„Die Wiesn war unser Leben“
Dass Wiesnwirte freiwillig ihre Festzelte auf dem Oktoberfest aufgeben, ist eine Seltenheit. Daher überraschte die Mitteilung der Wirtefamilie Heide, dass sie sich nach 83 Jahren nun nicht mehr für die Bewirtung des Pschorr-Traditionsfestzelts „Bräurosl“ auf dem Oktoberfest bewerben werden. Die Corona-Krise und die damit verbundenen finanziellen Unwägbarkeiten seien ein Grund. Über vier Generationen hinweg führte die Familie Heide den Betrieb auf der Münchner Wiesn.
Wiesnwirtin Daniela Heide sagte: „Wir haben uns das reiflich überlegt. So ein Schritt ist ja auch aufgrund der langen Familientradition nicht leicht. Schon unser Urgroßvater war auf dem Oktoberfest.“ Ihr Vater Georg Heide nannte den Schritt traurig, aber notwendig. Letzter Auslöser sei die Corona-Krise gewesen. „Zwei Monate haben wir schon vorab diskutiert, wie das ablaufen wird, wie die Zukunft 2021 aussehen wird“, berichtet Georg Heide. Dabei seien die Bedenken immer größer geworden. Durch die Wiesnabsage fehlten Einnahmen, sie machten sonst mehr als 60 Prozent des Jahresumsatzes aus.
„Erst einmal sacken lassen“
Zudem werde es bei der Wiesn 2021 für den Fall einer Pandemie voraussichtlich keinen ausreichenden Versicherungsschutz geben. Das sei zu riskant. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Oktoberfest
künftig so sein wird, wie es die letzten Jahre war“, sagt Heide und nannte die Abstandsregelungen. „Das wäre auf der Wiesn nicht möglich.“ Auch die Infektion eines Mitarbeiters und als Folge eine mehrtägige Zeltschließung wäre schwierig. „Nach so vielen Jahren ist es nicht einfach, sowas zu entscheiden“, sagt Georg Heide. „Die Wiesn war unser Leben, wir haben dort viele schöne Dinge erlebt und sind dankbar dafür.“
Die Sprecherin von Hacker-Pschorr, Birgit Zacher sagte: „Wir müssen das erst einmal sacken lassen. Wir bedauern das sehr.“ Es sei weit mehr gewesen als ein geschäftliches Verhältnis.
Bräurosl-Betrieb seit 1936
Urgroßvater Georg Heide hatte die Bräurosl 1936 übernommen. Seit den 1980er Jahren war das Zelt Schauplatz des legendären „Gay Sunday“, zu dem Gäste aus ganz Europa anreisen.
Daniela Heide will sich nun mit Ehemann Pascal auf den Stammbetrieb konzentrieren. Die Gaststätte Heide-Volm in Planegg soll umstrukturiert werden. „Wir wollen ein Wirtshaus und Biergarten für junge Familien sein“, sagte Heide.
(dpa/lby/KP)