150 Jahre Festessen in der Villa Hügel
Kaiser Wilhelm II. gab sich gleich mehrfach die Ehre, Könige, Bundespräsidenten und 2001 der damals noch freundlich begrüßte russische Präsident Putin: Festessen im riesigen einstigen Wohnhaus der Familie Krupp in Essen – der Villa Hügel – gehörten viele Jahre zum Standardprogramm hochkarätiger Staatsbesuche in Deutschland.
Der Politologe und Autor Knut Bergmann hat im Auftrag des Krupp-Archivs aus rund 2.500 erhaltenen Menükarten dieser Veranstaltungen in fast 150 Jahren ein kleines Buch gemacht. Es zeigt den Weg vom französisch geprägten Tafelprunk der Wilhelminischen Ära bis in die jüngste Zeit.
Essen in Überfülle
Die Festessen mit zahlreichen Gängen waren dabei einerseits großbürgerliche Statusdemonstration, wie der Leiter des Krupp-Archivs Ralf Stremmel sagt. Zugleich ging es – modern formuliert – ums „Netzwerken“, um Vertrauen und Nähe zu den Gästen. „Direkt übers Geschäft geredet wurde dabei nicht, das kam vorher oder hinterher“, sagt Stremmel.
Zu Essen gab es oft mehr als genug: Bei einem Besuch von Kaiser Wilhelm Ende Oktober 1896 ließ sich der Monarch erst auf einem Schießplatz Krupp-Geschütze vorführen. Serviert wurde zum Mittagsessen Linsensuppe, Rindersteak, Poularden, Salat und Käse, heißt es im Buch. Nur einige Stunden später folgte auf dem Hügel das eigentliche Festessen mit Kaviar, Austern, danach Taubensuppe, Seezungen, Hasenfilet mit Edelpilzen, einem Kuchen mit Buttercreme und zum Abschluss noch ein Käsebrötchen mit Obst.
Pannen zu Tisch
Bei Tisch gab es auch Protokoll-Pannen. So kannte in den 1920er Jahren ein sowjetischer Techniker Fingerschalen mit Wasser und Zitrone zum Reinigen der Hände nach Meeresfrüchte-Gerichten nicht. Er trank stattdessen aus der Schale.
Heute is(s)t man bescheidener
In neuer Zeit wird gelegentlich immer noch getafelt in der Villa – allerdings viel bescheidener als einst. So gab es zur 200-Jahr-Feier des Unternehmens 2011 gerade einmal vier Gänge: Hummer, eine Tauben-Essenz, Lamm und einen Quitten-Nachtisch – allerdings nicht in der Villa gekocht, sondern vom Caterer geliefert.
(dpa/SAKL)