Berlin Food Week zeigt 7 Praxisbeispiele für die Ernährung der Zukunft
„Wir haben durchs Schlüsselloch auf die Teller der Zukunft geschaut“, sagt Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey.
Sie ergänzt: „Wir als Wirtschaftssenat denken darüber nach, wie wir die Vier-Millionen-Metropole Berlin in Zukunft nachhaltig, regional und geschmackvoll ernähren können. Insofern ist das, was wir heute sehen, nicht nur geschmacklich interessant, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Ich finde den Gedanken, jenseits des Verzichts die Geschichte zu erzählen, dass es eine ganz neue Vielfalt an Genuss und Geschmack ermöglicht, sehr gut.“
„Wir wollen zeigen, wie vielfältig und genussvoll die Ernährung künftig aussehen kann“
Aber warum sollte unsere Ernährung künftig überhaupt anders aussehen? „Der größte Hebel in der Bekämpfung des Klimawandels liegt auf dem Teller. Wir können die Rechnung nicht mehr weiter ohne den Planeten machen“, sagt Christian Hamerle, Co-Gastgeber und Head of Food Service Innovation bei Dussmann.
Das dieses Thema im Rahmen des Food-Festivals Berlin Food Week unverzichtbar ist, erklärt Co-Gastgeberin und Kuratorin des Abends Alexandra Laubrinus wie folgt: „Wir wollen zeigen, wie lustvoll Future of Foods sein kann und laden unsere Besucher ein, gewohnte Perspektiven zu hinterfragen.“
Die wichtigste Botschaft: „Mit einer Verzichtsdebatte kann man die Menschen nicht mitnehmen bei dieser Transformation. Wir wollen zeigen, wie vielfältig und genussvoll die Ernährung künftig aussehen kann“, erklärt Co-Gastgeber Jörg Reuter, Geschäftsführer des Food Campus Berlin.
Was wurde präsentiert?
Diese und weitere neuen Technologien, Methoden zur Nahrungsmittelproduktion und Zutaten wurden gezeigt, erläutert und genossen:
- Fischalternativen aus Meeresalgen, am Beispiel des Pulled-"Lachs" des Berliner Start-ups BettaFish.
- Upcycling und Zero Waste, am Beispiel des Treberbrots von Tim Gräsing von der Speisekneipe Lausebengel in Kooperation mit dem Food-Tech-Projekt ReGood. Damit wurde demonstriert, wie das Brauereinebenprodukt Treber als Upcycling-Getreiderohstoff fürs Brotbacken genutzt werden kann.
- Präzisionsfermentation zur Herstellung von pflanzlichen Proteinen, am Beispiel des Käses des Berliner Biotech-Start-ups Formo. Victoria Reinsch von Formo erklärt diese Technik: „Wir passen die DNA von Hefen und Bakterien an. Diese werden in einen Bioreaktor gefüllt und dort ernähren sie sich von einer Nährstofflösung – daraus entstehen Proteine. Wir brauchen geilen Käse auch ohne Tiere. Denn es reicht eben nicht, nur plant-based Alternativen zu haben, weil sie nicht die Geschmacksvielfalt bieten, die wir für echten Genuss brauchen. Mit Präzisionsfermentation kann man Käse herstellen, der nicht nur ein gutes Geschmacksprofil bietet, sondern auch ernährungsphysiologisch gut ist.“
- Fokus auf pflanzenbasierte Ernährung am Beispiel der Pilzlebercreme von Sebastian Frank, Inhaber und Küchenchef des Sternerestaurants Horváth in Berlin. Mit seinem Signature Dish, das geschmacklich einer Gänseleber täuschend ähnlich ist, beweist er, dass pflanzliche Produkte den tierischen in puncto Textur und Umami in nichts nachstehen. Frank dazu: „Meine Küche spiegelt den Wandel der Gesellschaft wieder. Gemüse ermöglicht für mich mehr Kreativität, weil es viel vielfältiger zubereitet werden kann. Wir haben in unserem Restaurant auch einen Bildungsauftrag, weil kulinarische Bildung nötig ist, um etwas zu verändern.“
- Kreislaufwirtschaft in der Milchproduktion, am Beispiel des Gangs Kartoffeln und Quark des Küchenteams des Restaurants Ursprung in Kooperation mit der Initiative Milch. Elisa Münster, Referentin für Nachhaltigkeit und Tierwohl beim QM Milch e. V. und Landwirtin, erklärt die Kreislaufwirtschaft wie folgt: "Die Milch ist schon auf einem nachhaltigen Weg. Im Zentrum des Ganzen steht eine gesunde Kreislaufwirtschaft. Kühe fressen Gras und Gras wächst auf Grünland, unserem wichtigsten CO2-Speicher. Unsere Kühe fressen, was wir nicht verwerten können. Mist und Dung kommt in Biogasanlagen und werden so zu Energie. Die Kuh ist also viel mehr als ihr CO2-Rucksack, wenn wir sie clever und nachhaltig in den Kreislauf mit einbinden."
- Regenerative Landwirtschaft und zirkuläre Tierhaltung, am Beispiel des Gangs Duett vom Köllnitzer dry aged Zander und grasgefütterten Weiderind, gekocht von Stefan Ziegenhagen, Chefkoch der Köllnitzer Hofküche. Jörg Reuter dazu: „Wir fordern, dass Deutschland auf 100 Prozent ökologische, regenerative Landwirtschaft umsteigt. Denn warum sollte sich die Gesellschaft mit weniger zufriedengeben, als mit 100 Prozent nachhaltiger Landwirtschaft? Und auch wenn häufig von der Reduktion tierischer Produkte die Rede ist, brauchen wir dennoch weiterhin tierische Produkte – aber eben als smarte Proteine. Die Tierwirtschaft erzeugt dann smarte Proteine, wenn sie zirkulär ist. Wie das geht? Wir sollten in Zukunft nur so viele Tiere halten, wie wir mit der Menge an Biomasse wie beispielsweise Gras ernähren können, die nicht für die menschliche Ernährung genutzt werden kann. Konkret sind das 50 Prozent weniger Tierbestände als aktuell.“
- Biomassefermentation von Pilzmyzelien zur Herstellung von Alternativen zu Fisch, Fleisch und Milchprodukten am Beispiel des Doughnuts mit Myzelium-Karamell-Creme von Atelier Dough und Mushlabs. Dr. Natalia Drost von Mushlabs erklärt den Prozess: „Wir nehmen die Wurzeln von Pilzen, die überall unter unseren Füßen sind. Diese kommen in einen Brauereitank mit Nährstoffen, das sind beispielsweise Reststoffe der Agrarindustrie. Dort vermehren sie sich fleißig und wir machen daraus Fleisch, Käse, Fisch oder Desserts. Myzelium ist sehr versatil und soll kein Fleisch nachahmen. Wir wollen mit Pilzen ein Lebensmittel wieder einführen, was vergessen wurde. Wir nutzen dazu eine Produktionstechnik, die fast kein Land und Wasser benötigt und resistent gegen Umwelteinflüsse ist.“
(Berlin Food Week/SAKL)