Jahreswirtschaftsbericht

Gastgeberkreis: „Das kann so nicht weitergehen!“

Johannes Bühler, Geschäftsführer von Hans im Glück
Auch Johannes Bühler, Geschäftsführer von Hans im Glück Franchise GmbH, spricht sich im Rahmen des Gastgeberkreises gegen die unzureichende Coronapolitik der Bundesregierung aus. (Archivbild © picture alliance/KEYSTONE | ANTHONY ANEX)
Viel geredet und viel zu wenig umgesetzt – so lautet eine der aktuellen Anklagen des Gastgeberkreises, dem mittlerweile rund 40 Gastronomen und Unternehmer angehören.
Montag, 01.02.2021, 15:14 Uhr, Autor: Thomas Hack

Wie ein Ergebnis des aktuellen Jahreswirtschaftsberichts zeigt, bleibt insbesondere der von sozialen Kontakten abhängige Dienstleistungssektor nach wie vor hart getroffen. Für Gastronomen, die seit Monaten existenziell bedroht sind, stellt dies einen weiteren herben Rückschlag dar. „Uns ist wieder klargeworden, dass seitens der Politik viel geredet und zu wenig gehandelt und umgesetzt wird“, ließ etwa Mirko Silz, CEO bei L’Osteria und Mitglied der Brancheninitiative „Gastgeberkreis“ dazu verlauten. Dieser gehören aktuell rund 40 Gastronomen und Unternehmer an – darunter bekannte Markengastronomien wie L‘Osteria, Hans im Glück, Nordsee, LeCrobag und die Block Gruppe.

Das Problem der Perspektivlosigkeit

Auch der vor kurzem veröffentlichte ifo-Geschäftsklimaindex spricht keine erfreulichere Sprache: Im Dienstleistungssektor liegen die Zahlen zur Geschäftslage und zu den Geschäftserwartungen bei minus 4,4. „Die pessimistische Stimmung überrascht uns nicht“, kommentiert Johannes Bühler, Geschäftsführer der Hans im Glück Franchise GmbH. Zu den stockenden staatlichen Hilfen, die nur verzögert ausgezahlt würden, komme das Problem der Perspektivlosigkeit hinzu. „Wie sollen wir planen, wenn wir nicht wissen, unter welchen Voraussetzungen wir wieder öffnen können? Es kann nicht sein, dass wir als Teil des Mittelstands so im Stich gelassen werden.“ Als Ungerechtigkeit empfindet der Gastgeberkreis die konjunkturelle Spaltung. „Wir werden dauerhaft ohne Aussicht auf ein Ende und über Niveau anderer Branchen belastet, das kann so nicht weitergehen“, so Silz und Bühler gleichermaßen.

Gastgeber offen für Gespräche

Doch Silz sieht auch Potenzial für eine Öffnung der Gastronomie: „Dass wir die Pandemie schnell überwinden – da sollten wir ehrlich sein – wird so schnell nicht passieren. Aber unsere Hygienekonzepte und strenge Kontrollen könnten uns bei sinkenden Infektionszahlen helfen und Öffnungen ermöglichen. Außerdem ändert sich gerade die Situation beim Thema Corona-Schnelltests: Hier soll es schon bald frei verkäufliche Schnelltests geben, zum Beispiel Gurgel-Tests, die nicht von medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden müssen. Mit einem aktuellen Negativergebnis spricht meines Erachtens nichts dagegen, dass wir wieder Gäste empfangen können. Denn letztendlich wollen doch alle Bürger:innen in Deutschland wieder in ihr Lieblingsrestaurant oder -café gehen – und sich dabei sicher fühlen. Über diese Möglichkeit sollten wir also sprechen und sie prüfen.“ Zudem sieht Silz vor dem Hintergrund aktueller Stufenpläne verschiedener Landesregierungen erst recht keinen Grund mehr, die Gastronomie weiter zu benachteiligen: „Was für den Handel gilt, sollte auch für die Gastronomie gelten: Wiedereröffnung in Stufe 1.“

„Gastronomie muss beim Restart von Anfang an dabei sein“

Dass ein Aussterben der Branche verhindert werden muss, steht außer Frage: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hat L’Osteria von März bis Dezember 2020 rund 54 Millionen Euro Umsatzeinbußen zu verzeichnen. Die zugesagten, staatlichen Hilfen kamen monatelang nicht an und ziehen sich aufgrund bürokratischer Hürden und nachträglich wechselnder Anspruchsvorrausetzungen hin. „Gastgeber“-Sprecher Prof. Dr. Torsten Olderog von der AKAD University Stuttgart ergänzt: „Es geht insgesamt um zwei Millionen Beschäftigte deutschlandweit in der Gastronomie. Die Bundesregierung muss es gelingen, den Schutz der Bevölkerung und den Restart der Wirtschaft unter einen Hut zu bringen – und die Gastronomie muss von Anfang an dabei sein. Denn mit jedem Gastronomiebetrieb, der stirbt, sind Menschen verbunden, die unverschuldet in diese Situation gerieten und nun drohen, ins soziale Abseits zu rücken.“

Der Gastgeberkreis ist ein Zusammenschluss von Gastronomen und Gastrounternehmer, die von der Coronakrise unmittelbar betroffen sind. Ziel dieser Initiative ist es, die Wahrnehmung der Gastronomie in Politik und Gesellschaft zu schärfen.

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Junge Menschen sitzen in einem Cafe und unterhalten sich
Entwicklung
Entwicklung

Gastgewerbeumsatz im September leicht gesunken

Traditionell bringt der Sommer in der Gastronomie mehr Einnahmen. Nicht nur das Wetter steigert die Lust auf gutes Essen, sondern auch die zahlreichen schönen Biergärten. Zum Ausklingen der warmen Jahreszeit kommt es daher regelmäßig zu einem Abschwung.
Olaf Scholz und Christian Lindner
Nachgefragt
Nachgefragt

Ampel-Aus: „Das Gastgewerbe braucht eine starke und durchsetzungsfähige Bundesregierung“

Der 6. November 2024 geht wohl als denkwürdiger Tag in die Geschichte ein: Erst gewinnt Donald Trump die US-Wahl; am Abend folgt dann das Ende für die Ampelkoalition. Verbände des Gastgewerbes fordern jetzt schnelle Neuwahlen. Politischer Stillstand sei zu vermeiden, wie sie auf Anfrage von HOGAPAGE betonen. 
v.l.n.r. die Mitglieder des Dehoga Bayern: Christopher Riemensperger (Schatzmeister), Andreas Brunner (2. Vizepräsident), Michaela Schmitz-Guggenbichler (Vorsitzende des Fachbereichs Gastronomie), Angela Inselkammer (Präsidentin), Tourismusministerin Michaela Kaniber, Dr. Thomas Geppert (Geschäftsführer), Thomas Förster (1.Vizepräsident).
Aufruf
Aufruf

Kaniber fordert politische Wende für das Gastgewerbe

Die Tourismusministerin Michaela Kaniber hat sich auf dem diesjährigen Gastgebertag des Dehoga Bayern zur aktuellen Lage der Branche geäußert. In einem Statement fordert sie unter anderem die Rückkehr zum niedrigeren Mehrwertsteuersatz.
Die Job-Entdecker-Tour der „Sterne im Sauerland“ eröffnet u.a. Einblicke in die Arbeit der Küchen-Teams.
Ausbildung
Ausbildung

Schnuppertage im Hotel

Auf der Suche nach Nachwuchskräften werden derzeit viele Methoden in Deutschland ausprobiert. Im Sauerland versucht jetzt eine Kooperation verschiedener Hotels mit kurzen Praktika, junge Menschen für die Branche zu begeistern.
Bezahlen im Restaurant
Umsatzzahlen
Umsatzzahlen

Gastgewerbe verzeichnet geringeren Umsatz im August

Bei vielen Hotels und Gastwirtschaften laufen die Geschäfte nach wie vor nicht so gut wie vor der Corona-Pandemie. Selbst in Ferienzeiten kommt die Branche insgesamt nicht auf eine positive Bilanz.
Gastronomen bei der Abrechnung
Praxischeck
Praxischeck

Bund und Bayern erarbeiten Bürokratie-Erleichterungen für das Gastgewerbe

Allergene, Arbeitszeiten, Hygieneschulungen des Personals, Reinigungspläne und vieles mehr – Gastronomen müssen zahlreiche Berichts- und Dokumentationspflichten erfüllen, um ihren Betrieb ordnungsgemäß zu führen. All dies kostet Zeit und Geld. Deshalb fand in München jetzt ein praxisorientierter Workshop statt, um bürokratische Hürden im Gastgewerbe abzubauen. 
Bezahlung im Restaurant
Umsatzzuwächse
Umsatzzuwächse

Guter August für das bayerische Gastgewerbe

Der Ferienmonat August bescherte den bayerischen Wirten und Hoteliers erfreuliche Umsatzzuwächse. Für das laufende Jahr sieht das Bild jedoch nicht ganz so positiv aus.
Jonas Grundner wird Chef de Cuisine im Gourmetrestaurant ice Q
Personalie
Personalie

Jonas Grundner wird Küchenchef im ice Q

Auf über 3.000 m zu kochen, ist sicherlich eine ganz eigene Herausforderung. Der gebürtige Vorarlberger Grundner freut sich aber über diese großartige Chance. Immerhin war auch schon James Bond zu Gast auf dem Gipfel des Gaislachkogls.
Kellner servieren Gerichte an Gäste
Personalmangel
Personalmangel

Fachkräftelücke im Gastgewerbe wird kleiner

In Hotels, Restaurants und Cafés fehlt vielerorts Personal. Einer neuen Studie zufolge ist der Bedarf an qualifizierten Beschäftigten in Hotel- und Gaststättenberufen in Deutschland jedoch deutlich zurückgegangen.