WLAN-Hotspots: Hotelverband sieht Versäumnisse
Vor der Wahl ist meist nie nach der Wahl. Anstatt ihre Wahlversprechen Schritt für Schritt in die Tat umzusetzen, vergisst die Politik nach der Wahl oft ihre hehren Ziele.
Der Hotelverband Deutschland (IHA) beklagt die Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung neuer WLAN-Hotspots. Die Bundesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, mehr offene Hotspots zu schaffen. Stand heute, sei aber noch lange nicht alles Gold, was glänzt. In einem Blogbeitrag macht Rechtsanwalt Stefan Dinnendahl, Geschäftsführer der IHA-Service GmbH, seinem Ärger Luft. Der Beitrag im Original-Wortlaut:
„Der erste Gesetzentwurf im Sommer 2016 blieb hinter den geweckten Erwartungen und hinter dem Koalitionsvertrag zurück. Zwar wurden Hotspot-Anbieter von Schadensersatzansprüchen freigestellt, aber das Geschäftsmodell der Abmahnindustrie blieb wegen des verbliebenen Unterlassungsanspruchs erhalten.
Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) richtete nicht, was der deutsche Gesetzgeber unterlassen hatte. Der erhoffte Befreiungsschlag in Sachen rechtssicherer WLAN-Angebote der Hotellerie blieb bisher sowohl durch den deutschen Gesetzgeber, als auch durch das oberste europäische Gericht aus. Rechtssicherheit, Praxistauglichkeit und unkompliziertes freies WLAN sehen anders aus!
Der Ball lag nun also wieder im Feld des nationalen Gesetzgebers, denn wenn er das Ziel einer stärkeren Verbreitung öffentlicher WLAN-Hotspots nicht verfehlen will, muss er noch einmal nachjustieren. Er muss klarstellen, dass es nach deutschem Recht keine Verschlüsselungspflicht, keinen Perso-Zwang und auch keine Unterlassungsansprüche gegen WLAN-Betreiber gibt.
Diese Nachjustierung inklusive dem entsprechend notwendigen Kompromiss sollte mit dem 3. TeleMÄndG beschlossen werden, zu dem heute (Anm. d. Red.: am 27. Juni 2017) im Wirtschaftsausschuss eine öffentliche Anhörung ansteht. Ende gut, alles gut!?
Nein, denn auf der Zielgeraden haben wohl Teile der Unions-Fraktion Bedenken. Laut Tagesschau und mdr aktuell namentlich MdB Stephan Mayer: Er ist der Innenexperte der CSU. Gegen kostenlose WLAN-Netze hat er nichts. Aber dagegen, dass der Anbieter grundsätzlich nicht mehr haftet. Sein Vorschlag: Das Hotel etwa ist dran, wenn es sein Netzwerk für jeden zugänglich macht und jemand darin Schindluder treibt. Wer das nicht wolle, solle sein Netzwerk mit einem Passwort schützen, fordert Mayer. Es sei mit dem Vorteil verbunden, dass man dann im Einzelfall nachvollziehen könne, welcher konkrete Gast welche Seiten aufgerufen habe. Das helfe auch im Kampf gegen Verbrechen, ist sich Mayer sicher und verweist auf den Bombenanschlag auf den BVB-Bus […]. Der mutmaßliche Attentäter habe ein Hotel-WLAN mit Passwort genutzt. Unter anderem über die Seiten, die er dabei aufgerufen hat, konnte er ausfindig gemacht und zur Strecke gebracht werden.
Einmal davon abgesehen, dass die dort geforderte Vorgehensweise bereits der heute üblichen Praxis in der Hotellerie entspricht und vom Hotelverband von Anfang an so empfohlen wurde, sind diese Bedenken der Union nun wirklich nicht neu. Im Gegenteil, seit Jahren wird genau darum gerungen.
Was die Hotellerie nun aber dringend braucht ist Rechtsklarheit verbunden mit Rechtssicherheit. Auch wenn der zu beschließende Gesetzentwurf nicht das Gelbe vom Ei ist, ist dieser Kompromiss ein deutlicher Fortschritt zur bisherigen Gesetzeslage. Was die Hotellerie keinesfalls braucht ist, dass das Gesetz noch aufgehalten bzw. wieder auf Jahre verzögert wird.
Die Hotellerie kann auch mit ‚Passwortschutz‘ leben, allerdings hat dies mit der Idee eines freien WLANs dann weniger zu tun. Einem Rheinländer fällt dabei unwillkürlich sofort die Universalfrage des kölschen Grundgesetzes ein: Wat soll dä Quatsch? (Hochdeutsch: Was soll der Quatsch?)
Unsere Forderung lautet daher: Wort halten und das 3. TeleMÄndG noch in dieser Legislaturperiode beschließen!“
Dieser Forderung ist nach einem aktuellen Bericht vom „Handelsblatt“ nachgekommen worden. Die große Koalition habe sich den Informationen der Redaktion zufolge auf eine „Abschaffung der Störerhaftung“ geeinigt. Hoteliers und Gastronomen können von nun an nicht mehr für die missbräuchliche Internetnutzung ihrer Gäste zur Rechenschaft gezogen werden. Die Verpflichtung, Netzwerke durch Passwörter zu sichern, entfalle ebenfalls. (Stefan Dinnendahl / Handelsblatt / FL)