAKL)

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