Gastgeberkreis: „Das kann so nicht weitergehen!“
Wie ein Ergebnis des aktuellen Jahreswirtschaftsberichts zeigt, bleibt insbesondere der von sozialen Kontakten abhängige Dienstleistungssektor nach wie vor hart getroffen. Für Gastronomen, die seit Monaten existenziell bedroht sind, stellt dies einen weiteren herben Rückschlag dar. „Uns ist wieder klargeworden, dass seitens der Politik viel geredet und zu wenig gehandelt und umgesetzt wird“, ließ etwa Mirko Silz, CEO bei L’Osteria und Mitglied der Brancheninitiative „Gastgeberkreis“ dazu verlauten. Dieser gehören aktuell rund 40 Gastronomen und Unternehmer an – darunter bekannte Markengastronomien wie L‘Osteria, Hans im Glück, Nordsee, LeCrobag und die Block Gruppe.
Das Problem der Perspektivlosigkeit
Auch der vor kurzem veröffentlichte ifo-Geschäftsklimaindex spricht keine erfreulichere Sprache: Im Dienstleistungssektor liegen die Zahlen zur Geschäftslage und zu den Geschäftserwartungen bei minus 4,4. „Die pessimistische Stimmung überrascht uns nicht“, kommentiert Johannes Bühler, Geschäftsführer der Hans im Glück Franchise GmbH. Zu den stockenden staatlichen Hilfen, die nur verzögert ausgezahlt würden, komme das Problem der Perspektivlosigkeit hinzu. „Wie sollen wir planen, wenn wir nicht wissen, unter welchen Voraussetzungen wir wieder öffnen können? Es kann nicht sein, dass wir als Teil des Mittelstands so im Stich gelassen werden.“ Als Ungerechtigkeit empfindet der Gastgeberkreis die konjunkturelle Spaltung. „Wir werden dauerhaft ohne Aussicht auf ein Ende und über Niveau anderer Branchen belastet, das kann so nicht weitergehen“, so Silz und Bühler gleichermaßen.
Gastgeber offen für Gespräche
Doch Silz sieht auch Potenzial für eine Öffnung der Gastronomie: „Dass wir die Pandemie schnell überwinden – da sollten wir ehrlich sein – wird so schnell nicht passieren. Aber unsere Hygienekonzepte und strenge Kontrollen könnten uns bei sinkenden Infektionszahlen helfen und Öffnungen ermöglichen. Außerdem ändert sich gerade die Situation beim Thema Corona-Schnelltests: Hier soll es schon bald frei verkäufliche Schnelltests geben, zum Beispiel Gurgel-Tests, die nicht von medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden müssen. Mit einem aktuellen Negativergebnis spricht meines Erachtens nichts dagegen, dass wir wieder Gäste empfangen können. Denn letztendlich wollen doch alle Bürger:innen in Deutschland wieder in ihr Lieblingsrestaurant oder -café gehen – und sich dabei sicher fühlen. Über diese Möglichkeit sollten wir also sprechen und sie prüfen.“ Zudem sieht Silz vor dem Hintergrund aktueller Stufenpläne verschiedener Landesregierungen erst recht keinen Grund mehr, die Gastronomie weiter zu benachteiligen: „Was für den Handel gilt, sollte auch für die Gastronomie gelten: Wiedereröffnung in Stufe 1.“
„Gastronomie muss beim Restart von Anfang an dabei sein“
Dass ein Aussterben der Branche verhindert werden muss, steht außer Frage: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hat L’Osteria von März bis Dezember 2020 rund 54 Millionen Euro Umsatzeinbußen zu verzeichnen. Die zugesagten, staatlichen Hilfen kamen monatelang nicht an und ziehen sich aufgrund bürokratischer Hürden und nachträglich wechselnder Anspruchsvorrausetzungen hin. „Gastgeber“-Sprecher Prof. Dr. Torsten Olderog von der AKAD University Stuttgart ergänzt: „Es geht insgesamt um zwei Millionen Beschäftigte deutschlandweit in der Gastronomie. Die Bundesregierung muss es gelingen, den Schutz der Bevölkerung und den Restart der Wirtschaft unter einen Hut zu bringen – und die Gastronomie muss von Anfang an dabei sein. Denn mit jedem Gastronomiebetrieb, der stirbt, sind Menschen verbunden, die unverschuldet in diese Situation gerieten und nun drohen, ins soziale Abseits zu rücken.“
Der Gastgeberkreis ist ein Zusammenschluss von Gastronomen und Gastrounternehmer, die von der Coronakrise unmittelbar betroffen sind. Ziel dieser Initiative ist es, die Wahrnehmung der Gastronomie in Politik und Gesellschaft zu schärfen.