Kommentar

Würden Sie gerne mehr arbeiten?

„Sorry we are closed“-Schild
Das ist das Schild, das Wien-Touristen an Sonntagen derzeit noch in allen Geschäften zu sehen bekommen. (© fotolia.com/amstockphoto)
In Wien flammt die Diskussion um die Sonntagsöffnung der Geschäfte neu auf. Die ÖHV argumentiert gleichermaßen mit dem Wunsch von Touristen wie von Einheimischen.
Freitag, 06.09.2019, 12:09 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) startet gerade einen neuen (den wievielten eigentlich?) Vorstoß, um die anachronistischen Ladenschlussgesetze in Wien, die etwa ein Offenhalten an Sonntagen verbieten, etwas zu entrümpeln. Dabei verweisen sie einerseits auf eine aktuelle Umfrage, laut der auch eine Mehrheit der Wiener Bevölkerung das Einkaufen an Sonntagen befürworten würde (und selbst im Urlaub gerne in Anspruch nimmt), andererseits aber auch geschlossene Geschäfte an Sonntagen bei Touristen regelmäßig Unverständnis auslösen würden. Dazu auch Matthias Winkler, Geschäftsführer der Sacher-Gruppe „Es ist bekannt, dass unsere internationalen Gäste bei zeitgemäßen Öffnungszeiten mehr Geld in Wien ausgeben würden. Aber die ÖHV-Umfrage bestätigt erstmals, was viele schon lange vermuten: Auch die Wienerinnen und Wiener nutzen diese Gelegenheit im Urlaub gerne.“

Natürlich folgte der Konter der Gewerkschaften („Njet!“) auf dem Fuße. So weit so „und täglich grüßt das Murmeltier“. Spannend indes die Begründung der Gewerkschafter für ihre Haltung, die einerseits eine manipulierte Fragestellung gegenüber der Wiener Bevölkerung vermuten, andererseits aber auch auf Umfragen unter den Handelsangestellten verweisen, von denen über 90 Prozent eine Sonntagsarbeit ablehnen würden.

Jetzt könnte man zum Thema Fragestellung vermuten, dass auch die Umfrage der Gewerkschaft unter ihren Mitgliedern wohl eher nach „Wollen Sie jetzt schon sieben Tage die Woche ausgebeutet werden und Ihr Privatleben völlig zerstören?“ geklungen hat, als nach „Würden Sie manchmal auch an Sonntagen arbeiten wollen, wenn Sie dafür einen entsprechenden Feiertagszuschlag erhalten und außerdem einen separaten freien Tag unter der Woche?“.

Mitbestimmung hat ihre Grenzen

Aber sei’s drum. Denn irgendwie ist schon die Herangehensweise der Gewerkschaft an die Problematik mit der Umfrage unter den eigenen Mitgliedern eher kurios. Wie würde wohl eine Umfrage nach einem verpflichtenden freien Sonntag unter Hotellerie- und Gastronomie-Mitarbeitern ausfallen? Das nächste Mal fragen vielleicht Arbeitgeber-Vertreter ihre Mitglieder, ob sie ihren Mitarbeitern nicht lieber weniger zahlen möchten. Oder die Regierung die Bevölkerung, was sie von einer Steuererhöhung hält. Also bei aller demokratischen Mitbestimmung, nicht immer kann der Wunsch der Betroffenen ausschlaggebend für eine Entscheidung sein.

Aber die ÖHV kennt vermutlich den Spruch „steter Tropfen höhlt den Stein“ und wird weiterhin das Thema „Sonntagsöffnung“ auf der Agende haben. Irgendwann wird dann die Betonfront der Verhinderer hoffentlich bröckeln und in Wien das zur Normalität werden, was in zahllosen anderen Tourismusgemeinden Österreichs längst Normalität ist, ohne dass dort die Welt untergegangen wäre.

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